Voerde. Für gewöhnlich ist das Gebäude hinter dichtem Grün verborgen. Zum Tag des offenen Denkmals gab es Einlass. Das konnten die Besucher erleben.
Es ist ein selten genutzter Weg, der einige Besucher zum Tag des offenen Denkmals zur Wasserburg Haus Wohnung führte. Das Gebäude im Voerder Ortsteil Möllen ist nur selten für die Öffentlichkeit zugänglich. Zum besonderen Anlass war das Interesse entsprechend groß. Den Weg, den einige Besucher aus Richtung Wohnungswald kommend nahmen, führte unter der Bahnlinie im Ort hindurch auf das Gelände der Wasserburg.
Dort schält sich das Gebäude mit seinem markanten Zwiebelturm postkartentauglich aus dem Umgebungsgrün. Und die Besucher sind erstaunt, was sich hier – sonst verborgen – offenbart: „Ich bin ganz begeistert. Man weiß gar nicht, was sich hier verbirgt, wenn man sonst nur auf der Straße vorbeifährt“, kommentiert eine Besucherin im Eingangsbereich des Herrenhauses den Anblick, der sich ihr bietet.
Viele nutzten die Gelegenheit für einen Besuch
Der Platz vor dem Gebäude ist gut gefüllt. Zahlreiche Gäste wollen die seltene Gelegenheit nutzen, das Gelände des Herrenhauses zu betreten. Lange Zeit war das Gebäude im Besitz der Steag und nur selten zugänglich. Jetzt hat die Niederrheinische Akademie für medizinische Fort- und Weiterbildung hier einen Standort gefunden.
„Wo Haus Wohnung liegt, weiß eigentlich jeder, aber man kommt nur selten herein“, weiß Marc Rockhoff, Geschäftsführer der Niederrheinischen Akademie. Das Unternehmen hat das Gebäude gemietet, führt hier Seminare im Bereich der Palliativmedizin durch. „Uns war es wichtig, das Haus auch für die Öffentlichkeit zugänglich zu erhalten und mit den Möllener Vereinen zusammenzuarbeiten“, erklärt er. Auch zur Schaffung einer Gemeinschaft für den Stadtteil.
So waren dann auch die Vereine aus dem Ortsteil aktiv mit an der Gestaltung zum Tag des offenen Denkmals beteiligt: Der BSV Möllen verkaufte selbst gebackenen Kuchen und Waffeln, Feuerwehr Möllen und Tambourkorps Möllen versorgten die Besucher auf der Anlage mit Leckereien vom Grill und kühlen Getränken. Die waren – angesichts sommerlicher Temperaturen – auch dringend nötig.
Einblicke in die Geschichte von Haus Wohnung
Im Inneren von Haus Wohnung bot Dr. Thomas Becker Führungen an. Dafür meldeten sich so zahlreiche Interessenten, dass er spontan eine zusätzliche Begehung des Gebäudes anbot. „Wir hatten mit so viel Andrang nicht gerechnet“, erklärt er. Der Geschäftsführer der Steag Kraftwerks-Grundstücksgesellschaft war lange der „Hausherr“ der Wasserburg, wie er sich selbst den Besuchern vorstellt. Denn das Gebäude gehört der Steag, die es nun vermietet. Als Mitglied und früherer Vorsitzender der Vereins für Heimatpflege Land Dinslaken hat er aber natürlich auch ein historisches Interesse am Gebäude.
Und Haus Wohnung hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Erstmalig erwähnt, so führt Dr. Thomas Becker aus, wurde das Gebäude in einem Schriftstück im Jahr 1327. Damals war die Burg Rittersitz von Arnd van der Wonyngen. „Wir bekommen oft die Frage gestellt, wo der Name Haus Wohnung herkommt“, erklärt Becker. Der leitet sich aus dem Namen des ersten Burgherren ab. Im 14. Jahrhundert war das Gebäude aber wohl nur ein Wohnturm, der rund 150 Jahre nach der ersten Erwähnung erweitert wurde. Erst um das Jahr 1690 verlieh die Familie van Doornick dem Gebäude ihre heutige Form.
Kriegsschäden, Reitschule und ein geplanter Golfplatz
Ein Bild der Familie hängt noch im Haus. „Das hat eine Kunststudentin aus Düsseldorf zwei Monate vom Original abgemalt“, erklärt Dr. Thomas Becker. Das Original hängt bei den Erben der einstigen Besitzer des Anwesens. Im Zweiten Weltkrieg traf ein Artilleriegeschoss die Wasserburg. Ein Teil des Gebäudes samt Turm stürzte ein. „Das Haus war früher so groß, dass das Wasser an allen Seiten direkt an die Burg reichte“, erklärt Becker.
Schließlich beherbergte das Gelände eine Reitschule, weswegen sich vor der Wasserburg auch heute noch eine Pferdehalle befindet. Als der Reitlehrer sich in den Ruhestand zurückzog, wurde das Gebäude noch einmal komplett saniert. „Es gab sogar mal den Plan, hier einen Golfplatz einzurichten. Unter anderem mit Abschlägen auf dem Rheindeich“, erzählt Dr. Thomas Becker. In diesem Zusammenhang entdeckte man auch das alte Familienporträt der van Doornicks wieder. Darauf zu sehen: Ein Spross der Familie, der scheinbar einen Golfschläger hält – und das um das Jahr 1700.
Nach der Einführung in die Geschichte haben die Besucher die Gelegenheit, das ganze Gebäude in Augenschein zu nehmen. Das besondere: Der Blick aus den Fenstern in den oberen Etagen, der einen Ausblick in alle Richtungen ermöglicht. „Erstaunlich, was man hier alles sieht“, sagt eine Besucherin. Haus Wohnung verzaubert die Gäste – vom Ausblick im Turm bis zu den, auch an warmen Sommertagen, kühlen Gewölben des Kellers der Wasserburg.
>>>Hospizpläne für das Gelände
Ursprünglich wollte die Niederrheinische Akademie ein Hospiz in den Räumlichkeiten des Gebäudes einrichten. Aufgrund des Alters der Wasserburg kaum möglich.
Stattdessen wird jetzt der Neubau eines Hospizes auf einem Teil des Geländes der Wasserburg geplant.
Am 18. Oktober um 17 Uhr gibt es in den Räumlichkeiten von Haus Wohnung eine Bürgeranhörung zum Hospizprojekt. Der Investor hofft darauf, dass im kommenden Jahr der erste Spatenstich erfolgen kann.