Voerde/Dinslaken. Stadtrat steht dem Vorhaben positiv gegenüber. Der geplante Neubau mit 14 Plätzen soll architektonisch in die Umgebung eingebettet werden.

Der Investor ist seinem Plan, auf dem Anwesen von Haus Wohnung in Möllen ein Hospiz zu errichten, seit Anfang dieser Woche ein Stück näher gekommen: Der Rat hat einstimmig dafür votiert, dass die Stadt die planerischen Weichen dafür stellen soll. Denn: Um das Projekt umsetzen zu können, müssen der Bebauungs- und der Flächennutzungsplan geändert werden. Dafür hat die Voerder Politik mit dem Aufstellungsbeschluss nunmehr den Weg geebnet. Realisiert wird das Vorhaben von der in Dinslaken ansässigen FullQare Holding GmbH, zu der die „Spezialisierte ambulante Palliativversorgung“ (SAPV) Niederrhein und die SAPV Rhein-Ruhr gehören. Tätig ist sie in den rechtsrheinischen Kommunen des Kreises Wesel und in Duisburg.

Bedarf ist sehr groß

Mit dem Bau eines Hospizes möchte die FullQare Holding GmbH ihr Versorgungsangebot für die Patienten komplettieren, wie Mitgeschäftsführer Marc Rockhoff sagt. Patienten mit einer unheilbaren, zum Tode führenden Erkrankung werden bis zum Lebensende „ganzheitlich“ betreut. „Wir sorgen dafür, dass die Menschen in dieser Zeit eine vernünftige Lebensqualität haben“, sagt Marc Rockhoff, der in Walsum als Allgemeinmediziner tätig ist, dort aber nur bis zum 30. Juni praktizieren wird. Danach möchte er sich in seinem Unternehmen auf die Palliativmedizin, für die er eine Zusatzqualifikation hat, konzentrieren – ein „großes Thema“, das ihm „am Herzen“ liegt.

Nicht bei allen Todkranken kommt eine ambulante Betreuung daheim in Frage. Da sind Menschen, die alleine leben, Angehörige, die überfordert sind, oder die häusliche Situation gibt dies nicht her, erklärt Marc Rockhoff. Eine andere Möglichkeit ist ein Hospiz. Doch der Bedarf an Plätzen in der Region sei sehr hoch, berichtet der Mediziner und verweist auf das Ergebnis einer dazu erfolgten Analyse. Dabei sei der Bau eines Hospizes am evangelischen Krankenhaus in Wesel mit berücksichtigt. Die nächsten Einrichtungen seien in Duisburg und Oberhausen. Im Kreis Wesel gibt es zurzeit ein Hospiz. Dieses befindet sich auf der anderen Rheinseite, in Rheinberg.

Stellten die Pläne vor (v.l.): Henning Rockhoff, Martina Bruns, Projektleiterin Anja Kloppert und Marc Rockhoff.
Stellten die Pläne vor (v.l.): Henning Rockhoff, Martina Bruns, Projektleiterin Anja Kloppert und Marc Rockhoff. © FUNKE Foto Services | Gerd Hermann

Das Neubau-Vorhaben der FullQare Holding GmbH war von dem Grundgedanken getragen, dass das Hospiz „nicht neben einem Krankenhaus“ stehen soll. „Wir möchten, dass das im Grünen ist, dass es schön ist“ und die Patienten noch einmal das Gefühl einer Art Urlaub haben. Das idyllisch gelegene Anwesen von Haus Wohnung bietet dafür bestens die Voraussetzungen. Eigentümerin des Geländes ist die Steag. Die rund 1,5 Hektar große Teilfläche, auf der das neue Hospizgebäude errichtet werden soll, verkauft der Essener Energiekonzern an den Investor, das übrige Gelände und Haus Wohnung verpachtet er für die dort geplante Nutzung. In das unter Denkmalschutz stehende Gebäude wird die Niederrheinische Akademie für medizinische Fort- und Weiterbildung einziehen – ebenfalls Teil der FullQare Holding GmbH. Geschäftsführer Henning Rockhoff, zuständig für den kaufmännischen Part, bescheinigt der Steag, Verantwortung für die Region und die Immobilie zu zeigen – und „den sozialen Gedanken“.

Die noch zu gründende Gesellschaft „Hospiz am Haus Wohnung gGmbH“ wird die Betreiberin sein. Das Hospiz wird eingeschossig gebaut und soll architektonisch in die Umgebung eingebettet werden, „so dass es vom Baustil passt“, erläutert Martina Bruns, die erste Vorsitzende des Hospizvereins. Gegründet wurde er als Förderer der Palliativmedizin und des Hospizes. Ein großer Teil der Außenfassade des Gebäudes wird aus Glas sein, berichtet Marc Rockhoff. Die Menschen sollen nach draußen in die Natur und auf den Himmel schauen können. In der gläsernen Außenfassade spiegele sich das Grün der Umgebung – so dass das Gebäude „so wenig wie möglich störend ist“, erklärt Marc Rockhoff. In dem Neubau sind 14 Hospiz-Plätze geplant. In dem Umfeld, in dem es gebaut wird, könnten auch die Angehörigen zur Ruhe kommen.

Inklusionscafé als Treffpunkt

Das Anwesen soll zudem der Öffentlichkeit zugänglicher gemacht werden – ein Punkt, der besonders hervorzuheben sei, hieß es im Stadtrat vonseiten der Politik. Das in der alten Reithalle geplante Inklusionscafé könnte ein Treffpunkt für Gäste, Angehörige, aber auch Interessierte sein. Überlegt wird außerdem, an Wochenenden den Park zum Wohnungswald für Radfahrer zu öffnen. Auch wird erwogen, in Haus Wohnung Kulturveranstaltungen und Lesungen zu ermöglichen. Klar ist aber, dass es „keine inflationäre Öffnung“ geben soll, wie Marc Rockhoff betont.

Nun geht es zunächst einmal darum, „Baurecht zu bekommen“. Sollte der Satzungsbeschluss durch den Stadtrat noch in diesem Jahr erfolgen, könnte der Bauantrag Anfang 2023 gestellt werden, schätzt Henning Rockhoff, der in Götterswickerhamm lebt und Haus Wohnung von Kindesbeinen an kennt, wie er sagt. Einen Baustart im Sommer 2023 hält er für denkbar, aber auch für „sehr ambitioniert“.

>>Info: Hintergrund

Der Investor, die FullQare Holding GmbH, beziffert die Kosten für den Hospiz-Neubau mit zirka 3 bis 3,5 Millionen Euro. Durch das Vorhaben an Haus Wohnung sollen 30 neue sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze entstehen. In der ambulanten Palliativversorgung der beiden Tochterfirmen der FullQare Holding GmbH sind zurzeit 18 Ärztinnen und Ärzte aus den verschiedensten Fachbereichen sowie 50 Pflegekräfte mit der Zusatzausbildung „Palliativ Care“ beschäftigt. Im Zuge des anstehenden Planverfahrens für den Hospiz-Neubau an Haus Wohnung müssen mehrere Gutachten – etwa zu Natur- und Artenschutz, Verkehr etc. – erstellt werden. Man befinde sich in enger Abstimmung mit der Stadt, sagt FullQare-Holding-Geschäftsführer Henning Rockhoff.