Dinslaken. Anwohner der Hagelstraße leben seit acht Jahren mit der Großbaustelle Emschermündung. Seit dem Deichabbruch aber sind sie richtig sauer.
Der Staub hängt in der Luft. Auch, wenn gerade kein Trecker durch die Hagelstraße rumpelt sondern nur ein paar Laster. Die Einfahrt zur Baustelle Emschermündung ist direkt gegenüber, daneben geht’s zum Hof Emschermündung, auf der anderen Seite weiter auf die Brücke Hagelstraße. Seit acht Jahren leben die Anwohner der Hagelstraße schon mit der Emscher-Baustelle und ihren Nebenwirkungen: Lärm und Dreck, vor und hinter dem Haus. Der Deichabbruch und seine Folgen aber macht einige Anlieger wirklich wütend.
Es gehe ihnen nicht um die Baustelle Emschermündung an sich, betonen die Anwohner. Die sei eben da und bedeute schließlich, wenn die Aue irgendwann fertiggestellt ist, eine Aufwertung ihres Lebensumfeldes. Aber sie ärgern sich über die Trecker, die die neue Baustelle an der Deichabbruchkante Heerstraße mit Geröll von der Baustelle Emschermündung beliefern. Und es geht ihnen um den Umgang der Emschergenossenschaft (EGLV) mit den Bürgern.
2014, als die Baustelle für den Umbau der Emschermündung eingerichtet wurde, sei ihnen zugesagt worden, dass der Baustellenverkehr über die Frankfurter Straße abgewickelt werde. „Das hat etwa zu 80 Prozent geklappt,“ schätzt einer der Anwohner.
Staub und Lärm seit acht Jahren
Seitdem die Deichkante abgebrochen sei, fahren die Trecker mit den Anhängern voller Geröll ausnahmslos durch die Hagelstraße zur Heerstraße. Von früh morgens bis abends. Als auch am Samstag das Geröll gefühlt im Affenzahn und im Minutentakt an seinem Haus vorbei transportiert wurde, hat einer der Anwohner seinem Unmut auf Facebook Luft gemacht. Aufgrund der negativen Reaktionen – einer schrieb, man könne ja schließlich keine Luftbrücke für die empfindlichen Anwohner einrichten – traut sich der Anwohner nun nicht, mit Namen in der Zeitung zitiert zu werden.
Die Häuser befinden sich zwischen zwei Baustellen - der Emschermündung und der bereits abgeschlossenen zur Verbreiterung des Emscherdeichs sowie der künftigen zum Brückenabriss. „Wir können seit Jahren die Fenster nicht mehr öffnen“ – wegen des allgegenwärtigen Staubs, der sich innen auf Fliesen und außen auf die Scheiben, Fensterbänke, Autos lege. Zum Baustellenverkehr und dem Publikumsverkehr zum Hof Emschermündung seien nun auch noch zahlreiche Schaulustige gekommen, die nicht nur ihre Zufahrten zuparken sondern sogar mit Campingstühlen die Fahrbahn der Brücke Hagelstraße blockieren. Nachts raube die automatische Baustellenüberwachung mit Lautsprecherdurchsagen den Schlaf.
Ob die Emschergenossenschaft wenigstens einmal einen Gutschein für die Waschanlage schicke, habe er einmal gefragt, berichtet ein Anwohner – und sei „abgebügelt“ worden. Auch die Schlaglöcher im Weg vor den Häusern, der als Zufahrt zur Verbreiterung des Deichs genutzt worden sei, seien nicht geflickt worden.
Er wolle doch nur Geld, habe die Emschergenossenschaft dem Anwohner unterstellt. „Dabei will ich bloß, dass die Emschergenossenschaft uns als Anwohner überhaupt einmal zur Kenntnis nimmt und mitnimmt.“ Auch am Tag des Deichabbruchs habe der Verband ausschließlich über Facebook informiert, monieren die Anwohner, die sich an diesem Tag plötzlich einer Hundertschaft der Polizei gegenüber sahen.
Die neue Baustraße für den Abbruch der Eisenbahnbrücke etwa solle nun ebenfalls an der Hagelstraße beginnen, haben die Anwohner gehört: „Geredet hat mit uns aber niemand“.
Emschergenossenschaft spricht von „Ausnahmesituation“
Die Emschergenossenschaft hat auf den Facebook-Post des Anwohners reagiert. Durch die Deicherosion würden „Sicherungsmaßnahmen“ laufen, die „zwingend notwendig“ seien. Es bestehe „eine Ausnahmesituation, bei der wir unter zeitlichem Druck agieren, um eine weitere Erosion zu verhindern und die Bürger*innen zu schützen“, so der Verband auf Facebook.
Den Verkehr um die Hagelstraße herumzuführen, „würde die Arbeiten verzögern, da dies mit einem Umweg verbunden ist. Da es hier um Hochwasserschutz und Sicherheit der Anwohnerinnen und Anwohner geht, ist Schnelligkeit geboten,“ erklärt Meike Delang, Sprecherin von Emschergenossenschaft und Lippeverband auf Anfrage der NRZ.
Gegen den Staub werde die Stra“ße regelmäßig mit einem Kehrwagen gereinigt und außerdem gewässert, um den Staub zu binden.“ Alle Maßnahmen seien mit der Stadt und der Bezirksregierung abgesprochen, betont Delang. Die Arbeiten zur Sicherung des Deiches und somit auch der Verkehr dauern noch bis 14. Juli an. „Darüber wurde in der Bürgerversammlung informiert,“ so die Sprecherin, die auch eine gute Nachricht für die Anwohner hat: Die Baustraße für den Brückenabriss werde von der Heerstraße aus eingerichtet.
So geht es weiter
Wenn die Mündungsaue fertig ist, soll der Bereich Teil der Internationalen Gartenausstellung 2027 werden: Dafür soll unter anderem der Hof Emschermündung zum Bildungszentrum umgebaut werden.
Die Anwohner haben zudem etwas von einem großen Parkplatz gehört. Auch hier wünschen sie mehr Informationen – in diesem Fall aber von der Stadt.