Dinslaken/Voerde. In Dinslaken sind zwei Clubs im Lockdown, während in Voerde am Samstag gefeiert werden darf – obwohl überall dasselbe gilt: 2Gplus bei 600 Gästen.

Schwarze Fahnen wehen über dem Dinslakener Oldieladen Hinz und Kunz und prangern eine absurde Folge der Coronaschutzverordnung an. Weil Clubs, Diskotheken und „vergleichbare Einrichtungen“ nach der Coronaschutzverordnung in der vergangenen Woche schließen mussten, sind in Dinslaken das Hinz und Kunz und die Kuka dicht. Beide Lokalitäten haben eine Kapazität von 600 Gästen und in beiden gilt 2Gplus. In Voerde hingegen soll im Reyna Palace am Samstag eine 80er-/90er-Party stattfinden: mit 600 Gästen und 2Gplus. Die Stadt hat eine vorläufige Genehmigung erteilt. Das sei Wettbewerbsverzerrung – finden die Inhaber von Hinz und Kunz und Kuka.

„Nach Rücksprache mit dem Ordnungsamt wird die 80er-/90er-Party wie geplant stattfinden“ postet der Veranstalter unter dem Namen „Revival Paradise Planet“ auf Facebook. Das sei nach der Coronaschutzverordnung möglich, so die Stadt Voerde, die sich ihre Einschätzung von der Bezirksregierung hat bestätigen lassen. Denn nach der Verordnung müssen Clubs, Diskotheken und vergleichbare Betriebe schließen – Tanzveranstaltungen in Innenräumen sind aber genehmigungsfähig. Bedingung ist laut Stadt Voerde ein „durch die untere Gesundheitsbehörde genehmigtes, einrichtungsbezogenes Hygienekonzept“.

„Besonders hohes Infektionsrisiko“

„Zur Eindämmung der Pandemie“ habe das Land die Schließung von Clubs, Diskotheken angeordnet, erklärt die Landesregierung, denn dort herrsche ein „besonders hohes Infektionsrisiko“. Ob das Infektionsrisiko unter 600 immunisierten und getesteten Besuchern eines Clubs aber höher ist als unter 600 immunisierten und getesteten Besuchern einer Veranstaltungshalle? Denn genau das ist das Kriterium, weswegen im Reyna Palace in Voerde erlaubt wird, was in der Kuka und im Hinz und Kunz verboten ist.

Der Coronatest-Bus steht vor der Tür des Hinz und Kunz, der Eintritt war nur mit 2Gplus möglich.
Der Coronatest-Bus steht vor der Tür des Hinz und Kunz, der Eintritt war nur mit 2Gplus möglich. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Die beiden Dinslakener Lokale gelten aufgrund ihrer Größe als discoähnlich – auch wenn die Kuka laut Inhaber Thomas Grosse sogar eine offizielle Zulassung als „Gaststätte mit gelegentlichen Konzerten“ hat. Das Reyna Palace in Voerde hingegen „gilt nicht als Club beziehungsweise Diskothek im Sinne von Paragraf 5 der Coronaschutzverordnung, da es sich um einen Veranstaltungsraum handelt, in dem private Mieter verschiedene Veranstaltungen durchführen können,“ so die Erläuterung der Stadt Voerde.

Vielleicht sollte er eine „Mietlocation“ aus der Kuka machen, schlägt Thomas Grosse vor – Galgenhumor: Er musste wegen der kurzfristig angeordneten Schließung am vergangenen Wochenende alle geöffneten Flaschen wegschütten – hunderte Euro, die in den Abfluss fließen. Auch Martin Mettlach musste sein Hinz und Kunz nach nur zwei Monaten wieder schließen und hat die Getränke an die Belegschaft verteilt. Dabei galt in beiden Clubs 2Gplus mit eigens organisierter Teststation vor der Tür – wie bei der Party im Reyna Palace in Voerde.

Statt Club in die Kneipe – mit 2G

Am vergangenen Freitag ist dann das Partyvolk, das im Hinz und Kunz Tische reserviert hatte, unverrichteter Dinge und ungetestet in die Innenstadt gezogen und hat dort in der Kneipe gefeiert – in der laut Verordnung nur 2G statt 2Gplus gilt, erzählt Martin Mettlach. „Dabei wäre hier der sicherere Ort gewesen“, sagt er und weist auf leere Stühle und den verwaisten Kontrollpunkt an der Tür. Das festangestellte Personal muss nun in Kurzarbeit, die Aushilfen müssen ohne ihren Zuverdienst auskommen. Hilfen vom Bund seien nicht in Sicht, so Mettlach – aber die Kosten laufen weiter: Die Banken pochen auf Raten für die Immobilie, das Finanzamt auf im Lockdown gestundete Steuern und die Kühlgeräte im Club können Martin Mettlach und seine Frau Heike Sucht-Mettlach auch nicht ohne weiteres abstellen: Am ersten Abend nach dem dem 17-monatigen Lockdown waren mehrere Theken defekt – eine Folge der langen Auszeit. Auch auf diesen Kosten von monatlich etwa 1600 Euro bleiben die Betreiber des Oldieladens sitzen.

Während in Voerde gefeiert wird, sorgen sich die Dinslakener Clubbetreiber um ihre Zukunft – die Coronaschutzverordnung gilt bis 21. Dezember, niemand weiß, was danach kommt: Öffnung? Ein weiterer Lockdown? „Das Schlimmste sind die Ungewissheit und die Machtlosigkeit“, sagt Heike Sucht-Mettlach frustriert.