Dinslaken. Stadt korrigiert Zahlen: Statt 122 fehlen 155 Kita-Plätze. Jetzt warnen auch Tagesmütter: Wenn die Stadt nichts ändert, bleibe nur eine Lösung.
In Dinslaken fehlen Kindergartenplätze. 122, so berichtete die NRZ vor wenigen Tagen. Diese Zahl korrigierte die Stadtverwaltung in der Sitzung des Jugendhilfeausschusses: In Dinslaken fehlen nach jetzigem Stand zum Start des Kindergartenjahres Anfang August 155 Kitaplätze, erklärte Maik Runberger von der Stabstelle Sozial- und Jugendhilfeplanung. Und damit nicht genug: Auch die Tagesmütter schlagen Alarm. Wenn die Stadt nicht die Rahmenbedingungen der Tagespflege ändere, würden mehrere Kinder-Tagespflegen aufgeben. Was einen Verlust von bis zu 30 weiteren U3-Kitaplätzen bedeuten würde.
Schon im vergangenen Jahr hat das Netzwerk Kindertagespflege im Rahmen einer Umfrage zu „Kommunalen Rahmenbedingungen der Kindertagespflege in NRW“ kritisiert, dass mehrere Kommunen – darunter auch Dinslaken – gegen das Kinderbildungsgesetz (Kibiz) verstoßen. In Dinslaken, wo 220 Kinder von 71 Kindertagespflegepersonen betreut werden, betrifft das die fehlende Vertretungsregelung. Laut Kibiz – und so ist es auch in den Richtlinien zur Kindertagespflege in Dinslaken festgehalten – soll die Kommune für Ausfallzeiten der Kindertagespflegeperson eine andere Betreuungsmöglichkeit zur Verfügung stellen. Tatsächlich würde die Kommune aber erwarten, dass die Kindertagespflegeperson die Vertretung selbst organisiert, so das Netzwerk Kindertagespflege. Auf eine entsprechende Anfrage der NRZ zu dem Thema hat die Stadtverwaltung im Herbst vergangenen Jahres nicht reagiert.
„Haben wir schlichtweg verpennt“
„Seit 19. Dezember 2019 gibt es ein neues Kibiz, die Stadt Dinslaken hätte die Vertreterregelung 2020 umsetzen müssen. Das haben wir schlichtweg verpennt“, analysierte Thomas Giezek (FDP-Fraktion) im Jugendhilfeausschuss und schloss die Politik mit ein. Das Thema sollte nun angegangen werden.
Allerdings ist das nicht das einzige Problem, das die Tagesmütter in Dinslaken belastet. So sorge die Stadt nicht nur für keine Vertretung – Dinslaken gehört auch landesweit zu den Kommunen, die den Tagespflegepersonen die geringsten Ausfallzeiten zubilligen. So dürfen die Tagespflegepersonen in Dinslaken maximal 20 Tage im Jahr ausfallen – gleich, ob es sich dabei um Urlaub oder Krankheit handelt. Nur Bielefeld, Aachen (0) und Bad Salzuflen (5) gestatten noch weniger sogenannte betreuungsfreie Tage. Im Kreis Herford, am anderen Ende der Skala, sind es 67 Tage.
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Auch Städte wie Haltern, Oberhausen, Hattingen die sich in der Haushaltssicherung befinden, hätten „bei einem ähnlichen oder sogar höheren Stundensatz“ zwischen mindestens 35 und 60 (30 Urlaub, 30 Krankheit) bezahlten Ausfalltagen in ihren Richtlinien verankert, so die Dinslakener Tagespflegepersonen. Die anderen Kommunen des Kreises Wesel sähen hier bereits 30 Tage vor. Laut Umfrage des Netzwerks Tagespflege sind es NRW-weit durchschnittlich 37,4 Tage.
Wenn die Tagespflegepersonen über diese 20 Tage hinaus fehlen – etwa weil sie krank sind – wird ihnen das von der Bezahlung abgerechnet. Laut UN-Menschenrechtskonvention habe aber jeder Mensch „das Recht auf Erholung und Freizeit und insbesondere auf eine vernünftige Begrenzung der Arbeitszeit und regelmäßigen bezahlten Urlaub“, so die Tagesmütter.
Das fordern die Dinslakener Tagespflegepersonen
Die Tagespflegepersonen in Dinslaken fordern 30 Urlaubs- und 30 Krankheitstage. Mehrere Tagesmütter seien bereits am Ende ihrer Kraft. „Ich habe Krankheiten immer verschleppt, weil ich es mir nicht leisten konnte, krank zu sein. Nun ist eine Erkrankung chronisch und ich werde die Kindertagespflege bald aufgeben“, wird eine zitiert. „Ich höre zum Sommer auf, da ich die Rahmenbedingungen alleine – insbesondere mit so wenig Urlaub und Krankheit – nicht mehr gestemmt bekomme“, eine andere.
Außerdem wünschen sich die Tagespflegepersonen eine Anpassung der Vergütung – derzeit bekommen sie 5,90 Euro pro Kind und Stunde und fordern einen Stundensatz von 6,50 Euro wie etwa in Rheinberg – sowie einen Energiekostenzuschuss.
So geht es weiter
Im Jugendhilfeausschuss wurde der Punkt der Tagespflege von der Tagesordnung genommen, weil noch Klärungsbedarf bestehe. Bei einem Gespräch soll das weitere Vorgehen beraten werden. Dazu will die Stadt laut Sozialdezernentin Dr. Tagrid Yousef die politischen, finanzpolitischen Sprecher und auch den Kämmerer einladen. Schließlich sei ein finanzieller Rahmen involviert, den man abklären möchte, so Yousef.
Das kritisierte Kristina Grafen für die SPD: Es gehe schließlich nicht nur um Geld, es gehe um die Rahmenbedingungen. Und: „Es geht um die Kleinsten“, mahnte sie. Bei keiner jugendpolitischen Maßnahme oder etwa der Schwangerschaftskonfliktberatung oder Drogenberatung sei der Kämmerer gefragt worden.