Dinslaken. Die Stadtwerke Dinslaken stellten ihr Konzept fürs Hiesfelder Freibadareal vor. Es gab Applaus und Buhrufe – und eine Überraschung.

Als Gerd Baßfeld vor der Sondersitzung des Stadtrats zur Zukunft des Hiesfelder Freibadgeländes das Publikum in der Kathrin-Türks-Halle fotografierte, ging es dem Fraktionsvorsitzenden der Linken vor allem um die Menge: Rund 180 Zuschauer – das hat es in einer Ratssitzung in Dinslaken noch nie gegeben! Dass ihm auch ansonsten eine bemerkenswerte Sitzung mit bevorstand, konnte Baßfeld zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen.

In erster Linie waren an diesem Abend die Stadtwerke aufgefordert, ihren Entwurf zur Nachnutzung des Freibadgeländes vorzustellen. Öffentlich bekannt war bislang nur das Konzept (Kosten: 5,2 Mio. Euro, erhoffte Förderung von 60 oder 85 Prozent), das die städtische Entwicklungsgesellschaft DinFleg gemeinsam mit Bürger und dem Landschaftsarchitekten Stephan Lenzen erarbeite hatte, und den dieser im Verlauf der Sitzung, begleitet von Szenenapplaus, nochmals präsentierte.

Einen Stadtwerke-Entwurf, den SPD, CDU und UBV statt dessen kurzfristig ins Spiel gebracht haben, um Kosten zu sparen, gab es bislang nur aus dem Jahr 2019, eine Veröffentlichung haben die Stadtwerke bislang untersagt. Dieser Entwurf wurde nun, so Stadtwerke-Geschäftsführer Josef Kremer, „kurzfristig“ überarbeitet, im Vorfeld kritisierte Elemente wie Hüpfburg und Mini-Scooter wurden gestrichen.

Das ist der Stadtwerke-Entwurf

Die aktuelle Fassung, die laut Kremer noch veränderbar ist, sieht ein Restaurant im alten Freibadgebäude mit angebautem Wintergarten und Biergarten vor, eine Event-Plaza, Adventure-Golf, Abenteuer- und Wasserspielplatz, Liege-, Spiel und Feuchtwiesen, Kneipp-Becken und Salinarium. Der Bachlauf, so meint Kremer – abweichend von den Darstellungen des Lippeverbands – , könne in den Adventure-Golf-Platz integriert werden, der in erster Linie aus Rasenflächen bestehe. Die versiegelte Fläche inklusive Adventure-Golf: 5200 Quadratmeter, 1200 mehr als der DinFleg-Entwurf. „Wir wollen gar nicht so viel ändern“, erklärte Kremer, das sei auch das Anliegen von SPD, CDU und UBV. Der Entwurf beinhalte lediglich „kostenreduzierende Maßnahmen“, es gehe nicht um Wirtschaftlichkeit, betonte der Stadtwerke-Chef, der daher die „Diskussionen und Panikmache nicht verstanden“ habe.

Das Konzept der Stadtwerke Dinslaken fürs Freibadareal.
Das Konzept der Stadtwerke Dinslaken fürs Freibadareal. © Stadtwerke Dinslaken | Stadtwerke Dinslaken

Die Kosten hatten die Stadtwerke auf Anfrage der Grünen gegenüber der Stadt zuletzt mit 7,14 Millionen Euro angegeben, die laufenden Kosten mit 250.000 Euro im Jahr und die erwarteten Einnahmen mit 425.000 Euro im Jahr – davon 350.000 Euro aus jährlich bis zu zehn Event-Veranstaltungen.

Im Rat präsentierte Kremer diese Rechnung: Die Belastung für den städtischen Haushalt auf Basis des DinFleg-Entwurfs liege bei 184.000 Euro (bei einer möglichen 60 Prozent Förderung) oder 141.000 Euro (80 Prozent Förderung) im Jahr. Die Stadt, so der Stadtwerke-Chef, „hat zwei Möglichkeiten, diese Einnahmen zu generieren: Ausschüttung der städtischen Tochter oder Steuererhöhungen“. Die jeweilige Summe, die die Stadtwerke erwirtschaften müssten, um diese Kosten des DinFleg-Entwurfs per Ausschüttung zu tragen – inklusive Kapitalertragssteuer, Soli, Körperschafts- und Gewerbesteuer liege bei 324.380 Euro (60 Prozent) bzw. 249.662 Euro (80 Prozent).

