Voerde. Vorsitzender Ingo Hülser und sein Vize Nicolas Kotzke schließen Kippen des Ratsbeschlusses nicht aus. Projekt war ein Thema bei Klausurtagung

Die CDU-Fraktion fordert, im Bauleitplanverfahren, mit dem die Weichen für die Ansiedlung des umstrittenen Logistikparks im Hafen Emmelsum gestellt werden sollen, den Fuß von dem ihrer Ansicht nach durchgetretenen Gaspedal zu nehmen. „Wir können den Druck in der Sache nicht nachvollziehen“, erklärt der Vorsitzende Ingo Hülser. Mit FDP, Grünen, WGV und Die Partei haben die Christdemokraten jüngst den Antrag gestellt, zunächst die Frage zu klären, ob die Freifläche, um die es geht, heute bereits von einem Investor bebaut werden könnte. Die Stadtverwaltung habe dies in der Dezember-Sitzung 2022 des Rates schon eingeschränkt: Nur Trimet – das betreffende Areal liegt in Nachbarschaft zu dem Aluproduzenten – könne dies. Die Antragsteller argumentieren, dass dem weiter die textlichen Einschränkungen im heute gültigen Bebauungsplan entgegenstünden. Die Stadt wollte sich zur Klärung an den RVR wenden. Der Politik sei bisher keine Antwort vorgelegt worden, heißt es in dem Antrag weiter.

Der schlimmste Fall

CDU-Fraktionsvize Nicolas Kotzke führt ein von der Verwaltung gezeichnetes Szenario an, wonach im schlimmsten Fall ein Investor komme, der, auf Grundlage des noch bestehenden rechtsgültigen Bebauungsplans, das Grundstück auch heute schon zu Lagerzwecken von beispielsweise Schüttgut ohne die Errichtung von Gebäuden nutzen könnte. Dieses Argument habe seinem Eindruck nach dazu geführt, dass die bis dahin kritisch verlaufene Diskussion in der gemeinsamen Sitzung des Stadtentwicklungsausschuss und des Ausschusses für Liegenschaften und Wirtschaftsförderung im März 2022 „gekippt“ sei.

Vier Wochen später votierte der Rat mehrheitlich bei 27 Ja- und zwei Nein-Stimmen und zwölf Enthaltungen dafür, das Bauleitplanverfahren (Änderung des Flächennutzungsplans und Aufstellung des Bebauungsplans 139 Logistikpark Hafen Emmelsum) einzuleiten. Es waren damals einzig die Grünen, die dagegen votierten. „Wir müssen uns über die Grundlagen klar werden“, erläutert Kotzke die Hintergründe des Antrages. Für die Beantwortung der offenen Fragen müsse sich entsprechend Zeit genommen werden. Und wenn nötig, werde über den Offenlagebeschluss dann in einer späteren Sitzungsfolge entschieden.

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Dabei schließen Ingo Hülser und Nicolas Kotzke nicht aus, dass der Ratsbeschluss von April 2022 womöglich wieder einkassiert werden könnte. Die CDU-Fraktion, die sich unlängst während einer Klausurtagung auch mit dem Thema befasste, habe gegenüber dem Logistikpark-Projekt „insgesamt eine ablehnende Haltung“ – wobei Hülser allerdings bemerkt, dass man darüber nicht abgestimmt habe. Bei der Tagung habe man über eine alternative Nutzung der Fläche gesprochen – „von der Nullvariante“ bis dahin, dass über andere Ideen der Flächenentwicklung diskutiert werden müsse. Die CDU-Fraktion möchte nach Bekunden ihrer Spitze in andere Richtungen denken. Der „Königsweg“ wäre für Kotzke eine „zukunftsweisende Nutzung, von der Voerde etwas hat“ und die im Einklang mit der Natur stünde.

Er und Hülser sprechen das Thema Wasserstoff an und erinnern an die Ankündigung, dass DeltaPort, zu dem auch der Hafen Emmelsum gehört, zu einem „Wasserstoff-Drehkreuz“ ausgebaut werden soll. Angesichts dessen fragt sich die CDU-Fraktion, ob es wirklich schlau sei, alle Flächen im Bereich des Hafenverbundes mit Logistik zu belegen. Kotzke und Hülser verweisen auf die stromintensive Aluminiumherstellung: „Kann Trimet etwas mit Wasserstoff anfangen?“ Vielleicht böte sich die Option, auf der Freifläche neben der Aluhütte zum Beispiel einen unterirdischen Kavernenspeicher für Wasserstoff anzulegen – wenn dies technisch möglich wäre. Das gelte es zu prüfen.

Generell sieht die CDU-Fraktion die Notwendigkeit, dass die Stadt sich bei der Ansiedlung von Firmen anders aufstellt, um „weniger anfällig“ für wirtschaftliche Schwankungen zu sein: „Voerde ist nicht immer gut damit gefahren, sich auf einige wenige Branchen zu beschränken“, erklärt Nicolas Kotzke. Was die Folgenutzung des Kraftwerksgeländes, auf dem RWE ein Wasserstoff-Vorhaben realisieren will, betrifft, rückt für die Christdemokraten die zwischen dem Montageparkplatz und dem Bahndamm gelegene Ackerfläche an der Rahmstraße in den Fokus. Das Grundstück möchten sie „vor dem Hintergrund“ der „Gewerbeflächenknappheit“ in Voerde für örtliches Kleingewerbe reserviert sehen. Dass ihn der Verlust weiterer drei Hektar Ackerfläche nicht begeistern, daraus macht Landwirt Ingo Hülser indes als keinen Hehl. Aber wenn schon Ackerfläche anderweitig genutzt würde, dann solle etwas für das Voerder Gewerbe getan werden, meint Nicolas Kotzke.

Projekte priorisieren

Während der Klausurtagung befasste sich die CDU-Fraktion auch mit dem von ihr monierten „Investitionsstau“. Kotzke nennt beispielhaft dafür etwa die seit einem Jahr geschlossene Aussegnungshalle am Waldfriedhof an der B8, für die bis zu ihrem Neubaueine Übergangslösung geschaffen werden soll, oder den Ausbau der Alten Hünxer Straße. Im September 2019 habe es dazu die Anliegeranhörung gegeben. Die Bürger stünden bei Beerdigungen auf dem Waldfriedhof im Regen und in der Kälte, für den früheren Sportplatz an der Heidestraße, auf dem Wohnen möglich werden soll, sei noch kein Bebauungsplan beschlossen. Angesichts des dafür gebundenen Personals entstehe das Gefühl, der Logistikpark solle „mit Schwung“ über die Bühne gebracht werden, erklärt Hülser.

Es gelte, alle durch die Politik beschlossenen Investitionen aufzulisten und zu klären, welche personellen und finanziellen Ressourcen dafür benötigt werden, und die Projekte zu priorisieren, erklärt Kotzke. Dabei müsse es um die Frage gehen, wie in dem Rahmen „das Beste für die Bürger“ herauskomme.

>>Info: Europaabgeordneter bei Klausurtagung zu Gast

Begrüßen konnte die Voerder CDU-Fraktion auf ihrer Klausurtagung auch Stefan Berger. Der Europaabgeordnete (MdEP) habe erläutert, wie wichtig es sei, die Ukraine zu unterstützen. Auch ging es um die Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB), den Leitzins anzuheben, und die daraus folgenden finanziellen Zusatzlasten für die Kommunen.