Hünxe. Mirco Curic ist mit gerade einmal 26 Jahren zum Mit-Geschäftsführer einer Recycling-Firma in Hünxe aufgestiegen. Nun stehen große Projekte an.

Mirco Curic (28) stammt aus Oberhausen und hat in Bochum Bergbau studiert. Nach dem Examen wurde er Assistent der Geschäftsführung der Firma HDB Recycling gmbH in Hünxe-Bucholtwelmen. 2019 stieg er zu deren Mit-Geschäftsführer auf. Die Firma mit ihren 23 Mitarbeitern bereitet rund 800.000 Tonnen Boden und Bauschutt vor allem hier aus der Region zu neuen Baustoffen auf. Auch die Abnehmer ihrer recycelten Baustoffe stammen größtenteils aus der Region. Straßen.NRW ist einer ihrer Kunden. Derzeit ist Curic´ Blick vor allem auf die Zukunft gerichtet, denn seine Firma baut gerade eines der größten Nass-Recyclingwerke der Welt, das 2023 seine Arbeit aufnehmen und qualitativ besonders hochwertiges Material liefern soll.

Sie haben als sehr junger Mann – mit 26 Jahren – bereits die Geschäftsführung eines Unternehmens übernommen. Wie kam es dazu? Die meisten Leute müssen sich hochkämpfen...

Begonnen habe ich als Geschäftsführer eines Windparks in Hünxe Anfang 2017, wo ich vor allem den Aufbau begleitet habe. Eine spannende Aufgabe, bei der ich viel lernen konnte. In dieser Zeit habe ich die Gebrüder Tielkes, die Gründer der HDB Recycling, kennengelernt. Wir tauschten uns über viele Missstände in der Bauwirtschaft aus und waren uns schnell in unseren Absichten einig. 2019 schenkten sie mir so viel Vertrauen, dass sie mich zum Mit-Geschäftsführer der HDB Recycling ernannten. Seitdem leiten wir das Unternehmen gemeinsam.

Wie haben Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen darauf reagiert, dass der neue Chef jünger war als viele von ihnen?

Damit umzugehen, musste ich schon sehr früh lernen – und sicherlich hat nicht immer alles geklappt. Aber ich denke, in den meisten Fällen ist es mir geglückt, die Leute bei den Themen, die ich vertrete, sachlich zu überzeugen und da, wo mir Erfahrung fehlt, zuzuhören. Ich habe nie geglaubt, die Dinge besser zu können als die, die sie schon seit vierzig Jahren machen.

Und was sagen Ihre – sicherlich meist älteren – Verhandlungspartner*innen, wenn ihr Gegenüber noch nicht in Ehren ergraut ist?

In der Regel reagieren sie zunächst mit Skepsis. Da mich die meisten aber schon seit Jahren kennen, zum Teil aus meiner Zeit als Assistent, war die Überleitung gut geglückt. In der Regel nutze ich Gespräche, um die Sichtweise älterer Kollegen zu verstehen und unter Umständen zu übernehmen, zumindest aber, um daraus etwas mitzunehmen. Das kommt in der Regel nicht schlecht an.

Was machen junge Leute anders, wenn sie an der Spitze eines Unternehmens stehen?

Im ersten Moment fragen und vor allem hinterfragen sie mehr. „Wir“ brechen mit vielem, „was schon immer so war“, weil wir etwas verändern wollen. Um dann meist schnell festzustellen, dass es ganz häufig seine Gründe hat, warum etwas schon immer so gemacht wurde. Ein Spagat, den man dann meistern muss.

Sie leiten ein Unternehmen, das Baumaterialien recycelt und bauen gerade in Hünxe-Bucholtwelmen die laut Herstellerfirma größte Nass-Recyclinganlage der Welt. Haben junge Menschen wie Sie einen anderen Blick auf ökologische Themen wie Recycling?

Auf jeden Fall. Aber ich würde das nicht nur auf das Alter U30 beziehen. Meine Geschäftsführerkollegen sind da mindestens genauso große Treiber – Ich glaube, es hat etwas mit dem persönlichen Mindset zu tun. Wichtig ist, denke ich, dass ältere Generationen, die heute noch Entscheidungen treffen, diese nicht nur mit Blick auf ihre persönliche Rente treffen.

Woher kommt überhaupt Ihr Interesse für Recycling? Wollen Sie die Welt retten? Und/oder ist Recycling unternehmerisch besonders lohnend?

Mein Interesse wurde geweckt, als ich in Projekten mit der ja bereits bestehenden HDB in Berührung kam. Da hat man schon immer vieles anders gesehen und gemacht. Das steckte an und erweiterte den Blick. Der Erfolg gab uns Recht. Glücklicherweise müssen wir uns nicht zwischen wirtschaftlich lohnend und Umwelt-schonend entscheiden, mit Ressourcenschonung geht beides gehen auf. Wir wollen nicht die Welt retten, aber gerne so viele Ressourcen zurückgewinnen, wie irgendwie möglich.

Sie produzieren Material, das Sand und Kies ersetzen kann. Sand und Kies sind endlich. Wird ein vollständiger Ersatz irgendwann möglich? Und an welchen Stellschrauben muss die Politik drehen, dass noch mehr und – vielleicht auch qualitativ hochwertiger – recycelt wird?

Meiner Meinung nach gibt es einen Weg zu deutlich weniger Abbau. Flächendeckendes Recycling könnte bundesweit 20 bis 30 Prozent des Primärbaustoffs ersetzen. Der deckt sich zurzeit noch zur Hälfte aus Kies und Sand. Weitere Steigerungen sind möglich.

Es ist viel von Kreislaufwirtschaft die Rede, Recycling ist deren wichtigster Baustein. Wird sie sich auch in anderen Bereichen durchsetzen? Und wie könnte man den Weg dorthin beschleunigen?

Das bleibt nur zu hoffen. Ich bin überzeugt, dass sich sofort große Veränderungen einstellen könnten, sobald Recycling Geld bringt. Dann werden plötzlich alle kreativ. Es gibt auch bereits viel Innovation, die mehr gefördert und genutzt werden müsste. Da hoffe ich auch auf die Ampel-Regierung.

Kies spielt eine wichtige Rolle am Niederrhein, er bringt Arbeitsplätze, Steuern... Kann Recycling da an die Stelle von Kies und Sand treten? Wenn ja, wie lange wird es dauern, bis es so weit ist?

Recycling schafft mehr Arbeitsplätze pro rückgewonnener Tonne als Kies und Sand. In der Regel ist außerdem die Wertschöpfung höher, und damit werden dann auch mehr Steuern gezahlt. Die Frage ist, wie viele Tonnen tatsächlich gewonnen werden. Und da gehen die Meinungen auseinander.

Der Kreis Wesel würde gern Recycling-Hotspot werden. Ist der Niederrhein überhaupt geeignet als bedeutender Standort für die Recycling-Industrie?

Der Niederrhein ist ein ausgezeichneter Standort dafür. Die geographische Lage ist gut - durch den Rhein, durch gute Gleisanbindung, die noch ausgebaut werden soll, sowie durch die Autobahn, die direkt ins Ruhrgebiet und in die Niederlande führt. Außerdem ist am Niederrhein die Bereitschaft zu nachhaltiger Veränderung gegeben.