Hünxe. Kreis-Mobilitätsmanager René Augustin stellte das Projekt im Ausschuss vor. Warum die Politik am Ende für eine mögliche Teilnahme entschied.

Eine gute Stunde lang diskutierten die Vertreter der Hünxer Politik über Sinn und Zweck eines Fahrradverleihsystems für Hünxe. Am Ende entschlossen sie sich, am Pilotprojekt des Kreises Wesel teilzunehmen.

Der Kreis möchte statt Bushaltestellen in Zukunft Mobilitätsstationen schaffen. „Da soll man von einem Verkehrsmittel auf das andere wechseln können“, stellte René Augustin, Mobilitätsmanager des Kreises Wesel, die Idee vor. Und eines dieser Verkehrsmittel könnte das Fahrrad sein. Im Kreis ohnehin beliebt, soll der Drahtesel in Zukunft über ein Verleihsystem des Kreises verfügbar sein. „Es geht um Kurzzeitausleihen“, erklärt Augustin. Das heißt: keine tageweisen Ausleihen für Touren, sondern eher kurzfristige Nutzung für die berühmte „letzte Meile“ im Nahverkehr mit 15 bis 30 Minuten Zeit-Taktung.

An Stationen gebundenes System aus einer Hand

Das System soll dabei an Stationen gebunden sein. Man kann die Räder also nur an festen Orten ausleihen und zurückgeben. Ein Wildwuchs wie mit den bei jungen Menschen beliebten E-Scootern in Großstädten soll es also mit den Leihfahrrädern nicht geben. Die Standorte der Stationen und den Umfang des Angebotes sollen die Kommunen und der Kreis gemeinsam abstimmen. Das Angebot könnte von normalen Rädern über E-Bikes bis hin zu Lastenrädern mit Elektromotor reichen.

Mobilitätsmanager René Augustin stellte die Idee des kreisweiten Fahrradverleihsystems im Ausschuss in Hünxe vor.
Mobilitätsmanager René Augustin stellte die Idee des kreisweiten Fahrradverleihsystems im Ausschuss in Hünxe vor. © FUNKE Foto Services | Markus Joosten

Dabei soll das System aus einer Hand kommen. „Die Betreiberfirma macht alles!“, erklärte René Augustin. Will heißen: Räder, passende App und Homepage kommen von einem Anbieter, der sich auch um Wartung, Reparatur und eventuelle Rückführung der Räder kümmern soll.

Die Kosten hängen dabei natürlich davon ab, was man anbieten möchte. Augustin hatte eine Beispielrechnung dabei, die von einer Station mit sieben Fahrrädern (vier normale, zwei E-Bikes, ein E-Lastenrad) ausging. Kostenpunkt: fast 8000 Euro pro Jahr für den Betrieb der Räder, die durch Landesförderung auf rund 5900 Euro reduziert werden könnten, von denen der Kreis wiederum die Hälfte tragen würde.

Fragen nach Ausgestaltung und Nutzung durch Jugendliche

Sowohl Andreas Preuß (CDU) als auch Ulrich Slusarek (Grüne) fragten nach, wie man das System konkret für Hünxe gestalten könnte. Augustin konnte dazu nur grobe Kennzahlen nennen: Man geht von einer Hauptstation pro 5000 Bürger aus und einem Rad pro 1200 Einwohner. Für Hünxe wären das also drei Hauptstationen und elf Fahrräder. Dazu könnten beliebig viele Nebenstationen kommen.

Schnell kamen aber auch Bedenken auf, wie sinnvoll ein solches System für Hünxe überhaupt sein könnte. „Ich denke, wir brauchen das in Drevenack nicht“, erklärte Dorle Kok (FDP), nachdem sie angemerkt hatte, dass Menschen, die in Hünxe mit dem Fahrrad fahren wollten, wohl am ehesten auf ihren eigenen Drahtesel zurückgreifen würden.

Kostenpunkte

Die Anschaffung der Räder für das Verleihsystem würde einmalig mit 600 (einfacher Räder), 2000 (E-Bikes) oder 5500 Euro (E-Lastenräder) zu Buche schlagen. Dazu kommen Betriebskosten von 60 Euro pro Monat für die konventionellen Räder und jeweils 200 Euro für die elektrisch angegebenen Varianten.

Die Nutzer könnten mit Kosten von zwei Euro für 15 bis 30 Minuten Radeln rechnen. Allerdings soll es auch einen Monatstarif geben, der für eine Einmalzahlung jeweils 30 Minuten kostenlose Nutzung pro Ausleihe bietet. Oder Über-Nacht-Tarife, mit denen das Rad über Nacht mit nach Hause genommen werden könnte. Zudem könnte es eine Verknüpfung mit Angeboten wie dem Deutschland-Ticket geben, in denen der Monatstarif inkludiert werden könnte.

Unklar war, inwieweit sich die Nachbarkommunen von Hünxe am Projekt beteiligen. In Dinslaken droht zum Beispiel die Haushaltssicherung, eine Teilnahme zu verhindern. Das würde das Projekt sicher auch für Hünxe weniger attraktiv machen.

„Wir sind hier Autofahrer-City“, merkte Dominique Freitag (SPD) zu der Idee an, den Fahrradverleih mit dem ÖPNV und dem Deutschland-Ticket zu verknüpfen. Zudem könnte eine Zielgruppe, die von so einem Angebot eventuell stark profitieren könnte, dieses gar nicht nutzen: die Jugendlichen. Denn ein Verleih an Minderjährige ist nicht vorgesehen. Hier müsste also ein Umweg über die Eltern genommen werden. Auch eine vonseiten der SPD nachgefragte Anbindung der bei Jugendlichen beliebten E-Scooter wäre wohl möglich, allerdings erst zu einem späteren Zeitpunkt.

Zweifel an der Nützlichkeit des Systems

„Mir ist nicht ganz klar, wer das nutzen soll“, kommentierte Markus Kempmann (EBH) das vorgestellte Projekt mit Verweis auf die Bindung des Systems an Stationen. Das würde es quasi unmöglich machen, etwa nach der Nutzung des Busverkehrs mit dem Fahrrad nach Hause zu fahren, da es ja an einer Station wieder abgegeben werden müsste. Hier betonte René Augustin, dass man zum einen beliebig viele Nebenstationen einrichten könnte, an denen man Fahrräder abgeben kann – etwa in Wohngebieten. Zudem sollten Über-Nacht-Tarife ermöglichen, das Rad über Nacht zu Hause abzustellen und dann am nächsten Morgen wieder zu nutzen.

Trotz Kritik und Bedenken entschied sich der Ausschuss mit einer großen Mehrheit dafür, das Interesse der Gemeinde an der Durchführung des Modellprojektes mit dem Kreis zu bekunden. Im Juni dieses Jahres soll dazu ein Beschluss im Kreistag gefällt werden. Frühestens Anfang 2025 könnte das Projekt dann auch in Hünxe starten.

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