Voerde. Bürgermeister schilderte bei Infoveranstaltung die dringende Notwendigkeit, neuen Wohnraum zu schaffen, und nahm dabei Spellen in die Pflicht.

Bevor es bei der sehr gut besuchten Bürgerinfoveranstaltung zum Bau einer mobilen Flüchtlingsunterkunft im Außenbereich von Spellen in die Diskussion ging, hatte Bürgermeister Dirk Haarmann die Rechts- und Faktenlage zu dem Thema ausführlich dargelegt. Die Kommunen sind gesetzlich verpflichtet, die Geflüchteten aufzunehmen und sie unterzubringen. Die Zuweisung der Menschen erfolge in einem bundes- und landesweit geregelten Verfahren, die Verteilung nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel. Aktuell (Stand: 5. Januar) sind insgesamt noch rund 160 Menschen in Voerde aufnehmen – darunter 83 mit Wohnsitzauflage. Der Wohnraum sei knapp und werde damit zur „zentralen Herausforderung“. Es werde ein deutlicher Zuwachs erwartet.

Die Stadt erhalte mit zwei Wochen Vorlauf von der zuständigen Bezirksregierung Arnsberg den Hinweis, wie viele Menschen nach Voerde kommen werden, schilderte Haarmann die schwierige Planbarkeit. „Wir können uns langfristig nicht vorbereiten“, gleichzeitig aber könne die Stadt auch nicht „zu viel Wohnraum schaffen“. Schließlich muss die Kommune dabei in Vorleistung gehen. Haarmann wird nicht müde, hier Bund und Land in die Pflicht zu nehmen und die vollständige Übernahme dieser Vorhaltekosten zu fordern.

Einige Einrichtungen müssen saniert werden

Angesichts der Entwicklung der Flüchtlingszahlen und der Notwendigkeit, einige bestehende Einrichtungen sanieren oder abbauen zu müssen – Letzteres trifft nach sechs Jahren des Bestehens im Spätsommer auf die Wohncontainer an Schwanenstraße zu – legte er die Dringlichkeit dar, neue Unterbringungsmöglichkeiten in Voerde zu schaffen. Die Errichtung der Unterkunft im Bereich der Scheltheide in Spellen ist nur eine von mehreren Maßnahmen, die auch in anderen Stadtteilen vorgesehen sind. Auch wies der Verwaltungschef auf eine zum Teil „extreme“ Überbelegung städtischer Unterkünfte hin.

Man wolle mit allen Mitteln versuchen, keine weiteren Turnhallen zu belegen, um den Schul- und Vereinssport nicht zu behindern. Bisher ist eine Turnhalle für die Unterbringung von Flüchtlingen in der Nutzung. Die Rede ist von dem kleinen Gebäude am Blumenanger in Friedrichsfeld in direkter Nachbarschaft zum Sitz des Caritasverbandes, in dessen Hände die Stadt die Betreuung und Integration der Menschen kürzlich gelegt hat. Darüber hinaus soll die Turnhalle an der Steinstraße in Voerde-Mitte, die lange Zeit als Mensa der Gesamtschule Voerde in Diensten stand, übergangsweise Plätze vorhalten.

Haarmann: Aufnahme ist auch eine „menschliche Verpflichtung“

Die Aufnahme von Flüchtlingen sei auch „eine menschliche Verpflichtung“, der die Stadt nachkomme. Zurzeit gelinge es kaum noch, sie in Mietwohnungen unterzubringen. Die Stadt sei weiter daran interessiert, private Mietwohnungen angeboten zu bekommen. Zu den Familienverhältnissen erklärte Haarmann, dass aktuell 42 Prozent Einzelpersonen seien – die meisten davon Männer. Dies seien aber nicht zwingend alles alleinstehende junge Männer. „Das sind auch Familienväter. Ich bitte um den Respekt, das nicht zu pauschalisieren“, sagte Haarmann. Des Weiteren handele es sich bei den angekommenen Flüchtlingen in Voerde momentan zu 37 Prozent um Familien, zu 14 Prozent um Alleinerziehende und zu sechs Prozent um Paare. Die meisten kommen zurzeit aus Syrien (31 Prozent) – gefolgt von der Ukraine (14 Prozent), Afghanistan (elf Prozent) und Irak (9 Prozent).

Zu der während der Diskussion aufgebrachten Frage nach Alternativstandorten erklärte Haarmann, die Stadt habe sich jede theoretisch denkbare Fläche angeschaut. Dabei machte er auch deutlich, dass die Stadt den Auftrag der Politik habe, eine Verteilung über das gesamte Stadtgebiet vorzunehmen: „In Spellen ist bisher keine Unterkunft. Wie soll die Stadt das vermitteln? Das kann ich so nicht vertreten.“