Hünxe. Die Firma HDB in Hünxe recycelt Baumaterial und Mineralstoffe. So könnte das Unternehmen mit Innovationen die Baubranche nachhaltig verändern.
Was für Branchen fallen einem ein, wenn man an Innovationen denkt? Software, Hardware, irgendwas mit Kommunikation und Computern. Das Recycling von Baustoffen gehört nicht unbedingt dazu. Bis man auf das Gelände der HDB-Recycling im Gebewerbegebiet in Hünxe-Bucholtwelmen fährt und von Geschäftsführer Mirco Curic empfangen wird.
Der Endzwanziger, der weiße Sneaker und weißes T-Shirt zum Anzug trägt, würde sicherlich auch in der Beletage eines Tech-Start-Ups nicht auffallen. Wobei, genau genommen, HDB mit dem so genannten „R-Gestein“ eigentlich ebenfalls ein technologisch innovatives Konzept vorstellt, dass die Baubranche nachhaltig verändern könnte.
Viel Potenzial für Recycling von Baustoffen
Denn auf dem Gelände wird gerade eine Nassaufbereitung für mineralische Mischabfälle in Betrieb genommen. Die von der EU geförderte Anlage ist in der Lage, aus mineralischen Abfällen – von Bauschutt bis Bodenaushub – Primärstoffe herzustellen, die man wieder für den Bau nutzen kann. „Das ist in Europa einzigartig“, sagt Curic. Und die Anlage, so der Geschäftsführer, ist die größte ihrer Art – weltweit.
Bis zu 800.000 Tonnen an Material könnten mit der Anlage aufbereitet werden. Dadurch würde man auf dem Gelände in Hünxe rund 7000 Tonnen CO2 einsparen können. „Sie können hier alle ungefährlichen mineralischen Abfälle reinwerfen und bekommen die Produkte raus, die Sie wollen“, fasst Mirco Curic die Funktionsweise der Anlage zusammen, die mit ihrer Produktion zwei konventionelle Kieswerke ersetzen könnte. Schon allein deshalb, weil man bei der Anlage die Gesteinskörnung, die man braucht, quasi einstellen kann, während man bei einem Kieswerk etwa das Vierfache dessen abbauen muss, was man am Ende an nutzbarem Material gewinnt.
Bis zu 60 Prozent Recyclingmaterial für Betonherstellung
Aber ist das ein Konzept, was sich trägt? Wird nicht ohnehin schon viel Bauschutt in Deutschland wiederverwertet. Theoretisch ja. Praktisch, so zeigt sich in den Zahlen, die Mirco Curic zum Besuch der Wirtschaftsgemeinschaft Hünxe im Unternehmen mitgebracht hat, ist das aber nicht der Fall. Zum Beispiel werden pro Jahr etwa 130 Millionen Tonnen an Boden und Steinen aus dem Boden gebaggert, um sie dann wieder zurück in die Löcher zu kippen.
Insgesamt fallen rund 235 Millionen Tonnen an Material an, dass man mit Anlagen, wie jener in Bucholtwelmen recyceln könnte. Tatsächlich würden bisher nur drei bis sieben Prozent dieses Materials genutzt. Laut einer Studie des Vereins Deutscher Zementwerke (VDZ), aus der Mirco Curic zitiert, werden bisher nur 0,47 Prozent des Materialbedarfs in der Betonherstellung über recycelte Rohstoffe gedeckt. „Hätten wir überall Anlagen, wie wir sie hier haben, wären 50 bis 60 Prozent im Beton möglich“, sagt Curic.
Weniger Flächenverbrauch durch Einsparungen beim Kiesabbau
Das ist aber jetzt nicht das Ende der Kiesindustrie. Denn es fallen nur gut 235 Millionen Tonnen an Material an, gebraucht werden aber rund 500 Millionen Tonnen in Deutschland. „Jede Tonne, die man über Recycling gewinnen kann, ist eine Tonne, die man nicht abbauen muss“, fasst Curic zusammen. Und damit lässt sich am Ende eine Nutzung von Flächen vermeiden, auch wenn das Gelände der HDB schon sehr groß ist. Denn am Niederrhein läge Kies, so Curic, vor allem in Oberflächennähe. Um viel Kies abzubauen, müsse man die Abbaugebiete entsprechend flächig konzipieren.
Ob sich dieser Aufwand am Ende auch lohnen würde, möchte man bei der Wirtschaftsgemeinschaft wissen. „Die Betonindustrie reißt uns das Material aus den Händen“, sagt der HDB-Geschäftsführer. In 90 Prozent der Anwendungsfälle für Beton wäre das Recyclat geeignet. Dabei sei das recycelte Material etwas günstiger, als das abgebaute – die hochwertigen Recyclingstoffe etwas teurer.
Innovation am Standort in Bucholtwelmen geht weiter
Doch in Bucholtwelmen hat man noch längst nicht das Ende der Möglichkeiten erreicht. „Wir forschen an diversen Dingen, die man noch machen kann“, sagt Mirco Curic. So ließe sich mit der Anlage theoretisch auch noch Asbest auswaschen, so dass man auch belastete Ausgangsstoffe wiederaufbereiten könnte, was derzeit noch nicht möglich ist. Außerdem könnte man aus den organischen Stoffen, die in der Nassaufbereitungsanlage ausgefiltert werden, die viel diskutierten E-Fuels (synthetische Kraftstoffe) herstellen – mit Hilfe einer thermischen Verwertung. „Damit könnten wir perspektivisch drei bis vier Prozent des Kerosinbedarfs des Düsseldorfer Flughafens decken“, sagt Curic. Innovation wird in Bucholtwelmen also auch in Zukunft ein Thema bleiben.
>>>Infrastrukturausbau am Standort geplant
Um die verschiedenen Projekte am Standort umzusetzen, hätte Mirco Curic gerne die passende Infrastruktur im Gewerbegebiet Bucholtwelmen. „Wir brauchen Pipelines, Gleise und einen Hafen“, erklärte der HDB-Geschäftsführer.
Den Standort betrachtet der Geschäftsführer als „ganzheitliches Projekt“. So soll etwa in Nähe der Anlage zur Nassaufbereitung noch ein Schulungsraum entstehen, um die Anlage besser erklären und erleben zu können.