Voerde. Auf Wunsch des Bürgermeisters fährt beim Voerder Karnevalszug ein besonderer Wagen mit. Die fünfte Jahreszeit steuert auf ihr großes Finale zu.
Die fünfte Jahreszeit steuert auf ihr großes Finale zu: Die Stadt muss sich wappnen, denn am Donnerstag (16. Februar) begehren die Jecken in Voerde die Macht. Dann steht der Rathaussturm in ihrem Terminplan. Auch an Altweiber wieder arbeiten der 1. Voerder Karnevalsverein (VKV) und die närrische Abteilung des Männergesangvereins (MGV) „Eintracht“ Spellen Hand in Hand – nach dem Motto „In den Farben getrennt, in der Sache vereint“. Nicht nur wird das von beiden gestellte Dreigestirn für ganz Voerde – Prinz Florian I. (Florian Lützler), Bauer Pippo I. (Petrick Markert) und Jungfrau Benny I. (Benny Sattler) – mit von der Partie sein, wenn es darum geht, dem Chef im Rathaus den Schlüssel zur Macht abspenstig zu machen. Pia Awater, Jecke des MGV „Eintracht“ Spellen, und Lisa Hüsken, eine der Elferatsobfrauen des VKV, werden Bürgermeister Dirk Haarmann vor einige Rätsel stellen. Und dabei tritt der Verwaltungschef gegen die Jungfrau im Dreigestirn, Benny I., an, wie der VKV-Vorsitzende Martin Scholz erklärt.
Auch interessant
Bevor es soweit ist, gibt es am frühen Morgen ein Treffen der Jecken im Seniorenheim carpe diem an der Bahnhofstraße. Dort beginnt um 8 Uhr ein Weiberfrühstück, danach, etwa zwei Stunden später machen sich die Närrinnen und Narren auf den Weg in Richtung Innenstadt, halten vor ihrem Gang ins Rathaus bei Volksbank und Sparkasse an und holen sich dort Verstärkung. Nachdem die Macht im Rathaus bis Aschermittwoch erobert ist, wird in dem Gebäude bis etwa 13 Uhr gefeiert, wie Martin Scholz schätzt. Danach folgen ein Empfang bei der Volksbank und einer bei der Sparkasse. Weiter geht es schließlich im „Feuer & Flamme“, ehedem „Henn op den Damm“, an der B8. Die Feier zur Weiberfastnacht startet dort um 13 Uhr.
Der Höhepunkt der Session steht in Voerde am Sonntag an: Der Karnevalszug, dessen Veranstalter der VKV ist, fährt nach zweijähriger Pause in Folge der Corona-Pandemie wieder durch die Innenstadt. Insgesamt sind 43 Teilnehmer gemeldet – neben 23 großen Wagen auch kleinere sowie Fußgruppen und Musikzüge. Besonders ins Auge fallen dürfte unter anderem auch der unter der Last der Corona-Folgekosten und der Altschulden ächzende Esel, mit dem das Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ gegenüber Bund und Ländern die schwierige finanzielle Lage der Kommunen angesichts von Corona-Lasten und Altschulden in Erinnerung ruft.
So machte es etwa im Oktober 2021 mit dem vom Düsseldorfer Karnevalswagenbauer Jacques Tilly gestalteten Kampagnenwagen in Berlin gegenüber CDU/CSU, SPD, Grünen, FDP und Linken auf die angespannte Finanzsituation der Kommunen aufmerksam. Oder im Mai 2022 in Düsseldorf. Damals protestierten Vertreter verschiedener Kommunen in der Landeshauptstadt für eine Lösung der Altschuldenfrage in NRW. Mit von der Partie war auch Bürgermeister Dirk Haarmann. Der 1. Voerder Karnevalsvereins erfüllte den Wunsch des Verwaltungschefs und holte den Kampagnenwagen des Aktionsbündnisses vor wenigen Tagen in die Stadt, wo er am Sonntag, 19. Februar, Teil des Tulpensonntagszuges sein wird.
