Dinslaken. Yasimin Zorlu, Chefin der Kultura Pflegedienste, hat den Gebäudekomplex rund um den früheren Edeka-Markt in Lohberg gekauft. Was dort entsteht.
Das frühere Edeka-Bienemann-Geschäft in Lohberg steht seit Anfang 2022 leer. Und auch die oberen Geschosse sowie die über der kompletten Ladenzeile am Johannesplatz sind verwaist. Das soll sich ändern. Denn mit der Schlüsselübergabe beginnt nun ein neuer Abschnitt für das Häuserensemble an Sohlenstraße und Johannesplatz. Hier soll ein neues Wohn- und Betreuungskonzept für Seniorinnen und Senioren in Lohberg entstehen.
„Im früheren Geschäft sollen zwei Räume gebildet werden für rund 22 Gäste, die sich aufteilen für Senioren und Seniorinnen und Menschen mit einer psychischen Erkrankung“, stellte Yasimin Zorlu, Chefin der Kultura Pflegedienste, der NRZ das Großprojekt vor. Es seien zwar zwei abgeteilte Räume, die an sich aber offen zugänglich sein würden.
Yasimin Zorlu möchte Tagespflege für Migranten in Lohberg errichten
Die Tagespflege soll vor allem für Gäste mit internationaler Geschichte gelten. „Wir wollen damit die zweite Generation der so genannten Gastarbeiter entlasten“, erzählt Yasimin Zorlu. Denn auch in den vorwiegend türkischen Familien fände inzwischen ein Umdenken statt. „50 Jahre später als in Deutschland“, so die examinierte Altenpflegerin. Denn kleinere Wohneinheiten und andere Arbeitsverhältnisse ermöglichten es kaum noch, alte Menschen daheim zu pflegen oder zu betreuen.
Bislang kümmere sich die zweite Generation von Migrantinnen und Migranten noch um die Eltern. Um diese wenigstens kurzzeitig zu entlasten, sollen niederschwellige Angebote auf neue Situationen vorbereiten. Und die will Yasimin Zorlu nun in der Wohnanlage schaffen. Auf rund drei Millionen Euro Investitionskosten nach heutigem Stand schätzt Zorlu, werde sie wohl kommen. Immerhin seien die Fassaden des Häuserkomplexes denkmalgeschützt. Viel Planungsarbeit stehe also noch bevor.
Verein „Gleich gut“ plant Geselligkeitscafé im früheren Edeka-Markt
„Wir haben unser Konzept bereits der Stadt, der Denkmalbehörde und der Vivawest vorgelegt und die haben es akzeptiert, so dass wir den Komplex kaufen konnten“, berichtet Zorlu. Für die Geschäftsinhaber werde sich nichts ändern, in einem der Häuser würden Mieter wohnen, auch hier ändere sich nichts.
Lediglich die Leerstände würden saniert und schließlich in Gebrauch genommen. So habe sich schon der Verein „Gleich gut e.V.“ die Büroräume über dem früheren Bienemann-Laden gesichert. Die Mitglieder wollen auch im unteren Teil ein Geselligkeitscafé betreiben. Die zwölf freien Mietwohnungen mit Blick auf den Johannesplatz sollen zu barrierefreien und barrierearmen Wohnungen für betreutes Wohnen umgestaltet werden. „Haus Johannes“ soll die Wohneinheit über dem Reisebüro Förster heißen.
„Johannes“, weiß Yasimin Zorlu, „spielt in allen Religionen eine Rolle als Wegweiser. Und wegweisend soll auch unser Projekt sein.“ Im Nebenhaus über dem Stadtteilbüro werden kleine Wohneinheiten für die eigenen Auszubildenden entstehen. Der Vorteil für die Sanierung – die komplette Anlage unterteilt sich in mehreren Häusern, die über separate Eingänge verfügen. Die Umbauten können also Schritt für Schritt erfolgen, wobei die Tagespflege Vorrang genießt.
Umbau soll im Herbst 2024 starten
Die Umbauten sollen, wenn alles nach Plan läuft, im Herbst 2024 beginnen. Vorher müssen noch Nutzungsänderungen beantragt werden. Auch Feinabstimmungen mit der Denkmalbehörde stehen noch an. Denn die Außenfassade darf nicht verändert werden. Was dies für eine energetische Sanierung bedeute, müsse noch geklärt werden. Das gleiche gelte für Photovoltaikanlagen auf dem Dach. Es muss also noch viel beredet werden, bevor die ersten Umbaumaßnahmen erfolgen können.
Im Frühjahr 2024, so hofft die Kultura-Chefin, könnten weitere Gespräche stattfinden, könnte vieles geklärt werden. 3000 Quadratmeter groß sei der komplette Bereich mit einem abgeschlossenen Garten, der später in einen Sinnesgarten umgewandelt werden soll – mit viel Grün. Warum tut man sich so etwas an? Yasimin Zorlu überlegt einen Moment, bevor sie antwortet: „Ich bin davon überzeugt, dass Menschen gut betreut werden sollen und zwar von Menschen, die das Herz auf dem rechten Fleck haben, für die Betreuung nicht nur ein Beruf, sondern eine Berufung ist.“
Kultura Pflegedienst betreut überwiegend Menschen mit Migrationshintergrund
Sie wolle das Projekt in Lohberg gestalten, weil ihr Vater damals als so genannter „Gastarbeiter“ dort angefangen habe, ein Teil der Familie noch in der Gartenstadt lebt. Auch die Familien ihrer multikulturellen Angestellten leben in Lohberg. Ihr Pflegedienst sei hauptsächlich auf die Pflege von Menschen mit internationaler Geschichte abgestimmt.
„Sie vertrauen mir, kommen inzwischen auf uns zu und das möchte ich mit niederschwelligen Angeboten vermehren“, sagt die Altenpflegerin. „Ich möchte Vertrauen schaffen, denn diese Community der Menschen mit internationaler Geschichte wird an einem Seniorenheim nicht mehr vorbeikommen.“ Dann aber seien die ersten mentalen Hindernisse abgebaut.