Dinslaken. Auftakt unserer Interviewreihe mit den Bürgermeisterkandidaten: Thomas Giezek von der UBV aus Dinslaken stellt sich unseren 46 Fragen.

Der Kommunalwahlkampf nähert sich langsam dem Ende: Spätestens am Sonntag, 13. September, entscheiden die Bürger in Dinslaken, Voerde und Hünxe unter anderem, wer Bürgermeister in ihrer Kommune wird. Die NRZ startet deshalb eine neue Runde der 46-Fragen-Interviews: Wir haben den zehn Bürgermeisterkandidaten in hiesigen drei Kommunen 46 Fragen gestellt; weitestgehende gleiche, politische wie private. 46 Fragen sind es deshalb, weil so die Postleitzahlen in Dinslaken, Voerde und Hünxe beginnen.

Wir beginnen die Reihe mit Thomas Giezek. Der Bürgermeisterkandidat der Unabhängigen Bürgervertretung (UBV) Dinslaken ist 56 Jahre alt, verheiratet und hat ein Kind. Er kandidiert nicht nur als Bürgermeister, sondern führt zudem die Liste der UBV an und tritt an für den Wahlkreis 12 in Hiesfeld.

1. Wie geht es Ihnen?

Mir geht es gut. Ich freue mich auf die letzten Wochen des Wahlkampfes, auch wenn es Corona bedingt ein anderer sein wird.

2. Was machen Sie am 13. September gegen 20 Uhr?

Da werde ich mit meiner Familie und meinen Freunden von der UBV wohl noch zusammen ein Bier trinken auf die Wochen und Monate, die dann hinter uns liegen – oder die nächsten zwei Wochen, die noch vor uns liegen.

3. Was ist aktuell Ihr politisches Lieblingsthema – es muss nichts mit Kommunalpolitik zu tun haben?

Kostenlose Bildung in ganz Deutschland – keine Kita-Gebühren, keine Gebühren für den offenen Ganztag (OGS, Anm. d. Red.).

4. Was macht eigentlich Spaß an Politik?

Wenn die Menschen auf einen zukommen und mir erzählen, was sie bewegt, wo der Schuh drückt und sie mir sagen: „Schön, dass du dich kümmerst.“

5. Und was nervt an Politik?

Fraktionszwang.

6. Gibt es eine Eigenschaft, die jeder Kommunalpolitiker hat oder haben muss?

Ausdauer und Bürgernähe.

7. Was hat Ihr Vorgänger bereits so gut gemacht, dass Sie es weiter voranbringen wollen?

Mir fällt nichts ein.

8. Und was hat Ihr Vorgänger schlecht gemacht?

Die Bürgerbeteiligung. Wichtig ist, dass Beteiligung stattfindet. Demokratie lebt davon, dass möglichst viele Bürgerinnen und Bürger sich beteiligen, einmischen, Mitverantwortung übernehmen und so politische Prozesse mitgestalten.

9. Eine positive Erkenntnis, die Sie aus der Coronakrise gezogen haben?

Dass auf einmal Geld vom Bund und Land da ist!

10. Und einen Mangel, den die Coronakrise zutage gebracht hat?

Der mangelhafte Breitbandausbau und die unzureichende Digitalisierung unserer Städte. Das haben wir vor allem im Homeschooling und Home Office gemerkt.

11. Warum sollten die Dinslakener Sie wählen und nicht Ihre Mitbewerber?

Ich bin Praktiker. Ich gehe Probleme direkt an, nehme die Menschen mit. Um den „heißen Brei herum“ reden ist genauso wenig mein Ding wie etwas auszusitzen.

