Düsseldorf. Die Zahl der Beschäftigten hat in Düsseldorf ein neues Rekordniveau erreicht. Dennoch gibt es auch mehr Arbeitslose. Wie passt das zusammen?

Die schwächelnde Konjunkturlage in Deutschland ist auch in Düsseldorf spürbar. Und nach Prognosen der Düsseldorfer Agentur für Arbeit wird sich das in der nächsten Zukunft auch nicht ändern: „Der Düsseldorfer Arbeitsmarkt wird durch den anhaltenden Wirtschaftsabschwung beeinträchtigt“, teilt die Agentur mit. Aber: „Gemessen an der schwachen Konjunkturlage hält er sich noch vergleichsweise gut“. Gleichzeitig wird aber von Seiten der Arbeitsagentur davon ausgegangen, dass die Beschäftigung insgesamt leicht ansteigen werde. Wie passt das zusammen?

Anstieg ausländischer Beschäftigter steigt kontinuierlich

Das Jahr 2023 war so ähnlich, wie das Wetter dieser Tage, sagte Brigitta Kubsch-von Harten, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Düsseldorf: „Wechselhaft.“ In Düsseldorf sind 454.537 Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt: „Das ist ein historischer Höchststand.“ Düsseldorf schneidet damit sowohl im Landes- als auch im Bundesvergleich gut ab. In der Landeshauptstadt ist der Zuwachs mit 2,4 Prozent dreimal so hoch wie auf Bundesebene. „Insbesondere die Düsseldorfer mit ausländischer Staatsangehörigkeit“ haben daran enormen Anteil, zeigen aktuelle Zahlen, die die Düsseldorfer Arbeitsagentur am Montag (22. Januar) veröffentlicht hat.

Welche Branchen in Düsseldorf auf der Suche nach Fachkräften sind

Die meisten offenen Stellen in Düsseldorf finden sich gerade im Verkauf (543) und im Sicherheitswesen (508). Beide Branchen haben dabei kräftig gegenüber 2022 zugelegt. Auf Platz Drei folgen Soziale Arbeit und Erziehung: Hier sind 245 Stellen unbesetzt. Letztes Jahr waren es noch 143 Stellen mehr.

Stabil blieb der Bedarf in der Reinigung (218). Direkt danach folgen Büro und Sekretariat, wo 214 unbesetzte Stellen zu ergattern sind. Auf jeweils 187 offene Stellen kommen die Speisenzubereitung, die Gastronomie und die Altenpflege.

Auf Platz Neun folgt die Überwachung und Wartung der Verkehrsinfrastruktur (171) und auf Platz Zehn finden sich 165 offene Stellen als Arzt- oder Praxishilfen.

Die Agentur für Arbeit setzt zunehmend auf Beratungen auch von Menschen, die bereits in Beschäftigung sind. Interessierte können sich unter Duesseldorf.Beratung-im-Erwerbsleben@arbeitsagentur oder unter der 0211-6921234 näher informieren. Auch Online-Veranstaltungen sind möglich.

Demnach hätte sich die Rate von Ukrainern in sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen im vergangenen Jahr um 70 Prozent gesteigert, bei Menschen aus den „acht stärksten Asylherkunftsländern gab es einen Anstieg von fast 17 Prozent“. Bezogen auf alle ausländischen Düsseldorfer liegt die Zunahme bei insgesamt 7,1 Prozent.

Arbeitslosigkeit steigt nach Pandemie-Erholung wieder an

Die Agentur für Arbeit verzeichnete in der NRW-Landeshauptstadt auch bei den Langzeitarbeitslosen einen deutlichen Rückgang: So sind die Zahlen in 2023 um 12,8 Prozent gesunken, das Niveau von vor der Corona-Pandemie sei allerdings noch nicht wieder erreicht, geht es aus den Zahlen der Agentur hervor. Die Jugendarbeitslosigkeit stieg gegenüber 2022 allerdings um 0,2 Prozentpunkte auf 5,1 Prozent. Insgesamt liegt die Arbeitslosenquote in Düsseldorf derzeit bei sieben Prozent. Der Anstieg gegenüber 2022 liegt bei 4,4 Prozent, wobei die Zunahme bei den Bürgergeldempfängern mit einem Plus von zwei Prozent unterdurchschnittlich ausgefallen ist. Von einem Bürgergeld-Run könne also nicht gesprochen werden. Kubsch-von Harten: „Da werde ich ausnahmsweise mal politisch: Solche Behauptungen sind blanker Populismus.“

Dass die Arbeitslosigkeit in Düsseldorf insgesamt steigt, liege neben der Konjunktur aber auch am „Anforderungsniveau der ausgeschriebenen Stellen“, wie die Arbeitsagentur berichtet. „Es gibt Passungsprobleme“, beschreibt Kubsch-von Harten die Situation. Genau deswegen sei das Thema Fort- und Weiterbildungen so wichtig. Die Arbeitsagentur stellt laut eigenen Angaben 37,5 Millionen Euro für solche Maßnahmen zur Verfügung. Insgesamt hat die Teilnahme an Bildungsmaßnahmen in Düsseldorf um über 15 Prozent zugelegt. Wie wichtig das ist, zeigt ein Blick auf die Differenz zwischen dem Ausbildungsniveau der Arbeitslosen und den gemeldeten freien Stellen. Beinahe die Hälfte aller arbeitslosen Düsseldorfer hat keine Berufsausbildung. Dem stehen allerdings nur 14,4 Prozent offene Stellen, für die es keine Ausbildung braucht, gegenüber. Das sind beinahe 20 Prozent weniger als noch 2021.