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Dem gegenüber stünden nach Stadtwerke-Entwurf Event-Erträge in Höhe von 177.500 Euro im Jahr. Diese sollen zwar aus Veranstaltungen kommen, die aber nicht aus Eintrittsgeldern finanziert werden – sondern „wir gehen von komplettem Sponsoring der Stadtwerke aus“, so Kremer für viele überraschend. Es solle eine neue Gesellschaft gegründet werden, die die Konzern samt Beteiligungsunternehmen finanziert: Somit sind Einnahmen in Höhe von 125.00 Euro von den Stadtwerken, 87.500 von der Fernwärme Niederrhein, 80.000 Euro von externen Veranstaltern, die Kremer nicht benennen wollte, sowie 10.000 Euro aus Werbung abzüglich 45.000 Euro Zinsen veranschlagt. Abzüglich dieser 177.000 Euro Einnahmen bleiben von den 324.380 bzw. 249.662 Euro noch 146.880 bzw 72.162 Euro – „wenn Sie den Mittelwert nehmen eine Ersparnis von 100.000 Euro“, so Kremer.

Das sind Reaktionen

Bei vielen Zuschauern – darunter auch die Bürgerinitiative BIGG und der von den Gastroplänen überraschte Pächter des Restaurants Haus Hiesfeld – stieß die Präsentation der Stadtwerke auf wenig Gegenliebe und die Rechnung auf Unverständnis. Viele hatten sich in die Bürgerbeteiligung eingebracht und fühlten sich übergangen. Bürgermeisterin Michaela Eislöffel bat das Publikum mehrfach, von Applaus und Buhrufen abzusehen.

Das mit Bürgern erarbeitete Konzept der städtischen DinFleg.
Das mit Bürgern erarbeitete Konzept der städtischen DinFleg. © Stadt Dinslaken | DinFleg

Auch die anderen Fraktionen äußerten Unverständnis. Das ganze werde, so Beate Stock-Schröer, Co-Fraktionsvorsitzende der Grünen, „immer intransparenter“, sie würde gerne „mitgenommen und überzeugt statt nur überstimmt“ werden.

Einnahmen, die „aus Sponsoring der Stadtwerke und Fernwärme generiert werden, seien „keine echten Einnahmen“, so Gerald Schädlich, Fraktionsvorsitzender der FDP, der in der Rechnung zudem die potenziellen Einnahmen des DinFleg-Konzepts vermisste. Das bedeute eine Verringerung der Einnahmen der Stadtwerke, also eine Verschiebung von der linken in die rechte Tasche. Frank Spieker, Fraktionsvorsitzender der Partei „Die Partei“, wollte im Sinne der „Transparenz“ wissen, wer die Stadtwerke eigentlich beauftragt habe, den Entwurf aus 2019 noch einmal anzupacken. „Beim Essen“ nach der Aufsichtsratssitzung, so erklärte Kremer daraufhin, seien mehrere Aufsichtsräte auf ihn zugekommen: „Du hast doch damals auch etwas gemacht, kannst du das nicht noch einmal überarbeiten“, habe es geheißen.

Drei Fraktionsvorsitzende und Aufsichtsräte könnten doch nicht in einer „Kuschelrunde beim Mittagessen am Stadtrat vorbei entscheiden“, empörte sich Thomas Giezek (FDP-Fraktion und Freibadverein).

Gerd Baßfeld, Fraktionsvorsitzender der Linken, sprach von einer „Arroganz der Macht“ angesichts derer die Politikverdrossenheit in der Bürgerschaft nicht verwunderlich sei. Die Sitzung wird er so schnell nicht vergessen - mit und ohne Foto.

Die Entscheidung, wie es weitergeht, fällt im Stadtrat am Montag, 27. September, 17 Uhr, in der Kathrin-Türks-Halle.