Palma de Mallorca. Party-Touristen stürmen das Lokal “Deutsches Eck“. Die Bierstraße wird zu einem Hotspot. „Wir sind überrannt worden“, sagt Wirt Michael Bohrmann.

Michael Bohrmann ist völlig fertig. Viel arbeiten ist er gewohnt, die Situation jetzt ist aber völlig neu für ihn. Er betreibt an der Playa de Palma auf Mallorca das Traditions-Lokal Deutsches Eck In der Bierstraße, die seit dem Wochenende wegen ausgelassener Partys bundesweit in den Schlagzeilen ist. „Was ich hier mache, hat nichts mehr mit Restaurant zu tun“, sagt der Düsseldorfer.

Er sieht sich derzeit als Wachmann, der sicherstellen muss, das in seinem Lokal alle Hygiene- und Sicherheitsregeln eingehalten werden, muss Gäste kontrollieren, gibt ein Interview vor laufenden Kameras nach dem anderen.

Playa de Palma: Bierkönig und Oberbayern sind noch dicht

Bohrmann hat seinen Laden von acht Uhr morgens bis nachts geöffnet, macht seinen Umsatz eher mit hausgemachten deutschen Gerichten. Sauf-Touristen verkehren nicht so bei ihm. „Das ist jetzt anders“, sagt er. Denn seit vor zwei Wochen Spanien seine Grenzen geöffnet hat, kommen wieder Touristen nach Mallorca. Zwar weniger als in normalen Zeiten. Wo sonst an der Playa de Palma nahe der Inselhauptstadt Zehntausende urlauben, sind es nur wenige Tausende. Darunter einige Hundert Party-Touristen. Die lassen sich das Feiern nicht vermiesen. So, als wenn es Corona nie gegeben hätte.

„Mein Problem ist, dass die großen Läden wie Bierkönig, Oberbayern und Mega Park dicht sind“, sagt Michael Bohrmann. Genau dort, ein paar Blocks weiter rund um die sogenannte Schinkenstraße, ist eigentlich Treffpunkt der Party- und Sauf-Touristen. „Das verlagert sich jetzt alles zu uns an die Bierstraße“, sagt Bohrmann, die er als „seriöser“ bezeichnet. Von den Läden her und vom Publikum.

Gesundheitsminister: Mallorca soll nicht zum zweiten Ischgl werden

Der Düsseldorfer Wirt Michael Bohrmann in seinem Büro.
Der Düsseldorfer Wirt Michael Bohrmann in seinem Büro. © NRZ | Götz Middeldorf

Doch die Szene hat sich verlagert. Denn nur wenige Läden an der Playa haben derzeit geöffnet. Die an der Bierstraße. Und die werden nun zum Hotspot. Auch zum neuen Corona-Hotspot? Gesundheitsminister Jens Spahn warnte am Montag, Mallorca dürfe nicht zum zweiten Ischgl werden. Die deutsche Mallorca-Berichterstattung wird in Mallorca zur Kenntnis genommen. Von den Gastronomen, aber auch von den Verantwortlichen.

Die Maskenpflicht gilt auf Mallorca seit Montag wieder auf der Straße. Weitere Konsequenzen sind möglich. Auch, weil es die Spanier bisher zu locker genommen haben mit den Corona-Maßnahmen. Michael Bohrmann machte sein Lokal am 20. Mai auf, zusammen mit den deutschen Restaurants Krone und 12 Apostel. „Wir waren die ersten, es ging gemütlich zu in den ersten Wochen.“

Anfang Juli fuhren die Airlines ihr Programm wieder hoch

Ab 1. Juli wurde es voller. Die Airlines fuhren ihr Programm hoch, Flieger schaufeln seitdem Touristen auf Deutschlands Lieblings-Insel Nummer eins. Nicht nur die, die Sonne, Strand und Erholung suchen. Sondern auch die, die Party, Saufen, Sex suchen. Michael Bohrmann ahnte vor zwei Wochen schon, was kommt: „Wenn der Mega Park nicht aufmacht, wird das Deutsche Eck zum Fokus.“ Er habe „darum gefleht, dass die großen aufmachen“, sagt er. „Die Besucher hätten sich dann verteilt.“

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Doch Bierkönig und Mega Park bleiben dicht. Auf Anordnung der Balearen-Regierung. „Ich habe dann die Nachbarn in der Bierstraße gebeten, auch zu öffnen.“ Et Dömsche nebenan, Viva Colonia/Las Palmeras gegenüber, und zwei, drei weitere. Sie machten tatsächlich nach und nach auf. Viva Colonia vergangenen Freitag.