12. Was sind die drei wichtigsten Dinge, die unter Ihrer „Regie“ zuerst angegangen werden sollten?

An erster Stelle steht der ÖPNV. Wir brauchen Angebotsverbesserungen in Ausstattung, Kundenservice und Barrierefreiheit und bessere Anbindungen an alle Stadtteile, danach Schritt-für-Schritt einen kostenlosen öffentlichen Nahverkehr im gesamten Stadtgebiet für Dinslakener Bürgerinnen und Bürger. Zweitens: Die Gründung einer hundertprozentigen städtischen Wohnungsgesellschaft und Schaffung von öffentlich gefördertem Wohnraum für ein dauerhaftes Belegungsrecht, die Garantie, das Mietniveau dauerhaft bezahlbar zu halten, gemeinwohlorientiert und barrierefrei zu bauen und für eine aktive soziale Durchmischung der Quartiere. Drittens: Dinslaken zu einer kinderfreundlichen Kommune hinführen, Abschaffung der Beiträge für Kita und Offenen Ganztag, denn Bildung muss kostenlos sein. Und der Ersatzbau für die Kita Teerstraße muss endlich umgesetzt werden, darauf wartet Lohberg seit Jahren und es tut sich nichts.

13. Wo können die drei Kommunen Dinslaken, Voerde und Hünxe und auch der Kreis Wesel enger zusammenarbeiten?

Beim ÖPNV und bei den Bildungseinrichtungen.

14. Zu Fuß, mit Fahrrad, Auto oder Nahverkehr: Wie bewegen Sie sich am liebsten und häufigsten fort?

Mit dem Fahrrad

15. Ihre größte Stärke?

Ich kann Fehler zugeben.

16. Und Ihre größte Schwäche?

Ich bin harmoniesüchtig

17. Was ist Ihr Lieblingsort am Niederrhein?

Das Rotbachtal

18. Welche drei Orte in Dinslaken sollte ich unbedingt besuchen?

Wassermühle, Bergpark Lohberg, Rittertor

19. Wieso gerade die?

Hier habe ich die schönsten Erinnerungen.

20. Haben Sie einen Lieblingsstadtteil in Dinslaken und wieso gerade den?

Hiesfeld, hier bin ich aufgewachsen und hier wohne ich.

21. Gehört Dinslaken zum Ruhrgebiet oder zum Niederrhein?

Wir sind das Tor zum Ruhrgebiet und zum Niederrhein.

22. Lieber ein guter Film oder ein gutes Buch?

Je nach Zeit und Laune.

23. Ihr Lieblingsbuch?

Der Tai-Pan.

24. Das letzte Konzert, das Sie besucht haben, war…?

Zelleband aus Dinslaken. Rock bis die Bude brennt.

25. Gehört der Wolf an den Niederrhein? Ja oder nein?

Nein.

26. Wie kann die Digitalisierung an den Schulen besser und schneller vorangebracht werden?

Nicht zwei Jahre reden, einfach mal anfangen.

27. Was kann die Kommune tun, um klimafreundlicher zu werden?

Dinslaken spielt beim Klimaschutz selbst eine Schlüsselrolle, denn Kommunen müssen im Klimaschutz Vorreiter und Vorbild zugleich sein. Alles, was in einer Kommune passiert, muss den Klimaschutz einbeziehen. Wir müssen auch eigene innovative Ideen entwickeln und dafür brauchen wir innovatives Personal wie zum Beispiel einen Klimamanager.

28. Die Mobilität in Dinslaken und im Kreis Wesel: Welches Konzept schwebt Ihnen vor?

Dinslaken ist Teil des Kreises Wesel und damit Teil eines ÖPNV im Kreis. Alle Kommunen müssen deshalb auch durch den Kreis unterstützt werden, den ÖPNV benutzerfreundlich auszubauen, wie Verbesserungen der Taktung und Ausweitung der Linien.

29. Müssen in 2021 die Steuern erhöht werden, um ein Abrutschen in die Haushaltssicherung zu vermeiden?

Ich gehe davon aus, dass es andere Lösungen gibt. Man muss es nur wollen.

30. Es fehlt an bezahlbarem Wohnraum. Wie wollen Sie diesen ermöglichen?

Das habe ich als einen der drei wichtigsten Punkte bereits gesagt: Durch Gründung einer hundertprozentigen städtischen Wohnungsgesellschaft.

