Voerde. Ab November 2024 wird der Zugverkehr zwischen Friedrichsfeld und Wesel wegen des Betuwe-Ausbaus stark ausgebremst. Was Betroffene noch umtreibt.

Eine harte Geduldsprobe nach der nächsten steht ab November 2024 insbesondere für die Bahnpendler an, die auf der Betuwe-Strecke Emmerich-Oberhausen den Abschnitt zwischen Voerde-Friedrichsfeld und dem Bahnhof Wesel passieren müssen. Ein Blick auf den Sperrpausen-Kalender bis 17. Mai 2026 zeigt: Über einen Zeitraum von 18,5 Monaten wird die Zugstrecke dort in Folge des dreigleisigen Ausbaus mit diversen Eisenbahnbrückenbauten entweder nur eingleisig oder gar nicht befahrbar sein – in keiner dieser 80 Wochen rollt rollt der Bahnverkehr auf dem besagten Teilstück regulär. Die Komplettsperrungen dagegen, die insgesamt 20 Wochen sowie noch mehrere Wochenenden umfassen, betreffen nicht nur den Abschnitt zwischen Friedrichsfeld und Wesel, sondern die gesamte Strecke. Schienenersatzverkehr (SEV) soll, wie berichtet, in den anderthalb Jahren auch während der nur eingleisigen Befahrbarkeit der Strecke auf dem Teilstück unterwegs sein. „Nicht jeder Zug endet am Ersatzhaltepunkt in Friedrichsfeld. Dies wird voraussichtlich eine Linie betreffen“, hieß es am Dienstagabend bei dem digitalen Bürgerdialog für den Betuwe-Bauabschnitt zwischen Friedrichsfeld und Bahnhof Wesel, zu dem die Deutsche Bahn eingeladen hatte. Etwa 140 Interessierte hatten sich zugeschaltet.

Haltepunkt in Friedrichsfeld wird ab November 2024 nicht mehr angefahren

Weil die Eisenbahnbrücke über den Wesel-Datteln-Kanal neu gebaut und für den Schiffsverkehr angehoben werden muss, kann der Haltepunkt in Friedrichsfeld ab November 2024 nicht mehr angefahren werden. Es wird ein Behelfsbahnhof im Gewerbegebiet „Am Industriepark“ errichtet. Von dort startet dann der Schienenersatzverkehr in Richtung Wesel. Der SEV auf der Strecke ist schon heute für Fahrgäste ein Ärgernis, wie bei der Bürgerinfo deutlich wurde. „2,45 Stunden von Duisburg nach Wesel“, war da eine Erfahrung, die am Dienstagabend kundgetan wurde. Der SEV sei am Niederrhein „eine absolute Katastrophe“. Die Taktung müsse erhöht werden. Ein Bus „ersetzt keinen Zug“. Die Bahn als Verursacherin solle hier dringend Einfluss nehmen. Die aber merkte an, dass es nicht in ihrer Verantwortung liege, den SEV zur Verfügung zu stellen. Dies sei Aufgabe der Eisenbahnverkehrsunternehmen. Man werde die Kritik weitergeben.

Ein für die Menschen in Friedrichsfeld zentrales Thema ist der Neubau der beiden Eisenbahnüberführungen (EÜ) über die Spellener Straße und die Poststraße. Innerorts sind dies die beiden einzigen Routen für alle Verkehre, über die der östlich und der westlich der Bahnlinie gelegene Bereich des Stadtteils miteinander verbunden sind. Klar ist, dass die Unterführungen während der Abbrucharbeiten aus Sicherheitsgründen komplett gesperrt werden müssen. Nach Aussage der Bahn wird es Zeiten geben, in denen beide zur gleichen Zeit dicht sind. Man wolle die Sperrungen so gering wie möglich halten und stehe dazu in enger Abstimmung mit der Stadt.

Kilometerweite Umwege aufgrund gesperrter Unterführungen

Die Kraftfahrzeuge müssen umgeleitet werden. Das Konzept dazu liege final noch nicht vor, so dass der genaue Streckenverlauf aktuell nicht mitgeteilt werden könne, erklärt eine Bahnsprecherin auf NRZ-Nachfrage. Wahrscheinlich dürfte eine Umleitung über die B8/Emmelsumer Straße (auf Weseler Gebiet)/Frankfurter Straße und dann zurück über den Wesel-Datteln-Kanal sein. Der kilometerweite Umweg kommt für Fußgänger und Radfahrer – täglich betroffen sind insbesondere Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Voerde – als alternative Route selbstredend nicht in Frage. Die Bahn will an der Eisenbahnüberführung Spellener Straße einen Fußgängertunnel bauen, damit Fußgänger und Radfahrer während der Ausbauarbeiten „sicher queren können“.

Während der Baumaßnahme könne es sein, dass der Tunnel zeitweise nicht genutzt werden kann. Die Bahn werde sich bemühen, „diese Zeiträume auf ein Minimum zu beschränken und etwaige Sperrungen rechtzeitig anzukündigen“, erklärt die Sprecherin weiter. Für die Eisenbahnüberführung an der Poststraße sei dagegen die Errichtung eines Fußgängertunnels nicht vorgesehen. Ob es so sein wird, dass Fußgänger/Radfahrer während der kompletten Bauzeit entweder an der EÜ Spellener Straße oder an der EÜ Poststraße den jeweils anderen Teil von Friedrichsfeld erreichen können, dazu konnte die Bahnsprecherin am Mittwochnachmittag auf weitere Nachfrage nichts sagen.

Die Ersatzhaltestelle für den Haltepunkt Friedrichsfeld entsteht im Gewerbegebiet „Am Industriepark“ auf der Freifläche ,zwischen’ den Firmen Setcon, LSC Light Sound Communication e.K. und dungsEDV-Systeme. Das Gelände, das die Stadt zu diesem Zweck per Verpachtung zur Verfügung stellt, grenzt an einen Baumbereich an, neben dem die Bahnstrecke verläuft. Der Ein- und Ausstieg an dem provisorischen Bahnhof erfolgt zunächst über den Außen- und nach der Erweiterung um das dritte Gleis über den Mittelbahnsteig. Dieser wird dann über eine Anlage erreichbar sein, die sowohl mit Treppen als auch mit Aufzügen ausgestattet sein wird. Darüber hinaus ist wie am bestehenden Bahnhof eine Park-&-Ride-Anlage vorgesehen – mit denselben Anteilen an Parkplätzen, wie es beim digitalen Bürgerdialog hieß.

>>Info: Kontakt, Informationen, Zahlen

Zweimal im Jahr bietet die Deutsche Bahn eine Bürgerinfo zu den bereits begonnenen Betuwe-Bauabschnitten an. Die nächste Veranstaltung zu den Arbeiten zwischen Voerde-Friedrichsfeld und Wesel steht im Frühjahr 2024 an, die zweite folgt dann im Herbst kommenden Jahres.

Fragen rund um das Betuwe-Ausbauprojekt können per Mail an kontakt@emmerich-oberhausen.de gestellt werden. Informationen gibt es auf der Webseite www.emmerich-oberhausen.de.

Im Bauabschnitt 3 zwischen Voerde-Friedrichsfeld und Wesel werden auf etwa elf Kilometern das neue dritte Gleis gebaut und auf zirka 17 Kilometern Schallschutzwände eingerichtet. Der Haltepunkt Friedrichsfeld und der Haltepunkt Wesel-Feldmark werden barrierefrei umgebaut und 16 Brücken (teil-)erneuert.