Dinslaken. SPD, CDU und UBV setzen ihren Antrag zum Freibadareal Hiesfeld durch – und lassen somit die Frist zur Beantragung von Fördermitteln verstreichen.

Dass diese Ratssitzung eine besondere würde, zeigte sich schon auf dem Weg zum Tagungsort: Vor der Kathrin-Türks-Halle verteilte „Die Partei“ Popcorn und Wasser, drinnen überreichte Ratsherr Thomas Giezek der Bürgermeisterin eine große Glocke und erinnerte damit ans Glockenhaus, das nun zwar saniert wird, aber eben ohne Glockenspiel bleibt – und die Linke hatte drei Gutscheine für die Fraktionsvorsitzenden von SPD, CDU und UBV mitgebracht: für ein „M(a)uschelessen im Bistro Hinterzimmer“. Auf der Tagesordnung standen viele Themen, vor allem aber ging es um die Zukunft des Freibades Hiesfeld – und den Stellenwert von Bürgerbeteiligung.

Den Antrag, der im August offenbar infolge eines Mittagessens nach der Stadtwerke-Aufsichtsratssitzung entstanden war, hatten SPD, CDU und UBV schon wieder verworfen und eine abgemilderte Variante eingereicht, die zwar weiterhin eine Beauftragung der Stadtwerke vorsieht, diesen und der Politik aber mehr Zeit einräumt. Zeit, den Stadtwerke-Entwurf auf Grundlage der Bürgerbeteiligung zu überarbeiten, Informationen einzuholen und zu diskutieren. Zeit, in der die Bürgermeisterin einen Kompromiss herbeiführen sollte zwischen dem dann fertigen Entwurf der Stadtwerke und dem längst fertigen von DinFleg, Landschaftsarchitekturbüro und Bürgern – ansonsten solle die Wahl bei einem Bürgerentscheid fallen.

Absage der Bürgermeisterin

Diesem Ansinnen erteilte Bürgermeisterin Michaela Eislöffel schon zu Sitzungsbeginn eine Absage. Es habe bereits einen zweijährigen Dialog zum Thema gegeben und sie sehe weder die Möglichkeit, in der Kürze der Zeit einen Kompromissvorschlag erarbeiten zu können, noch die Notwendigkeit. „Ich sehe mich da zum jetzigen Zeitpunkt nicht in der Verantwortung“, so die Bürgermeisterin. Vielmehr seien SPD, CDU und UBV am Zug: „Wenn ich einen Schaden verursache, muss ich dafür sorgen, dass ich ihn behebe,“ schalt Michaela Eislöffel und erntete dafür Applaus der etwa 70 Zuhörenden. Eine Moderation „mit drei schweigenden Herren“ sei zudem „eine besondere Herausforderung“, fügte Eislöffel noch hinzu – mit Blick auf die Fraktionsvorsitzenden von SPD, CDU und UBV, die in beiden Ratssitzungen bislang nichts zum Thema gesagt hatten.

Popcorn und Wasser zur Ratssitzung – Stephan Heidemann, Christian Fath und Kathrin Stremplowski-Hagedorn von „Die Partei“ erwarteten großes Kino.
Popcorn und Wasser zur Ratssitzung – Stephan Heidemann, Christian Fath und Kathrin Stremplowski-Hagedorn von „Die Partei“ erwarteten großes Kino. © NRZ | aha

SPD vermisste „objektive Argumente“ und „Respekt“

Es seien, so erklärte SPD-Fraktionsvorsitzender Jürgen Buchmann den neuerlichen Antrag, noch viele Fragen offen: zum Artenschutz, zum Haushalt, zu Planungsfragen. Zudem stehe das OVG-Urteil zur Klage des Freibadvereins noch aus. Doch vier Minuten nach Diskussionseröffnung beantragte Peter Steinbeißer (SPD) bereits deren Ende: Er vermisse „objektive Argumente“ und den „Respekt“ des Publikums.

