Voerde. Die Rochus-Apotheke in Friedrichsfeld muss ihre Öffnungszeiten ab dem 1. Juli anpassen. Ein Wochentag wird vorerst komplett gestrichen.
Über zu wenig Kundschaft kann sich Ute Hecht-Neuhaus an diesem Vormittag nicht beschweren. Sie und ihre Kolleginnen haben alle Hände voll zu tun: Kunden beraten, Rezepte bearbeiten, Bestellungen aufgeben. Zwischendurch bildet sich immer mal wieder eine kleine Schlange bis nach draußen. Obwohl das Geschäft gut läuft, muss die Inhaberin der Rochus-Apotheke in Friedrichsfeld im Juli ihre Öffnungszeiten einschränken – weil ihr das Personal fehlt.
„Vom Fachkräftemangel sind auch Apotheken massiv getroffen“, erklärt Hecht-Neuhaus. Hinzu kommt die Urlaubszeit, eine Mitarbeiterin ist zudem erkrankt. Vom 1. bis zum 31. Juli bleibt die Apotheke daher samstags geschlossen. Unter der Woche hat sie zwar weiterhin jeden Tag geöffnet, allerdings mit komprimierteren Zeiten. So wird die zweistündige Mittagspause, in der die Apotheke geschlossen ist, auf eine Stunde verkürzt.
Apotheken in NRW dürfen ab jetzt Öffnungszeiten selbst festlegen
Dank einer neuen Regelung, die Apothekerkammern und das NRW-Gesundheitsministerium vor gut einer Woche auf den Weg gebracht haben, ist es Hecht-Neuhaus möglich, ihre Öffnungszeiten jetzt flexibel zu gestalten. Bisher waren Apotheken in NRW an die Pflichtöffnungszeiten von 9 bis 18 Uhr, inklusive Mittagspause, gebunden. Die neue Regelung sieht hingegen so aus: An vier Wochentagen müssen Apotheken zwischen 8 und 20 Uhr insgesamt sechs Stunden geöffnet sein, an einem weiteren Tag drei Stunden. Genaue Uhrzeiten sind nicht mehr vorgeschrieben. Auch an Samstagen besteht keine Pflicht zur Öffnung.
Die Voerder Apothekerin begrüßt das neue Konzept: „Unsere Kundenfrequenz hängt stark von den Öffnungszeiten der Arztpraxen ab. Haben die freitagnachmittags geschlossen, ist auch bei uns weniger los“, so Hecht-Neuhaus. Da bis in den Abend geöffnet zu haben, mache nur wenig Sinn. Die Chefin denkt daher auch darüber nach, ihre Apotheke samstags vielleicht dauerhaft zu schließen. „Ich werde das aber erst mit meinen Kunden besprechen, eventuell eine Befragung machen.“
Ute Hecht-Neuhaus sucht seit eineinhalb Jahren einen weiteren Apotheker
Mit den flexibleren Öffnungszeiten hofft die Pharmazeutin nämlich auch, denn Job für Fachkräfte wieder attraktiver zu machen. Denn seit eineinhalb Jahren sucht sie einen weiteren Apotheker in Teilzeit. „Es hat sich bis heute niemand auf die Stelle beworben. Das ist ziemlich frustrierend.“ Die Arbeit in Apotheken sei für potenzielle Nachwuchskräfte, die gerade ihr Pharmaziestudium beendet haben, unattraktiv geworden, befürchtet Hecht-Neuhaus. Stattdessen gehe es für viele lieber in die Industrie. „In der Politik wird mittlerweile über die Vier-Tage-Woche diskutiert, wir haben eine Sechs-Tage-Woche“, erklärt die Apothekerin.
Und weil immer mehr Apotheken dicht machen, häufen sich auch die Notdienste in der Nacht und am Wochenende. In der Regel übernimmt die Rochus-Apotheke zwei bis drei Notdienste im Monat. Im vergangenen Monat waren es sogar fünf. „Ich bin 24 dann Stunden in der Apotheke anwesend und am nächsten Tag auch wieder für die Kunden da. Es gibt dafür keinen Freizeitausgleich“, so Ute Hecht-Neuhaus.
Lieferengpässe bei Medikamenten besteht weiterhin
Die Belastung der Mitarbeiter sei aber nicht nur wegen des anhaltenden Personalmangels hoch. Weiterhin gibt es Lieferengpässe für Medikamente. In vielen Schubfächern der Rochus-Apotheke befinden sich gerade einmal zwei oder drei Packungen von einem Medikament. Andere Fächer sind vollkommen leer. Insbesondere Bluthochdruckmittel, Cholesterinsenker und Mittel für Diabetiker fehlen.
„Die Kunden sind verzweifelt und wir sind es auch. Wir telefonieren den ganzen Tag rum, um das erforderliche Medikament irgendwo zu bekommen“, erklärt Hecht-Neuhaus. Bei fast jedem zweiten Rezept müssen die Apothekerinnen die Medikation anpassen oder ersetzen. „Uns fehlen mehr als 200 Artikel, die wir dauerhaft nicht bekommen. Ich wünsche mir so sehr, dass sich die Situation bald wieder entspannt.“
>>>So öffnet die Rochus-Apotheke im Juli
Die Rochus-Apotheke (Alte Hünxer Straße 30) öffnet vom 1. bis zum 31. Juli montags von 8.30 bis 13 Uhr und von 14 bis 18 Uhr, dienstags von 8.30 bis 13 Uhr und von 14.30 bis 18.30 Uhr, mittwochs von 8.30 bis 13 Uhr, donnerstags von 8.30 bis 13 Uhr und von 14 bis 18 Uhr sowie freitags von 8 bis 13 Uhr und von 14 bis 18 Uhr. Samstags bleibt die Apotheke geschlossen.