„Der Esel kommt auf einen Anhänger und wird von einem Trecker gezogen“, erklärt der VKV-Vorsitzende Martin Scholz. Fahren wird das Werk von Jacques Tilly vor dem Senatorenwagen – dem vorletzten Gefährt im närrischen Lindwurm. Von dort aus wird nicht nur Voerdes Bürgermeister Kamelle & Co. auf das Narrenvolk am Wegesrand regnen lassen. Auch seine Amtskollegin, die Dinslakener Bürgermeisterin Michaela Eislöffel fährt auf dem Senatorenwagen mit – wie unter anderem ebenfalls der Landtagsabgeordnete René Schneider (SPD) oder der stellvertretende Bürgermeister Bert Mölleken (CDU).
Auch interessant
Der Voerder Tulpensonntagszug am 19. Februar soll sich um 11.11 Uhr in Bewegung setzen. Die Zugteilnehmer stellen sich an der Allee auf. Der offizielle Start und damit auch der Kamellewurf erfolgen an der Bahnhofstraße, wie der VKV auf seiner Facebook-Seite mitteilt. Für Besucher mit Kindern empfiehlt der Veranstalter die Bahnhofstraße, den Rathausplatz oder die Steinstraße als Bereiche, von wo aus sie den Zug am besten verfolgen können.
>>Info: Bürgermeister erklärt Teilnahme des Lastenesels am Karnevalszug
Seinen Wunsch, den Kampagnenwagen des Aktionsbündnisses „Für die Würde unserer Städte“ beim Karnevalszug in Voerde mitfahren zu lassen, erklärt Bürgermeister Dirk Haarmann so: „Wir sollten jede Gelegenheit nutzen, auf die Ursachen der finanziellen Situation der Kommunen und auch speziell der Stadt Voerde hinzuweisen. Politische Botschaften sind bei anderen Zügen durchaus üblich und passen meiner Ansicht nach auch zum Voerder Zug.“ Dort lasse sich als Wirkung „zumindest eine erhöhte Aufmerksamkeit“ für dieses Thema erzielen, findet der Verwaltungschef, der, wie berichtet, mit Sorge auf die Entwicklung der Stadtfinanzen blickt. Anlass sind unter anderem die „stark angestiegenen Marktpreise“ für Lieferungen und Leistungen sowie für Energie oder die „erheblich gestiegenen“ Zinsen. Nach wie vor treiben Haarmann die Altschulden der Kommunen um, deren Übernahme durch Bund und Länder das Aktionsbündnis fordert.
Abseits der Sensibilisierung für diese Problematik, die der Lastenesel „Kommune“ als Teil des närrischen Lindwurms womöglich erreichen kann, macht es Haarmann Spaß zu sehen, „mit welcher Freude und Begeisterung Kinder und Erwachsene den Zug begleiten“. Für viele sei der Tag ein Anlass, sich traditionell mit Freunden und Verwandten zu treffen und zu der Veranstaltung zu gehen: „Die meisten sind mit viel Phantasie verkleidet. Ein schönes Bild vom Wagen aus.“ Überhaupt fördere der Voerder Karneval den Gemeinsinn und bereite denen, die es mögen, große Freude. Haarmann beschreibt sich als „karnevalsaffin“: „Gelegentlich habe ich auch vor meiner Bürgermeisterfunktion Karnevalsveranstaltungen besucht. Solange ich nicht während meiner Zeit als Erster Beigeordneter in Wesel an der dortigen Eselordensveranstaltung teilgenommen habe, war der Zug in Voerde für unsere Familie eine ,Pflichtveranstaltung’.“ Dieser sei „ein wichtiges Aushängeschild mit einer positiven Aufmerksamkeit“ und „ein starkes Signal dafür, was Ehrenamt im Brauchtum auf die Beine gestellt bekommt“.