Die Linke: „Schrödersche Basta-Politik“

„Was haben Sie eigentlich für ein Demokratieverständnis?“, entgegnete Dieter Holthaus (Die Linke), der von „Schröderscher Basta-Politik“ sprach: „Sie bringen einen Antrag ein und geben den Ratsmitgliedern nicht einmal die Gelegenheit, ihn zu diskutieren?“ Dieses Ansinnen lehnte auch die Mehrheit des Stadtrats ab.

Appelle von FDP und Grünen

Somit hatte Gerald Schädlich (Fraktionsvorsitzender FDP) noch Gelegenheit, daran zu erinnern, dass auf der Basis des DinFleg-Entwurfs bis 15. Oktober Fördermittel in Höhe von 90 Prozent beantragt werden können: „Wir haben alle geschworen, Schaden von der Stadt abzuwenden“, so Schädlich – vor diesem Hintergrund sei es leichtsinnig, die Förderfrist verstreichen zu lassen.

Nach zwei Jahren Diskussionsbedarf anzumelden und einen von der Bürgermeisterin herbeigeführten Kompromiss einzufordern, sei „ein Affront“, fand Beate Stock-Schröer, Co-Fraktionsvorsitzende der Grünen. Im kommenden Jahr seien die Fördertöpfe möglicherweise leer, das Konzept der DinFleg passe zur Ausschreibung, die Stadt solle auf dessen Basis Fördermittel beantragen.

Die Partei: „Alles kann, nichts muss, wo was hinkommt, ist eigentlich egal“

Die Stadtwerke hingegen, so Frank Spieker (Fraktionsvorsitzender der Partei „Die Partei“) hätten ein „Nicht-Konzept“ nach dem Motto „Alles kann, nichts muss, wo was hinkommt, ist eigentlich egal“ präsentiert und der neue Antrag der Fraktionen mache „die Sache nicht besser“. SPD, CDU und UBV hätten sich „immer noch nicht zu der Entstehungsgeschichte, zum Mittagsessen nach der Aufsichtsratssitzung geäußert.“ Er erinnerte daran, dass der Bürger beziehungsweise die Bürgerin der Souverän sei – die Menschen also, „die bei der letzten Ratssitzung hinter Euch saßen, denen Ihr permanent den Rücken zugedreht habt, denen Ihr nicht zugehört habt, weil Eure Handys wichtiger waren“, so Spieker in Richtung SPD, CDU und UBV.

SPD: Bürgerbeteiligung ist nicht bindend sondern „nur beratend“

Bürgerbeteiligung, so fand hingegen Ronny Schneider (SPD), sei zwar „wichtig und eine große Chance, für politisch Verantwortliche, Kompetenz dazuzugewinnen und zu lernen“. Sie habe aber am Ende nur eine „beratende Funktion“ – entscheiden würden „die gewählten Vertreter“. Und so sprach sich in geheimer Abstimmung eine Mehrheit von 27 zu 22 Ratsleuten für den Antrag von SPD, CDU und UBV aus – und lässt somit Fördermittel in Höhe von rund drei Millionen Euro liegen.

Stadtverwaltung: „Fachlich nicht zu realisieren“

Der Stadtrat kann „Frau Eislöffel nicht beauftragen, einen Kompromissvorschlag persönlich herbeizuführen“, erklärte Stadtsprecher Marcel Sturm auf NRZ-Nachfrage. Der Auftrag richte sich an die Verwaltung als Ganzes und an die Bürgermeisterin in ihrer Funktion als Leiterin. Der gefasste Beschluss sei „fachlich in der vorgegebenen Zeit nicht zu realisieren. Zwischen der Dezembersitzung und dem Beginn der ersten Sitzungsfolge 2023 liegen nur wenige Wochen sowie die Weihnachtsferien. In dieser Zeit wird es aller Voraussicht nach nicht möglich sein, eine Verständigung zwischen allen Beteiligten zu erzielen.“