Voerde. Die Verwaltung legt der Politik den Etatplan fast drei Monate früher als sonst vor. Warum sich das auch für die Bürger positiv auswirken soll.
Die letzte Ratssitzung eines Jahres Anfang Dezember war in der Vergangenheit in Voerde lange Zeit in der Regel der Termin, an dem der Kämmerer den Haushaltsentwurf für das Folgejahr einbrachte. Anfang Dezember 2022 entfiel dieses Prozedere, weil Voerde erstmals mit einem Doppeletat unterwegs war. Daran hält die Stadt auch weiterhin fest. Allerdings legt der Kämmerer den Haushaltsentwurf für 2024 und 2025 schon jetzt, also zehn Wochen früher als bis dato üblich vor. Mithin kann die Politik über den Etatplan, der letztlich für jeden Voerder und jede Voerderin von essenzieller Bedeutung ist, noch im laufenden Jahr beraten und diesen Anfang Dezember bereits verabschieden.
Die bisherige Vorgehensweise birgt Stadtpressesprecherin Miriam Lütjann zufolge große Nachteile für eine Kommune: Den Haushaltsplan im Dezember einzubringen und dann im März/April des Folgejahres zu beschließen, führe dazu, dass einschließlich der dann noch folgenden Einspruchsfrist bis zum Inkrafttreten der Haushaltssatzung „eine übermäßig lange Zeit der ,vorläufigen Haushaltsführung’“ im laufenden Haushaltsjahr hinzunehmen sei. Währenddessen könne die Stadt nur sehr eingeschränkt handeln – beispielsweise könnten keine neuen Projekte gestartet werden. Dies habe sich in den vergangenen Jahren als „zunehmend hinderlich“ erwiesen, führt Lütjann weiter aus.
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Heißt im Gegenzug: Durch das frühere Einbringen des Haushaltsentwurfs ergäben sich Vorteile vor allem im Hinblick auf die Handlungsfähigkeit der Stadt unmittelbar nach dem Jahreswechsel, da die Notwendigkeit der „vorläufigen Haushaltsführung“ entfalle. Am Ende schließlich stehen die Mittel eher zur Verfügung. Über sie kann die Stadt praktisch mit Jahresbeginn verfügen – etwa, um Aufträge für Baumaßnahmen zu vergeben, wie Lütjann erläutert. Insbesondere bei der Projektbearbeitung bzw. Projektsteuerung könne dadurch valide agiert und der gesamte Planungsprozess stringent gestaltet werden.
Wird der Haushalt dagegen – wie in der Vergangenheit – erst im März oder April vom Stadtrat beschlossen, dürfen bis dahin keine neu in den Haushaltsplan aufgenommenen Mittel für neue Maßnahmen verwendet werden. Dies schreibt die „vorläufige Haushaltsführung“ so vor. Das bedeutet: In diesem Zeitraum dürfen nur dringende, pflichtige Aufgaben erfolgen und bereits begonnene Projekte in einem begrenzten Umfang fortgesetzt werden. „Für neu aufzunehmende Projekte bedeutet dies gegebenenfalls eine deutliche Verzögerung, da noch nicht einmal Vergabeverfahren gestartet werden können“, nennt Lütjann einige, das städtische Handeln hemmende Nachteile.
Von dem neuen Vorgehen soll nicht zuletzt die Bevölkerung profitieren: „Insbesondere vor dem Hintergrund des bestehenden Investitionsstaus und vieler dringend anzugehender Maßnahmen, vor allem im Schulbereich sowie im Kanal- und Straßenbau, ist sicherlich nachvollziehbar, wie sinnvoll und wichtig es ist, den Zugriff auf die Haushaltsmittel frühzeitig zu ermöglichen, um auch – für die Bürger erkennbar – Maßnahmen schneller umzusetzen“, macht die Stadtpressesprecherin deutlich.
Städtischer Haushaltsplan ist für Bürgerschaft von wesentlicher Bedeutung
Überhaupt ist der städtische Haushaltsplan, der mit seinen mehreren hundert Seiten einen Aktenordner prall füllt, für die Bevölkerung von wesentlicher Bedeutung – auch wenn das Thema angesichts seiner Komplexität eher abstrakt und sperrig daher kommen könnte. Letztendlich illustriere das Zahlenwerk das Ergebnis politischer Willensbildung und Debatte. Der Haushaltsplan zeige im Ergebnis detailliert auf, wie die Mittel in der Kommune, die letztlich die Bürgerinnen und Bürger in Form von Steuern und Abgaben aufbringen, verwendet werden – beziehungsweise verwendet werden müssen. Denn: In vielen Bereichen sei das kommunale Handeln von Pflichtaufgaben geprägt, die für die politische Steuerung nur wenig Raum ließen. „Das sollte grundsätzlich jeden interessieren“, konstatiert die Stadtpressesprecherin.
Und: Ist die Finanzlage der Stadt klamm, kann dies dazu führen, dass am Ende darüber diskutiert wird, ob an der Steuer- und Gebührenschraube gedreht wird. Es bleibe das Bestreben der Stadt, Belastungen nicht unmittelbar an die Bürgerschaft weiterzugeben, erklärt Stadtpressesprecherin Miriam Lütjann. Die Rede ist von der Grundsteuer B. Eine Anhebung der Abgabe trifft alle Haus- und Wohnungseigentümer – und letztlich alle, da Vermieter die Erhöhung an die Mieter weitergeben können. Für 2024 und 2025 ist dies in Voerde nach Angaben von Bürgermeister Dirk Haarmann nicht vorgesehen. Auf einem anderen Feld deutet die Verwaltung eine mögliche Mehrbelastung schon zumindest an: Bei „anhaltend hohen Kosten“ werde es gegebenenfalls nicht zu vermeiden sein, „dass sich mittelfristig Effekte in den Müll-, Abwasser- und sonstigen kommunalen Gebühren ergeben könnten, da die Stadt gesetzlich zur kostendeckenden Weitergabe der entstehenden Kosten verpflichtet ist, die dann in die Gebührensätze einkalkuliert werden müssen“, sagt Lütjann.
Fazit der Stadt Voerde zum ersten Doppelhaushalt 2022/2023
„Insgesamt sehr positiv“ fällt bislang das Fazit der Verwaltung zum ersten Doppelhaushalt fällt. Die erhofften Vorteile – Entlastung der Fachbereiche durch Wegfall eines Planungszyklus’, keine vorläufige Haushaltsführung im zweiten Jahr des Doppelhaushaltes – seien eingetreten. Die im Vorfeld skizzierten Befürchtungen, dass über den langen Planungshorizont „auftretende ,Überraschungen’“ die Haushaltsausführung behindern und gegebenenfalls aufwendige Nacharbeiten erfordern könnten, hätten sich, „trotz der sicherlich extremen Rahmenbedingungen“, nicht bewahrheitet, resümiert Stadtpressesprecherin Miriam Lütjann. Die vorhandenen Reaktionsmöglichkeiten im Rahmen des Haushaltsrechts zum Umgang mit Unwägbarkeiten hätten sich als absolut ausreichend erwiesen.
Dem Stadtrat wird der Entwurf zum Doppelhaushalt am Dienstag, 26. September, vorgelegt. Die Sitzung beginnt um 17 Uhr in der Aula des Gymnasiums.