Brigitte Kubsch-von Harten, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Düsseldorf und Christoph Tatura, operativer Geschäftsführer, gaben am Montag einen Einblick, wie sich der Düsseldorfer Arbeitsmarkt 2023 entwickelt hat.  
Brigitte Kubsch-von Harten, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Düsseldorf und Christoph Tatura, operativer Geschäftsführer, gaben am Montag einen Einblick, wie sich der Düsseldorfer Arbeitsmarkt 2023 entwickelt hat.   © NRZ | Johannes Below

Die meisten offenen Stellen in Düsseldorf sind für Fachkräfte ausgeschrieben: 47,8 Prozent. Besonders viele Menschen werden im Verkauf oder im Sicherheitswesen gesucht. Doch auch in der Gastronomie werden nach wie vor viele Arbeitskräfte benötigt. Christoph Tatura, operativer Geschäftsführer der Düsseldorfer Arbeitsagentur, sagt dazu: „Gerade die Gastronomie kann als Einstiegstor für viele Menschen, auch Geflüchtete, in den Arbeitsmarkt dienen.“ Brigitta Kubsch-von Harten sieht es ähnlich: „Natürlich sind die Sprachkenntnisse nach Beendigung des Integrationskurses noch nicht perfekt. Viele der Menschen verfügen aber über die Potenziale, die dringend gebraucht werden.“ Und: „Gesellschaftliche Integration geht mit Arbeit einher.“

„Die Arbeitgeber müssen den hohen Bedarf kreativ decken“

Tatura appellierte an Unternehmen, den hohen Bedarf „auch kreativ“ zu decken. „Es gibt viele Möglichkeiten, Arbeitnehmer auch ‚on the job‘ zu qualifizieren.“ Als Beispiel nannte er etwa die Möglichkeit, Sprachkurse auch im Betrieb abzuhalten. „Wenn es in größeren Betrieben mindestens drei Beschäftigte gibt, die noch Sprachunterricht brauchen, dann gibt es mittlerweile die Möglichkeit, dies auch im Betrieb selbst abzuhalten. Wir brauchen Offenheit und Engagement auf der Arbeitgeberseite.“

Mit einem möglichen Vorurteil konnte Kubsch-von Harten indes direkt aufräumen: „Die Termintreue bei ausländischen Arbeitssuchenden ist außergewöhnlich hoch.“ Die Grundlagen seien da, oftmals hapere es aber noch an den Anerkennungen ausländischer Berufs- und Bildungsabschlüsse. Doch auch hier sei es ratsam, die Arbeitswilligen nicht von vornherein auszuschließen. Stichwort ‚on the job‘. „Wir sollten vom Kettendenken abkommen“, so Kubsch-von Harten: „Also der Vorstellung, dass immer ein Schritt nach dem anderen zu erfolgen habe. Viel eher sollten wir uns das vorstellen wie ein Seil, bei dem alles ineinandergreift.“

Kein rheinischer Klüngel: Netzwerken ist Trumpf

Der Düsseldorfer Arbeitsmarkt sei auch deswegen bundesweit gut aufgestellt, weil hier funktionierende Netzwerke bestünden, meint der operative Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Düsseldorf. Das fange schon bei der Behörde selbst an. In Düsseldorf sind Jobcenter und Arbeitsagentur nicht getrennt wie in anderen Städten. Zudem funktioniere auch die Zusammenarbeit mit den Kammern, den Gewerkschaften und Bildungsträgern, ergänzt Kubsch-von Harten. Außerdem habe man, so Tatura, die sogenannten Integration-Points nicht eingestampft. Darauf könne Düsseldorf nun aufbauen.

Weil Arbeitsagentur und Jobcenter so eng miteinander verzahnt sind, komme es auch „zu Synergieeffekten. Wir kennen beide Seiten: die Arbeitnehmer und die Arbeitgeber“. Dadurch gelinge es deutlich besser, beide zusammenzubringen. Etwa bei den diversen Job-Messen, die die Agentur veranstaltet. „Vergangenen Dezember etwa hatten wir die Hotellerie- und Gastrobörse, bei der wir 200 Arbeitssuchende mit 13 Arbeitgebern zusammenbringen konnten.“

Das Besondere an dieser und vergleichbaren Börsen sind, dass die Arbeitssuchenden gezielt vorbereitet werden. „Dadurch haben wir eine Erscheinungsquote von 80 Prozent.“ Zum Vergleich: Bei offenen Job-Börsen tauche etwa Hälfte die Eingeladenen auf. Die gezielte Vorbereitung durch die Arbeitsagentur sei dabei auch Ausdruck einer veränderten Herangehensweise. Tatura sprach davon, dass Qualität vor Quantität ginge.