Voerde. Voerde will Flüchtlinge im Seniorenheim „Altes Rathaus“ unterbringen. Verfasser eines Briefes warnt vor Ärger - und geht noch weiter.

Städte und Gemeinden sind verpflichtet, geflüchtete Menschen aufzunehmen, ihnen ein Dach über dem Kopf zu bieten. Keine leichte Aufgabe. Eine Möglichkeit ist es, Container aufzustellen. Das ist in Voerde vorgesehen. Und auf der Suche nach Alternativen wurde die Wohnbau Dinslaken angefragt, ob Räume im Awo-Seniorenheim „Altes Rathaus“ zur Verfügung stehen würden. Denn die Bewohner ziehen im November 2024 in das neue Gebäude. Über die Absicht, in die leerstehenden Räume schutzsuchende Menschen ziehen zu lassen, wurden bei einer nicht öffentlichen Veranstaltung Mitarbeiter der Awo, die Bewohner und Angehörige am Freitag (1. März) informiert. Diese Veranstaltung mündete in einen mehrseitigen Brief an den Bürgermeister, der es in sich hat.

Schreiben in Voerde wegen Flüchtlingsunterkunft: Mehrere ungenaue Angaben

Das Schreiben, unterschrieben mit „Die Alten“, hat die Redaktion erhalten. Es sei in Absprache mit den Eltern seiner Partnerin, die betroffen seien, entstanden, teilt der Verfasser auf Anfrage der NRZ-Redaktion mit. Sie hätten die im Schreiben geschilderten Ängste und seien nach der Info-Veranstaltung sehr verärgert über das Vorgehen der Stadt.

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Dem Bürgermeister lag es am Dienstag nicht persönlich vor, er hat aber davon schon gehört, wie im Gespräch mit der NRZ sagte. An mehreren Stellen gibt es ungenaue Angaben: „eine hohe Anzahl von Asylsuchenden“ heißt es, dann „die große Zahl Asylsuchender“. Es wird unterstellt, dass es jemanden gibt, der „an solchen wie den vorliegenden Plänen kräftig verdienen“ würde und das Projekt werde nur umgesetzt, weil „ganz offensichtlich ökonomische Erwägungen über die Interessen der Menschen gestellt werden“.

Argumentation: Senioren wären automatisch gefährdet

Es gibt den Hinweis, dass nicht „Fremdenfeindlichkeit“ die Wurzel des Schreibens sei. Und es folgen viele „Aber“. Der Brief enthält eine neue Art der Argumentation, um gegen das Vorhaben zu wettern. Eine große Zahl Asylsuchender werde „wie auf dem Präsentierteller“ im denkmalgeschützten alten Rathaus untergebracht. Dort seien sie „möglichen tätlichen Übergriffen und Anschlägen nur allzu leicht ausgesetzt“.

Und nicht nur sie wären gefährdet. Die Bewohner der Seniorenanlagen wären, so die Argumentation, mit der jetzigen Planung automatisch ebenfalls gefährdet, Opfer möglicher Gewalttaten zu werden. „Diese Senioren und ihre Angehörigen glauben nicht, und werden auch nicht glauben, dass solche Ereignisse in Voerde nicht stattfinden können“, heißt es in dem Schreiben. Die Stadt würde die Menschen, Asylsuchende und Senioren, bei der Umsetzung der Pläne, einem sehr hohen Risiko aussetzen.

Es sei eine Schnapsidee, betagte Menschen mit einem solchen Projekt zu behelligen. Den Senioren werde ein „Zusammenleben mit diesen Menschen“ aufgebürdet. Die Menschen seien wütend darüber, dass man „ihnen ein Zusammenleben mit Asylbewerbern zumuten möchte“. Denn die Lebensrealität dieser Menschen stehe „in einer viel zu großen Diskrepanz zu jeder der betagten Senioren“ und „Konflikte innerhalb dieser menschlichen Melange wären unvermeidbar“ und nicht durch soziale Maßnahmen lösbar.

Öffentliche Informationsveranstaltung am 21. März

Für Bürgermeister Dirk Haarmann sei klar, dass einige Äußerungen richtiggestellt werden müssen. Er verwehre sich gegen die Unterstellung, die geflüchteten Menschen sollen aus Profitgier im „Alten Rathaus“ unterbracht werden. Bei der Veranstaltung am Freitag hätten sich wenige geäußert. Dabei habe er darauf hingewiesen, dass Rat und Verwaltung sowie er als Bürgermeister auch Entscheidungen treffen müsse, die nicht allen gefallen. Die Menschen genießen die Vorzüge der Demokratie und müssten auch Dinge aushalten. Haarmann betont, dass es die Aufgabe der Stadt sei, die vernünftige Unterbringen von geflüchteten Menschen zu organisieren. Die Stadt erfülle gesetzliche Vorgaben.

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Die Senioren sollen im November in das neue Gebäude umziehen. Eine Lösung, die besser und günstiger für die Stadt sei, nennt Haarmann die Unterbringung im dann leerstehenden Gebäude. Über die Pläne will die Stadt die Anwohner des Seniorenheims „Altes Rathaus“ am Donnerstag, 21. März, informieren. Für die Veranstaltung im Ratssaal des Alten Rathauses wird um eine vorherige Anmeldung per Mail an dezernent2@voerde.de gebeten. Anmeldungen sind bis zum 14. März möglich.