Voerde. Die Unterbringung von Flüchtlingen ist auch in Voerde ein drängendes Thema. Wie und in welchen Ortsteilen die Stadt neuen Wohnraum schaffen will.

Die Versorgung von Flüchtlingen mit Wohnraum ist ein Thema, das auch die Stadt Voerde seit langem beschäftigt – und angesichts der steigenden Zuweisungszahlen dringend zu neuen Überlegungen veranlasst, die auch andere Standorte in den Fokus rückt. Es ist eine Herausforderung, vor der nicht nur Voerde steht. Zur Erinnerung: Vor wenigen Wochen erst hatte die Gemeinde Hünxe erklärt, an der Grenze ihrer Aufnahmekapazität angekommen zu sein.

Mit Stand Ende Oktober werden in Voerde 538 Menschen betreut, die in Deutschland Zuflucht suchen. In den vergangenen zwei Monaten seien der Stadt 93 Personen zugewiesen worden. Die Erfüllungsquote liegt nach Angaben der Verwaltung bei 96,02 Prozent, was bedeutet, dass aktuell noch 22 Flüchtlinge aufzunehmen sind. Im Fall der Personengruppe mit Wohnsitzauflage erfüllt Voerde die Quote nach eigenen Angaben derzeit zu 76,24 Prozent. Dies bedeute einen weiteren möglichen Zuzug von noch 84 Flüchtlingen.

Nicht angestrebt werden sollte nach Auffassung der Verwaltung, die vorhandenen Unterkünfte im Stadtgebiet maximal zu belegen. Theoretisch stünden dort 688 Plätze zur Verfügung, wobei die Turnhalle Blumenanger in Friedrichsfeld und die alte Polizeiwache in Voerde darin bereits enthalten sind. Aktuell seien davon 538 Plätze belegt, wie die Verwaltung in einer Vorlage für die Politik deutlich macht, die darüber als erstes in der Sitzung des Sozialausschusses berät. Besonders zu berücksichtigen sei dabei, dass die „Unterbringungsmöglichkeiten für alleinstehende Männer erschöpft sind“.

Enge Wohnsituation in Voerde

Wie eng die Wohnsituation auch in Voerde ist, macht diese Aussage deutlich: „Die seinerzeit angedachte Belegungsquote von zwei Personen je Raum musste kapazitätsbedingt bereits auf vier Personen je Raum erhöht werden. Aktuell stehen auf diese Weise noch 14 Plätze zur Verfügung, die in Kürze jedoch alle belegt werden, so dass die Ressourcen hier aufgebraucht sind.“ Die vorhandenen Kapazitäten, Geflüchtete in Voerde mit Wohnraum zu versorgen, reichten bei weitem nicht aus.

Die Stadtverwaltung verweist auf die Entwicklung in NRW: Im ersten Halbjahr 2023 seien dort 31.271 Erstanträge auf Asyl gestellt worden – 2022 waren es insgesamt 42.859. Darüber hinaus kämen weiterhin aus der Ukraine geflüchtete Menschen an. Für das Gesamtjahr 2023 rechne das Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes NRW mit 60.000 Personen, die den Kommunen zugewiesen werden – „ohne Ukraine-Flüchtlinge“.

Die aktuelle Ausgangslage in Voerde: Nach Möglichkeit sollen keine weiteren Turnhallen belegt werden, um Übungseinheiten für den Schul- und Vereinssport sicherzustellen. Ziel ist es zudem, die Unterbringungsmöglichkeiten im Stadtgebiet gleichmäßig zu verteilen und die „aktuelle Maximalbelegung wieder auf ein sozialverträgliches Maß zurückzuführen“. Auch spricht die Verwaltung von der Notwendigkeit, in einigen Sammelunterkünften Sanierungs- und Renovierungsarbeiten vorzunehmen. Unter dem Strich seien im Ergebnis schon jetzt etwa 150 Plätze – ohne die Deckung des zukünftigen Bedarfs – bereitzustellen.

Wohncontainer an der Schwanenstraße sollen verlagert werden

Mit hinein spielt in die neuen Überlegungen, dass die vor einigen Jahren an der Schwanenstraße errichtete mobile Unterkunft dort zeitlich befristet genutzt werden sollte. Es erfolgte eine Verlängerung. Nun steht konkret die Auflösung des Standortes im Raum. Die Wohncontainer sollen im Kalenderjahr 2024 auf das Gelände an der Turnhalle Blumenanger in Friedrichsfeld verlagert werden. Vorher aber muss ein neu in Spellen geplanter Standort fertiggestellt sein: Auf einer Fläche an der Scheltheide sollen Container mit 152 Plätzen aufgestellt werden.

Sobald diese Unterkunft verfügbar ist, sollen die Bestandsgebäude an der Rahmstraße in Möllen, an der Alten Bühlstraße 9 und 11 in Emmelsum und „Nordturm“ in Friedrichsfeld renoviert beziehungsweise saniert werden. Bis zur Fertigstellung der Unterkunft „Scheltheide“ plant die Verwaltung, in der Übergangszeit auch Plätze in der Turnhalle an der Steinstraße in Voerde-Mitte vorzuhalten. Das Gebäude war bis vor kurzem noch als Mensa der Comenius-Gesamtschule genutzt worden und verfüge somit über einen vorhandenen Bodenbelag und eine Ausgabetheke.

Die Flüchtlinge aus der Ukraine, die derzeit in der Turnhalle Blumenanger untergebracht sind, sollen in Bestandswohnungen ziehen, und das Gebäude soll für „sonstige Ankömmlinge“ genutzt werden. Die Stadt nimmt zudem eine weitere Immobilie in Voerde-Mitte in den Blick: Sie möchte sich Kapazitäten in der Senioreneinrichtung „Altes Rathaus“ ab der zweiten Jahreshälfte 2024 – in Absprache mit der Awo als Betreiberin und der Wohnbau Dinslaken als Eigentümerin – sichern. Bekanntlich entsteht hinter dem Altenheim ein Neubau als Ersatz für das Bestandsgebäude.

>>Info: Zahlen und politische Beratung

Kurz- bis mittelfristig werden nach Angaben der Voerder Verwaltung durch die von ihr vorgeschlagenen Maßnahmen im Ergebnis bis zu 270 Plätze zur Unterbringung von Flüchtlingen neu geschaffen. Vor einer Umsetzung, so heißt es, soll „eine umfassende Kommunikation“ mit den Anliegern erfolgen.

Zunächst aber muss die Politik die Weichen dafür schaffen und die Maßnahmen beschließen. Als erstes berät darüber am Dienstag, 14. November, der Sozialausschuss. Die Sitzung beginnt um 17 Uhr im kleinen Sitzungssaal des Rathauses (Raum 137).

Das letzte Wort hat der Stadtrat, der am Dienstag, 5. Dezember, tagt.