Dinslaken. Martin Mettlach (Hinz & Kunz) und Thomas Grosse (Kuka) beantworten eine FDP-Anfrage zu ihrer Situation nach einem Jahr Corona sehr offen.

Ein Jahr Corona, das bedeutet ein Jahr lang keine Clubveranstaltungen, keine Samstagabende in der Disko, kein Feiern mit Freunden in der Eventgastronomie. Was für die einen aber nur der Verzicht auf etwas Entspannung am Wochenende ist, bedeutet für die Event-Gastronomen und ihre Mitarbeiter und Lieferanten der Wegfall der Grundlage ihres gesamten wirtschaftlichen und beruflichen Handelns.

Perspektiven? Von der Politik vertagt. Corona-Soforthilfen? Verzögert und verschleppt. Die Enttäuschung und der Frust, in der Pandemie allein gelassen zu werden, wächst. Dies liest sich auch aus den E-Mails heraus, mit denen Thomas Grosse, Betreiber des Walzwerks Dinslaken mit der Diskothek Kuka und der angeschlossenen Werkhalle, und Martin Mettlach, Betreiber des Hinz & Kunz, eine Anfrage von Konstantin Noll im Auftrag der FDP-Fraktion bzw. der Jungen Liberalen Dinslaken beantworteten und die sie auch gegenüber der NRZ öffentlich machen.

Zwei Mitarbeiterinnen haben gekündigt

Seit 1996 gibt es das Hinz & Kunz in Dinslaken, zuletzt sind über 1000 Besucher wöchentlich an seinem neuen Standort Am Alten Drahtwerk gezogen. Dort wurde es 2017 nach dem Wegzug von der Bahnstraße neu eröffnet: „Gott sei Dank traf uns die Pandemie nicht in den ersten beiden Jahren nach der Neueröffnung – ansonsten wären wir wohl nicht mehr existent“, so Martin Mettlach. Nach der Bekanntgabe der Coronaschutzverordnung im März 2020 habe man sofort geschlossen, die fünf festen Mitarbeiter erhielten seitdem Kurzarbeitergeld, das von Hinz & Kunz aufgestockt werde. Zwei Mitarbeiterinnen jedoch hätten bereits gekündigt.

Minijobber sind die Verlierer

Die stillen Verlierer der Pandemie sind die Minijobber in Gastronomie und Handel. So auch im Hinz & Kunz: „Wir mussten unseren 36 Mini-Jobbern leider auch kündigen – und wissen Stand heute auch nicht, wie viele unserer ehemaligen Mitarbeiter bei einem Restart wieder für uns arbeiten können.“

Auch interessant

Schlecht sieht es auch um die wirtschaftliche Lage des Hinz & Kunz selbst aus. Bislang seien 25.000 Euro Soforthilfe geflossen, die November- und Dezemberhilfen sind Stand 5. März noch nicht eingetroffen. Laufende Kreditabzahlungen nach dem Umbau seien auf reine Zinszahlungen umgestellt, Steuernachzahlungen und weitere Verpflichtungen habe man stunden lassen können. Ein KfW-Mittel-Kredit sei seit dem Februar 2021 aufgebraucht. Martin Mettlach schildert die Lage sehr offen: „Wir geraten gerade in einen Sumpf von Stundungen und neuen Krediten. Unsere Verpflichtungen gegenüber den Brauereien etc. laufen zusätzlich auf oder verlängern sich entsprechend über Jahre“. Und für eine schnelle Öffnung des Betriebes sehe man zur Zeit noch gar keine Perspektive.

Von der Dezemberhilfe kam nur ein Abschlag

Thomas Grosse, der im letzten Sommer noch mit seinem Konzept, Livemusik und Gastronomie im Innenhof des Walzwerks zu verbinden, für mehr als nur einen Hoffnungsschimmer in der Pandemie sorgte und damit auch dieses Jahr so bald wie möglich wieder Dinslaken beleben möchte, droht angesichts der aktuellen Perspektivlosigkeit zu resignieren. Von den Dezemberhilfen sei nun ein erster Abschlag gezahlt worden, aber derzeit käme nicht einmal mehr das Kurzarbeitergeld für die Festangestellten pünktlich, es ist der Unternehmer selbst, der - anstatt ihm von staatlicher Seite geholfen wird - die Kosten vorfinanzieren muss. Auch in der Kuka sind es – wie überall – die Minijobber, die völlig leer ausgehen.

Die beste Lösung für alle Clubs wäre natürlich die schnellstmögliche Durchimpfung des ganzen Landes. Doch Thomas Grosse hat das Vertrauen in die Politik verloren. „Ich denke, ich warte mal ab, ob es bis Ende 2021 noch mit dem Impfen klappt, bin da allerdings skeptisch – da die Dame, die es in Europa mit dem Impfstoff richten soll, schon bei Bundeswehr ihr ‘Organisationstalent’ gezeigt hat“, fügt er ironisch an. Für den Club rechnet er erst mit einer Öffnung 2022, ebenfalls für die Hochzeitslocation, da die Feiern im April und Mai bereits schon wieder storniert würden.

Die Planungssicherheit fehlt

Das drückendste Problem sei der Mangel an Planungssicherheit. „Niemand sagt klar, wie es weitergeht“, klagt Grosse, „die Berechnungsgrundlagen werden täglich geändert (Inzidenz, Bettenbelegung, Gesundheitsamtsauslastung). Da blickt keiner mehr durch“.

Auch interessant

Grosse und Mettlach zweifeln nicht an der Notwendigkeit des Pandemieschutzes. Es geht um die Umsetzung, um die Plausibilität von Verordnungen und darum, dass den Betroffenen, für die es um die wirtschaftliche Existenz geht, tatsächlich geholfen wird, dass sie nicht vergessen werden. Die Anfrage der FDP sei die erste von Seiten der Dinslakener Politik seit März 2020 gewesen, so Thomas Grosse in der Antwortmail an Konstantin Noll, aber die damit verbundene Frage, wie man helfen könne, beantwortet er mit Resignation. „Von politischer Seite wüsste ich wirklich nicht, was sie da tun könnten. Aber wenn sie Ideen haben – immer gerne.“ Doch völlig hat er seinen Humor nicht verloren, wenn er anführt: „Ironie an: Wofür hat die Stadt Dinslaken eigentlich ‘ne Wirtschaftsförderung? Oder hat das mit Wirtschaften nix zu tun?Ironie aus“.