Düsseldorf. . 1726 wurde erstmals der berühmte Mostert angerührt – in Deutschlands erster Senffabrik in Düsseldorf. Sogar van Gogh hat ihn auf einem Bild verewigt.

Wie oft sie täglich ihren Senf dazu gibt, weiß Miriam Seegers nicht genau, pro Woche seien es aber schätzungsweise 300 Kilogramm. Sie gibt ihn in Töpfe, in Gläser, in Tupperdosen, ganz egal, erzählt sie: „Nur nicht in Tüten, das ist zu viel Sauerei.“ Anders als nach dem sprichwörtlichen wird nach Seegers Senf aber zum Glück ausdrücklich verlangt. Denn zwischen den vielen Altbierkneipen bietet ihre Zapfstelle, das Gewürzhaus in der Altstadt, den einen, den „Aechten“: Düsseldorfer Mostert. Und der steht in diesem Jahr besonders im Fokus.

m Gewürzhaus von Miriam Seegers in der Mertensgasse können sich die Kunden den Mostert direkt ins mitgebrachte Gefäß zapfen lassen.
m Gewürzhaus von Miriam Seegers in der Mertensgasse können sich die Kunden den Mostert direkt ins mitgebrachte Gefäß zapfen lassen. © Christine Holthoff

„Düsseldorf – scharf wie Mostert“ lautet das Motto der aktuellen Karnevalssession, sehr zur Freude natürlich von Seegers: „Da haben wir lange drauf gewartet.“ Doch so glücklich wie sie, ist nicht jeder mit dem Spruch. Dabei stehen Düsseldorf und Mostert doch seit 290 Jahren in inniger Beziehung zueinander.

Geburt der Senfhauptstadt Düsseldorf

Erstmals angerührt wurde die berühmte und seit 2012 von der EU geschützte Paste 1726 in Deutschlands erster Senffabrik in der Rittergasse 30. Hergestellt wurde ein scharfer, malzig-würziger, cremig-glänzender, malzig-bräunlicher Senf, der schnell über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt wurde und Düsseldorfs Ruhm als Senfmetropole begründete. Sein Markenzeichen, das Monogramm „ABB“ und den Düsseldorfer Anker, erhielt der Mostert 1800 vom Firmeneigentümer Adam Bernhard Bergrath, der mittlerweile am Burgplatz produzieren ließ. Die typischen gräulichen Steingut-Töpfchen mit der blauen Schrift fanden sich aber nicht nur auf zahlreichen Esstischen wieder, sondern gingen gar in die Kunstgeschichte ein: 1884 stellte Vincent van Gogh sein „Stillleben mit Steingut, Flaschen und Schachtel“ fertig, darauf zu sehen: ein Töpfchen ABB-Senf.

So sah die Abfüllung bei Löwensenf in den 1970er-Jahren aus.
So sah die Abfüllung bei Löwensenf in den 1970er-Jahren aus. © Löwensenf

Und wie das immer so ist, wenn es läuft mit einem Produkt, blieb es in Düsseldorf nicht bei der einen Senffabrik. 1896 zählte man acht Produktionsstätten. Eine davon, die Senffabrik Ludwig Mackenstein, übernahm ABB in ebendiesem Jahr. Und es ging noch weiter: Eine neue Senfära brach am Rhein 1920 an. Dann gründete der aus Lothringen stammende Unternehmer Otto Frenzel eine Manufaktur, die erstmals hellen und sehr scharfen Senf herstellte, der in Deutschland bis dato unbekannt war. Frenzel nannte ihn Löwensenf – in Anlehnung an das Düsseldorfer Stadtwappen mit dem Kopf eines Löwen. Es war der erste deutsche Senf, der nach Dijon-Verfahren hergestellt wurde. Das Erfolgsrezept war das selbst auferlegte Reinheitsgebot: „Man nehme nur Zutaten der allerbesten Qualität, achte peinlich genau auf naturreine Zubereitung und verzichte auf alle naturfremden Zusätze.“

Löwensenf produziert 10.200 Tonnen pro Jahr

Heute ist Löwensenf der einzige Hersteller, der noch Senf in Düsseldorf produziert (etwa 10.200 Tonnen pro Jahr) – darunter auch der klassischen ABB-Mostert. Schließlich hatte man den Bergrath-Betrieb 1965 erworben. Doch ein Düsseldorfer Unternehmen ist auch Löwensenf nicht mehr. 2001 wurde die Firma von der Münchener Develey GmbH übernommen.

Dass der Mostert deshalb vom süßen bayrischen Senf verdrängt werden könnte, braucht in Düsseldorf aber wohl niemand zu fürchten. Eher andersherum sollte man sich Sorgen machen, zumindest wenn man der Gewürzhaus-Kundin Monika Fehr Glauben schenkt: „Ich nehme jedes Jahr im Sommerurlaub fünf Pötte Mostert mit nach Bayern. Unsere Freunde dort sind ganz verrückt danach.“