Voerde. Stefan Weltgen gibt bei der SPD Voerde sein Amt als Vorsitzender ab. Er stellt sich bei der Mitgliederversammlung im Mai nicht zur Wiederwahl.

Bei der SPD steht ein Wechsel an der Spitze an: Stefan Weltgen, seit sechs Jahren Vorsitzender der Sozialdemokraten in Voerde, wird bei den am 10. Mai stattfindenden Vorstandswahlen seinen Hut nicht erneut für dieses Amt in den Ring werfen. Der 53-Jährige erklärt seinen Schritt mit beruflichen Gründen: Die Entscheidung sei durch die gestiegenen Herausforderungen in seinem „,Hauptjob’ als Geschäftsführer des Diakoniewerks Oberhausen“ motiviert. Was das „Hobby Politik“ betrifft, werde er sich künftig auf die Ausübung seines Ratsmandates konzentrieren. Dazu gehört die Arbeit im Sozialausschuss, dessen Vorsitzender Weltgen ist. Er beobachte, dass das politische Klima auch in Voerde rauer werde. Aus seiner Sicht muss es „mehr denn je um eine sachorientierte Auseinandersetzung“ gehen, das „Primat der Vernunft und nicht der Ideologie“ müsse im Vordergrund stehen.

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Der gebürtige Spellener schaut, wie er erklärt, auf eine „erfolgreiche Zeit als Vorsitzender in der SPD Voerde“ zurück. Dazu gehören für ihn die „Integration vieler junger Menschen in politisch verantwortliche Positionen“ sowie überparteiliche Kundgebungen zu Veranstaltungen der AfD in Voerde und zum Krieg in der Ukraine. Des weiteren denkt Weltgen, der seit 2009 Mitglied der SPD ist, an die Ergebnisse der Kommunalwahl 2020, als seine Partei erneut stärkste Fraktion im Rat wurde, Dirk Haarmann als Bürgermeisterkandidat mit fast 67 Prozent der Stimmen ein deutliches Ergebnis einfuhr und alle drei Kreistagsmandate geholt wurden. Neben der Bundestagswahl, aus der Olaf Scholz als Kanzler hervorging und bei der Rainer Keller, „der leider viel zu früh verstorben ist“, das Direktmandat gewann, nennt Weltgen den Abgeordneten René Schneider. Mit ihm habe Voerde wieder einen Vertreter im Landtag, „der sich wirklich um unsere Belange kümmert“.

Niederlagen während seiner Zeit als Chef der Voerder SPD könne er so nicht benennen, erklärt Stefan Weltgen gegenüber der NRZ. Es betrübe ihn aber sehr, wenn er mitbekomme, „wie leichtfertig Menschen mit unserer freiheitlichen Demokratie umgehen“. Und: „Wenn jeder nur an sich denkt, ist trotzdem noch nicht an alle gedacht.“ Beklagenswert findet es der Sozialdemokrat zudem, wenn politische Entscheidungen wie etwa die Altschuldenproblematik der Kommunen „wider besseren Wissens auf zum Beispiel Landesebene verschleppt werden und wir in unserer Stadt das Gefühl bekommen müssen, bewusst abgehängt zu werden“. Es sei nicht „gottgegeben, dass unsere Infrastruktur an einigen Stellen in so einem schlechten Zustand ist“.

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Die großen Herausforderungen in der Politik bleiben für Weltgen die Themen soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz und Einsatz für „ein friedliches und respektvolles Zusammenleben der Menschen in unserer Stadt und darüber hinaus“. Ein Beitrag auf Facebook ersetze nicht das politische Gespräch und „das Ringen“ um die beste Lösung. „Ich bin in Sorge, dass wir als Bürger den Schatz unserer demokratischen Kultur verdaddeln“, erklärt Weltgen. Aus seiner Sicht braucht es „eine viel stärkere selbstverständliche Beteiligung ,normaler Bürger’“ in den politischen Entscheidungsgremien. Ansonsten dürfe man nicht überrascht sein, wenn dort irgendwann nur noch Menschen zu finden sind, die „ihre eigenen Interessen“ im Sinn haben. Die Ergebnisse von Politik könnten immer nur so gut sein wie die Motive derer, die sie machen, meint Weltgen. Der 53-Jährige betont, dass es schon jetzt Menschen gibt, die „mit Feuereifer und langem Atem bei der Sache“ seien.

Auf die Frage, wo er bei der eigenen Partei Nachholbedarf sieht, erklärt Weltgen: „Ich wünschte mir, dass sich mehr Menschen auf das Abenteuer Politik einlassen und einfach mitmachen.“ Für ihn gilt es, mit überkommenen Vorstellungen aufzuräumen, um neue Kräfte gewinnen zu können: „Das Bild vom Zigarre rauchenden Funktionär im Hinterzimmer hat ausgedient. Politik als Hobby darf auch Freude machen.“ Darüber hinaus müsse der Zusammenhang zwischen eigenem Engagement und politischer Entscheidung noch besser erfahrbar sein: „Es ist nicht egal, ob ich da mitmache oder nicht. Meine Stimme macht den Unterschied. Politik ist nicht alleine etwas für Profis, sondern auch für Menschen wie du und ich.“ Zudem sei es wichtig zu erkennen, dass politisches Engagement befristet sein könne. „Natürlich braucht es eine gewisse Einarbeitungszeit, aber die lebenslange Verhaftung im Ratssaal ist sicherlich nicht mehr das Modell der Zukunft“, konstatiert Weltgen mit Verweis auf sich ändernde Lebenssituationen.

Anforderungen an die Nachfolge

Für seine Nachfolge werde der Ortsvereinsvorstand den Mitgliedern bei der Versammlung im Mai „einen sehr guten Vorschlag machen“, sagt Weltgen. Namen nennt er nicht, er wolle der Veranstaltung nicht vorgreifen. Das Anforderungsprofil formuliert er so: „Es braucht ausreichende zeitliche Ressourcen und Energie, die anstehenden Herausforderungen zu meistern. Darüber hinaus gilt es, zu integrieren und die manchmal sehr unterschiedlichen Meinungen zu einem gemeinsamen Ziel zu führen.“