"Deutsches Eck"-Wirt: "Die Leute kommen mit Bierdosen rein..."

Es war der berüchtigte Freitag, bei dem die Lage eskalierte. Deutsche Gruppen, vor allem junge Männer von Fußballvereinen, feierten ausgelassen. Ohne Maske, ohne Einhaltung von Sicherheitsabständen. Immer wieder vermischten sich die Gruppen. Die Läden und ihre Außen-Terrassen waren rappelvoll. Auch das Deutsche Eck. „Erschreckend“, sagt selbst der Düsseldorfer Wirt. Auf der Straßen drängten sich die Urlauber. Polizei war kaum zu sehen. Sie unternahm nichts.

Eine Situation, die auch Michael Bohrmann in der Heftigkeit überraschte. „Wir sind überrannt worden“, sagt er. Von einem Publikum, was er sonst nie hat – und gar nicht haben will: „Wir haben unsere Toiletten noch nie von so viel Erbrochenen reinigen müssen. Und die Leute kommen hier einfach mit mitgebrachten Bierdosen rein...“ Seine Stehtische auf der Terrasse hat er schon weggeräumt. Nur noch sitzen ist möglich in einem der größten und durchaus auch besten Restaurants an der Playa de Palma.

Das Deutsche Eck an der Playa de Palma auf Mallorca von Michael Bohrmann aus Düsseldorf zieht eigentlich keine Sauf-Touristen an – am Wochenende wurde es von der Klientel plötzlich überrannt.
Das Deutsche Eck an der Playa de Palma auf Mallorca von Michael Bohrmann aus Düsseldorf zieht eigentlich keine Sauf-Touristen an – am Wochenende wurde es von der Klientel plötzlich überrannt. © dpa | Michael Wrobel

Dass Mallorca und vor allem seine Bierstraße jetzt so in den bundesweiten Schlagzeilen sind, nervt den Düsseldorfer Wirt schon. Woanders sei es aber auch nicht anders, verweist er mit Beispiel auf die Düsseldorfer Altstadt. Dass die Vorfälle vom Wochenende nur der Anfang auf Mallorca waren, ist zu befürchten. Michael Bohrmann hat nur eine Lösung: „Es müssen dringend mehr Läden aufmachen. Dann verteilen sich die Gäste besser.“ Und er fordert, dass Behörden und Polizei für mehr Ordnung sorgen.

Gastronomen drohen Geldstrafen bis 600.000 Euro und Lizenzentzug

Seit der Besucher-Eskalation von Freitag zeigten die Behörden mehr Präsenz, waren in den Nächte zu Sonntag und Montag deutlich zu sehen, kontrollierten Betriebe und Gäste. „Bisher haben die nur verwarnt“, erzählt Michael Bohrmann. „Ab heute Abend werden die richtig durchgreifen.“ Er findet es gut. Denn es geht auch um seine Existenz und die seiner 23 Mitarbeiter, die alle wieder aus der Kurzarbeit zurück sind. Denn den Gastronomen drohen Geldstrafen bis 600.000 Euro und Lizenzentzug.

Für Michael Bohrmann wäre es eine Katastrophe, wenn sein Deutsches Eck, das Stammlokal des Fortuna-Fanclubs Mallorca, schließen müsste. „Ich will doch nur Essen verkaufen - und glückliche Urlauber in meinem Laden...“, sagt der Düsseldorfer und hofft, dass sich die Situation auf der Bierstraße schnell wieder entspannt. Auch für ihn, damit er mit seiner Frau Feli und der kleinen Tochter wieder öfter Haus, Garten und Pool außerhalb der Touri-Hochburg genießen kann.