Dinslaken/Voerde. Die Emschermündung Dinslaken/Voerde sollte zentraler Standort der IGA 2027 werden. Warum die Bewerbung zurückgezogen wurde – und was nun kommt.
Die Internationale Gartenausstellung (IGA) ist ein seltenes Ereignis. Sie findet nur alle paar Jahre statt, die letzte war 2017 in Berlin unter dem Titel „Gärten der Welt“. Zuvor war die Gartenschau schon in Hamburg, Rostock, Stuttgart, München. Für das Jahr 2027 konnte die Metropole Ruhr die Internationale Gartenausstellung für sich gewinnen – Motto: „Wie wollen wir morgen leben?“ Einer von sechs zentralen Standorten so genannter „Zukunftsgärten“ sollte der Bereich der Emschermündung in Dinslaken und Voerde sein. Daraus wird in dieser Form nichts. Dinslaken, Voerde und der Kreis Wesel haben ihre Bewerbung zurückgezogen – aus finanziellen Gründen. Die IGA 2027 findet in dem Bereich aber trotzdem statt – nur eine Nummer kleiner.
An der Emschermündung, die mit dem Umbau der Emscher von Dinslakener auf Voerder Stadtgebiet gezogen ist, sollte einer von drei frei zugänglichen Zukunftsgärten entstehen. Ziel sollte sein, den Besuchern die „Auswirkungen des Bergbaus auf Gewässer und die verschiedenen Schichten der Landschaft aufzuzeigen und den unterschiedlichen Umgang mit Bergbaufolgen im Kontext der örtlichen Gegebenheiten erfahrbar zu machen“, hieß es in einer Präsentation des RVR. Ein Panoramasteg mit Aussichtspunkten sollte als Highlight „eine besondere Wahrnehmung des Landschaftsbildes ermöglichen“.
Die Gesamtkosten sollten bei 12 Millionen Euro liegen. Die Kommunen wären, so sah ein Entwurf vor, jeweils jährlich mit rund 61.000 Euro, der Kreis mit jährlich rund 65.000 Euro über zehn Jahre beteiligt worden. Letztendlich haben Kreis und Kommunen „das Finanzrisiko als zu hoch bewertet“ und den Antrag auf einen Zukunftsgarten zurückgezogen, so IGA-Sprecher Rüdiger Schumann.
Projekt wurde auf zweite Ausstellungsebene zurückgestuft
Die Emschermündung und weitere Orte in Dinslaken und Voerde sollen dennoch weiterhin Teil der Internationalen Gartenausstellung sein. Das Projekt wurde von den zentralen Zukunftsgärten auf die zweite Ausstellungsebene „Unsere Gärten“ zurückgestuft. Deren Umsetzung ist noch nicht sicher, bislang sind Voerde und Dinslaken aber auf einem guten Weg. „Die Kommunen in der Metropole Ruhr haben für die Ebene ,Unsere Gärten’ rund 80 investive Projekte und etwa 50 Infrastrukturprojekte gemeldet“, einige wurden „mit einem ersten Stern ausgezeichnet“, berichtet Nicole Johann, die als Erste Beigeordnete der Stadt Voerde an Sitzungen des Beirats „Unsere Gärten“ teilgenommen hat.
Zu den ausgezeichneten gehören auch Projekte aus Voerde und Dinslaken, die – mit Ausnahme des Zukunftsgartens samt Panoramasteg – auch in der ursprünglichen Planung enthalten waren: die „Inszenierung Absturzbauwerk Emscher und Emschermündungshof“, die „Aquarellgärten“, die „Loops“ und die „Zechenbahn“. Sie waren auch Teil des ursprünglichen Entwurfs und befinden sich in der Qualifizierungsphase.
Emschermündungshof: Der Hof Emschermündung soll – in Kooperation mit Sevengardens, Imkerverein, Nabu, Kräuterpott und VHS – zum Bildungszentrum umgebaut werden. Zur IGA sollen zudem drei große Container aufgestellt werden: Einer soll als Standort für weiterführende Informationen von der Emschergenossenschaft zusammen mit den Städten Voerde, Dinslaken und Duisburg betreut werden. Zwei weitere Container sollen als „Kiosk Container“ das Café im Hof Emschermündung ergänzen und für den Radverleih während der IGA genutzt werden. Außerdem, so Dinslakens Stadtsprecher Marcel Sturm, sollen an der Stelle Wohnmobilstellplätze geschaffen werden. In dem Bereich soll ein Aussichtsturm als Landmarke entstehen. Auch der Bau eines Schiffsanlegers in Dinslaken sowie die barrierefreie Modernisierung des bestehenden Anlegers in Voerde wird geprüft, so Schumann.