31. Ihre Ideen für die B 8?

Zum jetzigen Zeitpunkt sehe ich keine Veränderungsmöglichkeiten.

32. Und Ihre Ideen für die L4n? Wie wollen Sie einen Konsens mit der Gemeinde Hünxe erzielen?

Die L4n ist für mich überflüssig.

33. Sind Sie für eine Trennung der Positionen Kämmerer und Stadtplaner?

Ja, unbedingt.

34. Wo soll künftig die Martini-Kirmes stattfinden?

Hierzu würde ich gerne einen Wettbewerb mit den Bürgern veranstalten, für mich gibt es momentan keinen optimaleren Standort als die Trabrennbahn.

35. Was halten Sie von der Reaktivierung der Walsumbahn mit Stationen in Dinslaken und Voerde?

Alles, was einen Umstieg auf den ÖPNV erleichtert, ist sicherlich sinnvoll. Wenn die Machbarkeitsstudie zeigt, dass die ein guter Weg wäre, dann würde ich mir wünschen, dass auch Dinslaken davon profitiert. Sollte sie nicht kommen, wäre mein Vorschlag, diese Strecke als Fahrradtrasse auszubauen.

36. Dinslaken und der Kreis Wesel im Jahr 2025 – welche Vision haben Sie?

Der ÖPNV ist kostenlos und wir senken die Grundsteuer in Dinslaken.

37. Und im Jahr 2050?

Ich wohne weiter in einer tollen Stadt in der ich einige Akzente setzen konnte. Die Innenstadt und einige Stadtteile sind autofrei, der ÖPNV ist kostenlos, es gibt keine Kita- und OGS-Beiträge mehr, dafür viel Grün und genug bezahlbaren Wohnraum für alle.

38. Wenn Sie nicht Politik machen, was machen Sie dann?

Fahrradfahren mit der Familie und dem Hund spazieren gehen.

39. Wenn es bei Ihnen nicht die UBV geworden wäre – welche Partei wäre es dann?

Gute Frage. Was ich mache, mache ich mit Überzeugung und Herzblut. Deshalb bin ich, wo ich jetzt bin. (Giezek war bis Mitte 2018 bekanntlich 19 Jahre lang SPD-Mitglied. Nachdem er den damals neu sanierten Spielplatz an der Ziegelstraße in seiner Funktion als Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses mit einigen weiteren Ausschussmitgliedern inoffiziell eingeweiht hatte, gab es Ärger: Sowohl die CDU als auch der der damalige Juso-Vorsitzende forderten seinen Rücktritt vom Vorsitz des Ausschusses, auch der SPD-Fraktionsvorstand hatte ihm das nahe gelegt. Giezek trat in Folge dessen erst aus der Fraktion und anschließend auch aus der SPD aus – und zweieinhalb Wochen später in die UBV ein.)

40. Was sagen Sie Leuten, die sich nicht für Politik interessieren?

Wer die Zukunft gestalten will, darf nicht hoffen, dass andere das Richtige tun.

41. Wie sah Ihr erstes politisches Engagement aus?

Besichtigung von Schultoiletten. Und das ist immer noch so.

42. Was war die interessanteste Frage, die Ihnen ein Bürger mal gestellt hat?

Was hast Du davon?

43. Und was war die Blödeste?

Meinst Du wirklich, Ihr könnt was ändern?

44. Ihr politisches Vorbild?

Oskar Lafontaine

45. Verraten Sie uns eine Sache, die die Öffentlichkeit bislang noch nicht über Sie wusste?

Ich habe Höhenangst!

46. Etwas, das Sie gerne noch erzählen möchten?

Die Coronakrise stellt auch Dinslaken vor große Herausforderungen. Wir wissen noch nicht, wie lange wir uns diesen Herausforderungen stellen müssen. Aber eins weiß ich sicher: Das können und das schaffen wir nur gemeinsam. Bleiben Sie gesund!