Voerde. Voerde rechnet mit einem deutlichen Anstieg der Flüchtlingszahlen. Dadurch werden neue Räumlichkeiten benötigt. Das sind die Pläne.
Die aktuelle Entwicklung der Flüchtlingszahlen wird die Verwaltung der Politik in der nächsten Sitzung des Sozialausschusses darlegen. Dabei geht sie zunächst vom Stand 31. Januar 2024 aus: 598 Flüchtlinge waren zu dem Zeitpunkt in Voerde zu betreuen. 233 Menschen befanden sich im laufenden Asylverfahren, 57 waren geduldet und die weiteren hatten „bereits eine Aufenthaltsgenehmigung“. Die Verteilung auf die Kommunen, die gesetzlich verpflichtet sind, die Geflüchteten aufzunehmen, erfolgt nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel. Voerde hat das Soll noch nicht erreicht. Die Quote war Ende Januar zu 91,56 Prozent erfüllt. Heißt: Die Kommune rechnete da mit einem möglichen Zuzug von 50 Geflüchteten. Hinzu kommt die Personengruppe mit Wohnsitzauflage. Hier lag Voerde mit 76,39 Prozent noch deutlicher von der Erfüllung der Quote entfernt – was der Aufnahme von weiteren 87 Flüchtlingen entsprach.
So stellte sich die Situation noch vor zwei Wochen dar. Die Verwaltung will der Politik im Sozialausschuss noch einmal aktualisierte Zahlen vorlegen. Wie schwierig es sich in dem Bereich planen lässt, zeigt ein Blick auf die Lage Mitte Februar: Von den 680 Plätzen, die in Voerde – bei einer Maximalbelegung – inklusive angemieteter Wohnungen für die Unterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung stehen, waren 571 belegt. Innerhalb von zwei Wochen also ist die Zahl der zu betreuenden Menschen um 27 gesunken. Zwischenzeitlich seien einige – darunter eine große Familie aus der Ukraine – in ihre Heimat zurückgekehrt, erläutert Stadtpressesprecherin Miriam Lütjann auf NRZ-Anfrage. Zudem seien weitere Flüchtlinge aus den städtischen Unterkünften ausgezogen.
Kommunen stecken in einem Dilemma
Voerde erwartet nach wie vor einen deutlichen Zuwachs. Mit den steigenden Zuweisungszahlen stehen die Kommunen vor der Herausforderung, weitere Unterbringungsmöglichkeiten für die Menschen bereitzustellen, ohne dabei gleichzeitig ein zu großes Überangebot zu schaffen. Bürgermeister Dirk Haarmann hatte unlängst das Dilemma, in dem die Städte und Gemeinden stecken, auf den Punkt gebracht: Die Stadt erhalte mit zwei Wochen Vorlauf von der zuständigen Bezirksregierung Arnsberg den Hinweis, wie viele Menschen nach Voerde kommen werden. Außerdem schilderte der Verwaltungschef während der Bürgerversammlung zum Bau einer Container-Flüchtlingsunterkunft im Außenbereich von Spellen die schwierige Planbarkeit. „Wir können uns langfristig nicht vorbereiten“, gleichzeitig aber könne die Stadt auch nicht „zu viel Wohnraum schaffen“. Schließlich muss sie dabei in Vorleistung gehen.
Die Stadt steht auch vor dem Problem, dass dem erwarteten „deutlichen“ Anstieg der Flüchtlingszahlen zurzeit ein knappes Angebot an Wohnraum gegenübersteht. Angesichts der Gemengelage richtet sich der Blick auch auf temporäre Lösungen: Vor bald sechs Jahren wurden auf einer Fläche an der Schwanenstraße Wohncontainer aufgebaut, die dort aber in sechs Monaten abgebaut und mit halber Anzahl an den Standort der Turnhalle „Blumenanger“ in Friedrichsfeld verlagert werden. Hintergrund: Ende August 2024 ist die maximale Dauer von sechs Jahren, bis zu der eine solche Anlage per Ausnahmegenehmigung im Außenbereich stehen darf, erreicht.
Möglicherweise werden die Module auch früher abgebaut, wie der Erklärung der Verwaltung zum Sachstand zu entnehmen ist. Sobald neue Container „aufgestellt und bezugsfertig sind, werden die Einheiten an der Schwanenstraße leergezogen, um anschließend an einen neuen Standort verlagert zu werden“. Dabei werde es abhängig von den Ausschreibungserfolgen und Lieferterminen sein, um welche Zeitspanne der Leerzug vor dem vereinbarten Termin, dem 31. August 2024, erfolgen könne. Bekanntlich soll im Außenbereich von Spellen auf einer städtischen Fläche an der Scheltheide eine neue Flüchtlingsunterkunft entstehen – in Form von Wohncontainern mit einem Platzangebot für 152 Personen.
Bei der Schaffung von weiteren Unterbringungsmöglichkeiten rücken in Voerde auch Bestandsgebäude in den Blick: So hat die Stadt etwa das alte Polizeigebäude an der Frankfurter Straße dafür bereits in der Nutzung. Ganz in der Nähe bietet sich für sie eine weitere Option. Es geht um die Raumkapazitäten in der Senioreneinrichtung „Altes Rathaus“, die nach Beschluss des Rates in Absprache mit der Awo als Betreiberin und der Wohnbau Dinslaken als Eigentümerin zur Unterbringung von Flüchtlingen von der Stadt gesichert und geplant werden sollen. Möglich ist dies, weil hinter dem Altenheim ein Neubau als Ersatz für das Bestandsgebäude errichtet wird, das mit dem Umzug dann frei wird. Die Inanspruchnahme der Senioreneinrichtung soll so lange erfolgen, bis die Awo eine Nachfolgenutzung realisieren will. Ansonsten soll nach drei Jahren über die Nutzung durch die Stadt neu entschieden werden. Zu der Planung wird es für Anwohner am 21. März, 19.30 Uhr, eine Bürgerinfo geben. Die Stadt wird darüber noch gesondert informieren.
Caritas stellt Konzept vor
Der Sozialausschuss tagt am Dienstag, 27. Februar, ab 17 Uhr im kleinen Sitzungssaal des Rathauses (Raum 137). Nach Erläuterung der aktuellen Flüchtlingssituation steht ein Bericht der Caritas auf der Tagesordnung. Der Verband hat zum 1. Oktober 2023 von der Stadt Voerde die Aufgabe übertragen bekommen, sich um die Betreuung und Integration Geflüchteter sowie um den Betrieb der Unterkünfte zu kümmern. Im Sozialausschuss wird die Caritas ihr Konzept dazu vorstellen.
Das Gleiche gilt für eine Veranstaltung am 6. März ab 19.30 Uhr in der Comenius-Gesamtschule. Hierbei geht es um die Nutzung der benachbarten Turnhalle an der Steinstraße. Das Gebäude soll übergangsweise zur „Sicherstellung von Unterbringungsmöglichkeiten“ für Flüchtlinge hergerichtet werden. Die Nutzung ist befristet – und zwar bis zur Fertigstellung der Kapazitäten am Standort Scheltheide und im „Alten Rathaus“. Danach soll die Turnhalle „wieder für den Schul- und Sportbetrieb hergerichtet“ werden. Zuletzt war das Gebäude noch als Mensa der Comenius-Gesamtschule genutzt worden.