Düsseldorf. Auf dem Rosenmontagszug soll ein Wagen ein Zeichen für religiöse Toleranz setzen. Damit wird eine Tradition fortgesetzt. So sieht der Wagen aus.

Ein Karnevalswagen, den Vertreter der großen Religionen gemeinsam gestalten und fahren – „Das haben wir sonst nirgendwo in Deutschland!“ betont der katholische Stadtdechant Frank Heidkamp. Neben den Düsseldorfer Katholiken sind auch der Evangelische Kirchenkreis, die Jüdische Gemeinde und der von einem muslimischen Karnevalisten gegründete Karnevalsverein Orient-Okzident-Express beteiligt. Schon 2019 und 2020 gab es einen gemeinsamen „Toleranzwagen“, gestaltet von Jacques Tilly. Auf Auftrag der Gemeinden und des Vereins hat der Wagenbauer nun erneut eine Kreation fertiggestellt, die am Rosenmontag im Zoch fahren wird. Gemeinsam haben Tilly, Stadtdechant Heidkamp, der evangelische Superintendent Heinrich Fucks, der langjährige Verwaltungsdirektor der jüdischen Gemeinde Michael Szentei-Heise und Ataman Yildirim vom Orient-Okzident-Express den Wagen vorgestellt.

Zeichen der Toleranz

Eigentlich wären sie auch gerne schon 2023 wieder auf einem „Toleranzwagen“ auf dem Rosenmontagszug gewesen, erklärt Szentei-Heise. Als im November 2022 die Anfragen an das Carnevals Comitee und Tilly gestellt wurden, war es leider schon zu spät. Für den Rosenmontag 2024 hat es nun endlich wieder geklappt. „Wir freuen uns, dass es uns dieses Jahr wieder gelungen ist, einen solchen Wagen auf die Beine zu stellen“, erklärt dazu Heidkamp. Besonders wichtig sei die Botschaft des Wagens in einer Zeit, „wo so oft Intoleranz da ist“, fügt er hinzu. Möglich wurde der Wagen in diesem Jahr besonders durch eine großzügige Stiftungsspende.

So sieht das Motiv des diesjährigen Düsseldorfer Toleranzwagens aus.
So sieht das Motiv des diesjährigen Düsseldorfer Toleranzwagens aus. © NRZ

Zu sehen sind auf dem Wagen Geistliche der verschiedenen abrahamitischen Religionen in einer Polonaise: Eine evangelische Pfarrerin, ein jüdischer Rabbi, eine katholische Nonne ein muslimischer Imam, allesamt lachend und mit Clownsnasen. Hinzugekommen sind dieses Mal ein orthodoxer und ein koptischer Priester. Ein christlich-orthodoxer und möglicherweise auch ein koptischer Gast werden unter insgesamt 26 Menschen auch persönlich auf dem Wagen mitfahren, erklärt Heidkamp. Neben dem Spruchband „Toleranz Wagen!“ findet sich auch ein Schild, auf dem das Wort Frieden in mehr als zehn verschiedenen Sprachen zu lesen ist, darunter auch hebräisch und arabisch. Unter den Friedenswünschen steht der Hashtag „#BringThemHome“. Dieser steht für die Forderung nach Freilassung der israelischen Geiseln, die die Terrororganisation Hamas bis heute gefangen hält.

Jüdische Gemeinde lässt sich nicht einschüchtern

Bedenken, ob die jüdische Gemeinde angesichts der gestiegenen Bedrohung durch antisemitische Straftaten am Zoch teilnehmen kann, seien dort nur kurz Thema gewesen, sagt Szentei-Heise: „Wir lassen uns auf gar keinen Fall von der Hamas diktieren, wie wir zu leben haben“. Die jüdische Gemeinde werde mit eigenen, ausgeklügelten Sicherheitsmaßnahmen für ihren Schutz sorgen, versichert er. Koschere Kamelle, die für den Heinrich-Heine-Wagen 2018 aus Israel importiert wurden, werde es übrigens aus logistischen Gründen in diesem Jahr nicht geben.

Der diesjährige Toleranzwagen soll nicht der letzte sein, erklären die Gemeinde- und Vereinsvertreter, auch für das kommende Jahr ist einer geplant. Möglicherweise könnte es auch noch einen Einbezug weiterer Religionsgemeinschaften geben. Dass die in Konfessionsfragen größte Gruppe in der Landeshauptstadt, die Konfessionslosen auch dabei sein werden, ist dagegen unwahrscheinlich. „Die Konfessionslosen haben sozusagen 80 andere Wagen auf dem Karnevalszug“, sagt Szentei-Heise. Der Glaube an Gott hingegen sei das vereinende Element der Beteiligten des Toleranzwagens. Skurril wirkt es da etwas, dass mit Jacques Tilly einer der bekanntesten Religionskritiker der Landeshauptstadt den Wagen entworfen hat – bereits zum dritten Mal. „Die Botschaft kann auch ich als Agnostiker nur unterstützen“, sagt dazu Tilly, und betont die Wichtigkeit einer pluralistischen Gesellschaft.

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Der Kreis der Düsseldorfer Muslime (KDDM) habe sich dagegen entschieden, mit am Wagen beteiligt zu sein, aufgrund von Bedenken wegen des Konsums von Alkohol an Karneval, so die Organisatoren des Toleranzwagens. Die muslimische Beteiligung gibt es über den Verein Orient-Okzident Express, der 2020 auf Initiative von Ataman Yildirim gegründet wurde, aber allen Konfessionen gegenüber offen ist. Es gebe unter muslimischen Menschen auch viele, die nicht auf Alkohol verzichten, erklärt Yildirim. Er selber trinke keinen Alkohol, aber möge ihn, „weil er Menschen geselliger macht“, sagt er und lacht. „Mein Glaube verbietet mir nicht den Humor“. Er habe auch viele jüdische und muslimische Freunde, die Karnevalisten sind, so Yildirim.

„Rat der Religionen“ soll in diesem Jahr gegründet werden

Er selbst halte sich an ein türkisches Sprichwort, nach dem man jeden Tag leben sollte, wie seinen letzten. „Alle, die feiern wollen, sollen feiern“, findet er. Dafür müsse man vielleicht auch über den eigenen Schatten springen. „Ich sage: Probier es doch aus!“ Viele muslimische Menschen hätten beim Karneval nicht das Gefühl, dazuzugehören, sagt Yildirim. Doch er betont: Die Toleranz des Düsseldorfer Karnevals sei einzigartig. Er wünsche sich perspektivisch auch, dass es von der Toleranz, die der „Toleranzwagen“ fordert, auch zur Akzeptanz weitergeht.

Der Wagen soll auch eine Art Startschuss für einen „Rat der Religionen“ in Düsseldorf sein, erklärt Stadtdechant Heidkamp hoffnungsvoll. Ein solcher soll aus christlichen, jüdischen und muslimischen Vertretern bestehen, und war bereits in der Vergangenheit geplant. Dieses Jahr soll es mit der Gründung endlich klappen, kündigt Heidkamp an.