Dinslaken. Weshalb es so lange dauerte, bis 1800 Fans im Burgtheater Dinslaken bei Hits wie „7 Years“ oder „Mama said“ endlich live mitsingen konnten.
Was lange währt…, lautet ein altes Sprichwort. 2012 wurde Lea Eickhoff zu einem Konzert von Lukas Graham in Köln eingeladen, war sich aber damals noch nicht sicher, ob der dänische Singer-Songwriter mit seiner Band etwas fürs Fantastival sei. Schließlich stand er damals erst am Anfang seiner internationalen Karriere, hatte mit „Drunk in the Morning“ erst seinen ersten Hit. 2020 sah es dann anders aus, mit weiteren Chartserfolgen war es klar, dass der junge Mann, der in der Hippie-Kommune Christiana aufwuchs und mit seiner hellen R’n’B-Stimme überrascht, keine Eintagsfliege im Musikgeschäft war. Doch die Freilicht AG musste den Auftritt beim Fantastival wegen Corona erst verschieben und dann aus terminlichen Gründen ganz absagen – um Lukas Graham 2023 neu ins Programm zu nehmen.
Textsichere Fans
Am Montag sangen dann endlich 1800 Fans, die zum Teil Hunderte von Kilometern Wegstrecke auf sich genommen haben, bei Hits wie „Mama said“ komplette Refrains, während Lukas Forchhammer, so der bürgerliche Name des 34-Jährigen, dazu auf der Bühne tanzte. Erstaunlich dabei: Eine Frage ins Publikum ergab, dass vielleicht fünf Prozent der Anwesenden auch Karten für das Fantastival-Konzert 2020 gekauft haben. Die große Mehrheit derer, die am Montag im Burgtheater bei den Songs mitwippten, rhythmisch klatschten oder gar textsicher mitsangen, hat sich erst in den letzten Monaten dafür entschieden, sich die Dänen im Burgtheater nicht entgehen zu lassen.
Parallele zu Michael Schulte
Lukas Graham kombiniert Pop und R’n’B mit persönlichen Texten. Der Bandname ist dabei prägend. Wie Michael Schulte, der am letzten Donnerstag das Fantastival eröffnete, verlor Lukas Forchhammer schon früh seinen Vater. Der gebürtige Ire Eugene Graham starb 2012, als sein Sohn gerade den internationalen Durchbruch hatte. Der Bandname Lukas Graham kombinierte schon vorher die Namen von Vater und Sohn, zeigte die enge Bindung. Und wie „You let me walk alone“ von Schulte drückt „You’re not there” einerseits die Trauer um den Verlust eines geliebten Menschen, aber auch das Gefühl der Verlorenheit aus, den Vater nicht an seiner Seite zu haben und nicht mehr zeigen zu können, was aus seinem Sohn geworden ist. Die Suche nach neuen, anderen Weggefährten ist da.
Party-Block
Lukas sprach von seiner Familie, den beiden kleinen Töchtern, die er aber bereit ist, allein zu lassen, wenn es ums Touren mit der Band geht, das ihn glücklich macht. Auf der Fantastivalbühne sprach er auch von langjährigen Fans, die er bei der Tour 2012 in Deutschland kennenlernte und die er heute zu seinen Freunden zählt.
Gitarrist Jon Sosin kann „amtlich“ rocken, der „Party-Block“, den Lukas ankündigte, blieb aber doch ganz der stimmlichen Stärke des Sängers verhaftet. Ein bisschen R’n‘B, ein bisschen Funk und Soul. Manche der Texte haben Rhythmen, als stammten sie aus dem Repertoire von Michael Jackson. Leicht sind die Mid-Tempo-Nummern, groovend, so wie „Strip no more“, bei dem Lukas und Bassist Magnus Larsson auf der Stelle um die Wette rennen.
Längst standen die Leute auch auf den Rängen und nicht nur vor den Stufen zur Bühne (Barrieren schaffende Wellenbrecher gibt es nicht!), wippten mit, tanzten, winkten mit den Armen. Und doch waren die langsamen Balladen die Lieder, die den Abend prägten. „Seven years“, das den Weg durchs Leben beschreibt oder „Someone to love“. Dann gingen im Burgtheater die Handytaschenlampen an. Und auch Lukas zog sein Handy, um diesen atmosphärischen Moment zu filmen.
Weit gereist
Zwei Fans, die eigens für das Konzert von Paris nach Dinslaken gereist sind und schon am Dienstag nach nur einer Übernachtung wieder zurück nach Frankreich fuhren, hätten den Streckenrekord der Anreise verdient. Doch es war die Band selbst, die die weiteste Anreise hatte. In den letzten Wochen tourte Lukas Graham in Asien, kam direkt aus dem Flieger aus Südkorea zum Fantastival. Nun soll es aber zurück zur Familie nach Dänemark gehen, erklärte Lukas. Und dann geben er und seine Band bereits am Samstag ein Konzert auf den Faroer Inseln. Im August folgen dann noch weitere Termine kreuz und quer durch Europa in Litauen, Portugal, Norwegen und Ungarn.