Inszenierung Absturzbauwerk Emscher: Das alte Absturzbauwerk und ein Teil des alten Emscherbettes werden vom neuen Wasserlauf abgekoppelt, als Relikt der alten Emscher erhalten und sollen im Rahmen der IGA 2027 künstlerisch inszeniert werden – etwa in Form einer zeitlich begrenzten Lichtershow.
Aquarellgärten: Bei den Aquarellgärten handelt es sich um „bunte, temporär gestaltbare Pflanzflächen“ entlang des Rheinradweges. „Durch das Zusammenspiel von grüner Auenwiese, sandfarbenem Rheinstrand, buntem Blütenmeer, ruhigem Wohnungswald und dynamischen Emscherdelta entsteht eine abwechslungsreiche Landschaft direkt am Rhein“, so die IGA.
Loops: Der IGA-Standort Emschermündung soll einen „nachhaltigen Umgang mit Bergbaufolgen und Klimawandel“ aufzeigen. Drei Landschaften, sogenannte „Loops“, sollen das demonstrieren:
Der „Wasser-Loop“ in der Walsumer Rheinaue, wo ohne das Abpumpen des durch die bergbaubedingten Geländeabsenkungen erhöhten Grundwasserstandes ein Lebensraum für wasserliebende Tier- und Pflanzenarten ökologisch aufgewertet worden sei.
Im „Landschafts-Loop“ der sich in Voerde bis zur Mommniederung erstreckt und wo sich nicht nur eine strukturreiche und von vielen Tier- und Pflanzenarten genutzte Landschaft erleben lasse, sondern auch, „wie anno dazumal gewirtschaftet wurde“.
Und im „Klima-Loop“ im Bergpark Lohberg, der zeige, dass „eine zukunftsweisende Entwicklung von Halden und Altindustriestandorten hin zu Null-Energie-Siedlungen und zu Kreativquartieren, nachahmenswert ist“.
Reaktivierung Zechenbahn: Die ehemalige Zechenbahntrasse soll reaktiviert und zu einem etwa 6,5 Kilometer langen Rad- und Fußweg ausgebaut werden, der Teil des Regionalen Radwegenetzes der Metropole Ruhr werden soll. Die bestehende Wegeverbindung von Hamborn nach Wehofen wird bis Lohberg verlängert. Aufgrund der Vielzahl der Brücken werde die Inbetriebnahme aber zum Start der IGA nicht abgeschlossen sein können, so Stadtsprecher Marcel Sturm. Laut IGA werden „einzelne Bauabschnitte dieser Radroute bis 2027 fertiggestellt“. Das Investitionsvolumen hierfür beträgt zehn Millionen Euro. Auch plant die Stadt eine Fahrradverleihstation am Bahnhof und die Ausweisung von Radrouten zur Emscher und nach Lohberg, so Sturm
So geht es weiter
Die Voerder Beigeordnete Nicole Johann ist begeistert von dem IGA-Projekt: Es sei „eine große Sache“, findet sie, den „Naturraum erlebbar“ zu machen – und das in Verbindung mit dem Wandel der Industriekultur. Die „geforderte finanzielle Zusicherung“ habe die Stadt Voerde in der Vergangenheit aufgrund der Haushaltssicherung nicht geben können. Nun sehe die finanzielle Lage besser aus und die beteiligten Kommunen hoffen zudem auf Fördermittel. Die Lage am äußersten Stadtrand biete für Voerde die Möglichkeit einer engeren Bindung zu Dinslaken: „Gerade durch den hohen Erholungswert – Radwanderwege, Wohnungswald – wird eine stärkere Verknüpfung mit Dinslaken angestrebt“, so Nicole Johann, dazu „tauschen wir uns eng nachbarschaftlich aus“.
Am Standort Emschermündung könne die „Umwandlung einer Region zu einem nachhaltigen Umgang mit unserem Wirtschafts- und Naturraum erfahren“ werden, findet Johann.
Das nächste Gespräch mit der IGA und der Emschergenossenschaft ist laut Dinslakens Stadtsprecher Marcel Sturm im September angesetzt. „Dann werden wir zusammen mit der Stadt Voerde versuchen, die Projekte zu qualifizieren“, so Sturm.