Dinslaken/Voerde/Hünxe. An diesem Tag bleiben die Apotheken in ganz Dinslaken, Hünxe und Voerde geschlossen - mit einer Ausnahme. Welcher Grund für diesen Umstand sorgt.

Die Zahl der Apotheken im Kreis Wesel ist laut Apothekerkammer in den vergangenen zehn Jahren von 113 auf 91 gesunken. Apotheker beklagen sich über deutlich erhöhten Arbeitsaufwand bei unveränderter Bezahlung. Auch an einigen anderen Stellen haben sie das Gefühl, dass ihnen von der Regierung Steine in den Weg gelegt werden.

Nun kündigen deutschlandweit Apotheken für den 14. Juni einen Protesttag an, an dem sie auf die Missstände in ihrer Branche aufmerksam machen wollen. An diesem Tag wird im hiesigen Umkreis nur der Notdienst (ab 9 Uhr bis 9 Uhr am Folgetag) in der Center Apotheke Jana Pehr, Friedrichsfelder Straße 32 in Voerde, erreichbar sein, der sich auch auf Notfälle konzentrieren soll. Für weniger dringende Fälle bitten die Apotheker darum, beispielsweise Medikamentenkäufe auf einen anderen Tag zu legen.

Inhaberin rechnet mit Warteschlangen

Jana Pehr, Inhaberin der Center-Apotheke, rechnet allerdings damit, dass sich vor der Apotheke Schlangen bilden werden. „Die Kunden können nicht damit rechnen, dass sie ohne Wartezeit ihr Nasenspray oder ihre Vitamintabletten bekommen“, vermutet Pehr. Beim Notdienst arbeitet eine Mitarbeitende bis zum Abend, ehe über die Nacht eine Kollegin oder ein Kollege übernimmt.

Grundsätzlich, betont die Apothekerin, „arbeiten wir alle am Limit und oft auch über die Belastungsgrenze hinaus. Wir versuchen, den Patienten bestmöglich zu helfen, aber wir kämpfen seit 2004 gegen eine verfehlte Gesundheitspolitik an. Nicht umsonst haben alleine in Voerde in den letzten 13 Jahren drei Apotheken geschlossen.“

In der Ankündigung der ABDA (Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, ursprünglich Arbeitsgemeinschaft der Berufsvertretungen Deutscher Apotheker), heißt es: „Die Bundesregierung versagt den Apotheken die notwendige Wertschätzung. Beim Management der vielen Lieferengpässe brauchen die Apotheken weniger Bürokratie und mehr Handlungsfreiräume.“

Höheres Honorar gefordert

Außerdem ärgert den Verband das seit zehn Jahren unveränderte Honorar der Apotheken, wodurch sie von der wirtschaftlichen Gesamtentwicklung abgekoppelt seien. Dazu würden steigende Kosten in der Apothekenvergütung gar nicht berücksichtigt. „Zuletzt haben in Deutschland so viele Apotheken für immer schließen müssen wie noch nie zuvor. Apotheken kaputtzusparen kann nicht im Sinne unserer Patientinnen und Patienten sein - und deshalb protestieren die Apotheken auch für Sie“, betont der ABDA.

Die Apothekerschaft hat bereits Ende Februar zehn prioritäre Forderungen an die Politik formuliert, die sie am Protesttag hervorbringen möchten. Dabei geht es unter anderem um die Einführung einer zusätzlichen regelmäßigen Pauschale für jede Betriebsstätte, einen „Engpass-Ausgleich“, der den zusätzlichen Aufwand bei der Bewältigung von Lieferengpässen finanziell auffangen soll, sowie einen Abbau der Bürokratie, die viele Vorgänge unnötig verzögert. Generell wünschen sich die Apotheken mehr Freiheiten, was die Versorgung angeht.

Demo in Düsseldorf

Lukas Heuking, Pressesprecher des Apothekerverbands Dinslaken/Voerde/Hünxe.
Lukas Heuking, Pressesprecher des Apothekerverbands Dinslaken/Voerde/Hünxe. © Martin Valk

Lukas Heuking, Pressesprecher des Apothekerverbands für Dinslaken, Voerde und Hünxe sowie Oberhausen, kündigt an, dass an dem Protesttag sämtliche Apotheken in Dinslaken und Hünxe ganztägig geschlossen haben werden. „Viele Apothekenteams werden nach Düsseldorf fahren, um an einer Demo teilzunehmen“, sagt Heuking, der gemeinsam mit seiner Schwester Angela Apotheken in Hiesfeld und Lohberg leitet.

Stephan Bade, Inhaber der beiden Malteser-Apotheken in Dinslaken am Neutor und am Danziger Platz in Hünxe-Bruckhausen sowie der Alpha-Apotheke an der Bahnstraße, nimmt mit seinen vier Filialen ebenfalls am Protest teil.

Bade betont: „Meine 50 Mitarbeiter und ich leben und lieben unseren Beruf. Wir betreiben Gesundheitsversorgung auf höchstem Qualitätsniveau und mit Leidenschaft. Leider wird unser Einsatz unter anderem durch ausufernde Bürokratie erschwert. In manchen Teilbereichen sogar unmöglich gemacht.“

Apotheken müssen sich mit Verlusten abfinden

Der Apotheker zählt konkrete Beispiele auf, die die Arbeit erschweren: „Eine zusätzliche pharmazeutische Mitarbeiterin muss sich in den letzten Jahren aufgrund der problematischen Liefersituation bei der pharmazeutischen Industrie fast ausschließlich mit der Beschaffung von schwer-lieferbaren Arzneimittel beschäftigen“.

Insbesondere bei der Versorgung von Hilfsmitteln könnten die Apotheken nur mit negativen Aufschlägen, also Verlust, mit den Krankenkassen abrechnen. Das führe dazu, dass dies kaum noch jemand anbietet. Patienten müssen zum Teil sehr lange auf die benötigten Artikel warten.

Ähnliches gelte bei der individuellen Herstellung von Rezepturen. Diese könne nur durch pharmazeutische Mitarbeiter in der Apotheke vor Ort mit großem zeitlichen Aufwand gewährleistet werden. Außerdem nehme die Bürokratie mitunter absurde Ausmaße an.

„Wird zum Beispiel ein Medikament im Wert von 20.000 Euro ordnungsgemäß beliefert, aber das Rezept enthält einen minimalen formalen Fehler (z.B. fehlende Dosierangabe), wird die Krankenkasse das Rezept auf 0 Euro retaxieren. Die Versorgung des Patienten hat aber vollständig stattgefunden. Das heißt der Apotheke entsteht ein Schaden in Höhe von 19.400 Euro. Dieser Schaden kann existenzbedrohend für die Apotheke sein“, ärgert sich Bade.

Tag der Apotheke am 7. Juni

Am 7. Juni ist der „Tag der Apotheke“, der in diesem Jahr im Zeichen des Apotheken-Protests steht. Passend zu diesem Tag startet die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände die Initiative „Gegen Zukunftsklau“. Dazu veranstaltete der Verband eine Pressekonferenz in Berlin, um die Maßnahmen zu erläutern.

„Die ABDA unterstützt diese Aktion, da wir der Meinung sind, dass die Bundesregierung diesen Protesttag durch Untätigkeit bei Lieferengpässen, Personalnot und einer seit Jahren bestehenden Unterfinanzierung provoziert hat“, sagte Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der ABDA, bei der Bundespressekonferenz.