Voerde. Die RVR-Ranger Michael Zielkowski und Ulrich Gräfer gehen auch am Rhein in Voerde auf Kontrolltour. Sie vermitteln zwischen Mensch und Natur.

Am Rheinufer bei Ork haben sich zwei Männer und eine Frau mit Sack und Pack niedergelassen. Nicht weit davon entfernt liegen die Limousin-Rinder von Ingo Hülser, Landwirt und Deichgräf, im Sand und lassen es sich gut gehen. Die Angler warten auf einen guten Fang, der ihnen an den Haken gehen könnte. Ob sie für das, was sie da gerade tun, überhaupt die notwendige Erlaubnis haben, werden gleich Michael Zielkowski und Ulrich Gräfer überprüfen.

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Die beiden Ranger des Regionalverbandes Ruhr (RVR), die Ende Juli 2019 im Auftrag des Kreises Wesel ihre zunächst für eine Projektphase angedachte Wache über die Naturschutzgebiete antraten und seit diesem Frühjahr auch am Voerder Deichabschnitt unterwegs sind, stellen sich freundlich vor und bitten um den Angel- und um den Rheinschein. Beides braucht derjenige, der dort auf Fischfang gehen möchte. Die Angler, die an diesem wolkenverhangenen Vormittag am Flussufer bei Ork genau dies tun, haben alles dabei. Eigens aus dem 130 Kilometer entfernten Soest sind sie nach Voerde gereist.

Die RVR-Ranger sind an ihrer Kleidung unschwer zu erkennen

Eine Uferböschung weiter Richtung Norden versucht Valerij Hahn aus Dortmund gerade gleichermaßen sein Glück. Die RVR-Ranger, die an ihren auffälligen Hüten und der Dienstkleidung mit dem Aufnäher „Ranger RVR Ruhr Grün“ auf dem Hemd unschwer zu erkennen sind, haben ihn bereits kontrolliert. Als sie weiter ihrer Wege gehen, beginnt die Angel mächtig in Bewegung zu geraten. „Da hat was angebissen“, sagt Ulrich Gräfer. Und tatsächlich kann Valerij Hahn einen fulminanten Fisch, eine Brasse, an Land ziehen. Seine Frau eilt ihm mit einem Kescher zu Hilfe und bald schon zappelt der Fang im Netz. Michael Zielkowski und Ulrich Gräfer schauen sich die fette Beute an. Es wird kurz gescherzt und gelacht, dann setzen die RVR-Ranger ihre Kontrolltour am Rhein entlang fort.

RVR-Ranger Ulrich Gräfer hält einen Einweggrill in der Hand, der einfach liegen gelassen wurde. Die Gitter können für Tiere zu einer Gefahr werden. Überhaupt ist Feuermachen im Naturschutzgebiet verboten.
RVR-Ranger Ulrich Gräfer hält einen Einweggrill in der Hand, der einfach liegen gelassen wurde. Die Gitter können für Tiere zu einer Gefahr werden. Überhaupt ist Feuermachen im Naturschutzgebiet verboten. © FUNKE Foto Services | Heiko Kempken

Wer anders als in diesen beiden Fällen nicht die notwendigen Papiere vorlegen kann, macht sich des Schwarzangelns schuldig. Dies sei eine Straftat und werde angezeigt, erläutert Ulrich Gräfer. Schwarzangler gehörten am Voerder Rheinufer „zur Minderheit“. Dass die RVR-Ranger dort unterwegs sind, „spricht sich auch rum“, sagt Michael Zielkowski. Sein Kollege berichtet, dass die anderen Angler es klasse finden, dass sie beide da sind und kontrollieren. Wer lässt sich schon gern von Unbefugten Konkurrenz machen oder sich von anderen mit in ein schlechtes Licht rücken, weil sie ihren Müll einfach am Rheinufer liegen lassen? 90 bis 95 Prozent der Angler – etwa 90 Prozent seien Osteuropäer – seien vernünftige Leute, ein paar einzelne aber würden dann für ein schlechtes Image sorgen, sagt Ulrich Gräfer.

Apropos liegengelassener Müll: Der findet sich an diesem Vormittag an einigen Stellen. Besonders ärgert die RVR-Ranger auch der Gebrauch von Einweggrills. Zurückgelassen in der Natur, bergen sie eine Gefahr für Tiere, die sich verhaken und verletzen können, klären die beiden auf.

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Auch an einigen Feuerstellen führt die Kontrolltour vorbei. Dafür werden dann auch verbotenerweise Büsche und Äste aus der Umgebung genutzt. Feuer zu machen, ist in Naturschutzgebieten untersagt. Wer erwischt wird, dem droht ein saftiges Bußgeld: 55 Euro. Bezahlt wird per Überweisung, dafür haben Michael Zielkowski und Ulrich Gräfer einen Block mit zu diesem Zweck auszufüllenden Zetteln dabei.

Betreten der Naturschutzgebiete abseits der Wege grundsätzlich verboten

Grundsätzlich ist das Betreten von Naturschutzgebieten abseits der Wege verboten. Wer sich nicht daran hält und sich uneinsichtig zeigt, muss 35 Euro berappen. Ausgenommen sind Angler. Sie dürfen auf die Flächen. Allerdings gelten für bestimmte Uferstrecken zeitlich begrenzte oder ganzjährige Angelverbote. Ein Verstoß dagegen bedeutet Fischwilderei. Auch dies wird durch die RVR-Ranger zur Anzeige gebracht. Die Behauptung, von dem Verbot nichts gewusst zu haben, lassen sie nicht gelten, denn auf dem Informationsblatt zum Rheinschein sind die Zonen mit Angabe der Flusskilometer genau aufgeführt.

Valerij Hahn aus Dortmund ist gerade ein fulminanter Fisch an den Haken gegangen. Die RVR-Ranger Michael Zielkowski (l.) und Ulrich Gräfer schauen sich den Fang an.
Valerij Hahn aus Dortmund ist gerade ein fulminanter Fisch an den Haken gegangen. Die RVR-Ranger Michael Zielkowski (l.) und Ulrich Gräfer schauen sich den Fang an. © FUNKE Foto Services | Heiko Kempken

Es ist noch gar nicht so lange her, da stießen die beiden RVR-Ranger abseits der Wege im Naturschutzgebiet auf eine Gruppe von etwa 20 Heranwachsenden, die sich, als aufgrund von Corona noch die massiven Kontaktbeschränkungen galten, dort getroffen hatten. Ulrich Gräfer und Michael Zielkowski klärten sie über ihr Fehlverhalten im Naturschutzgebiet auf – und das Treffen war flugs beendet.

Wäre das Ordnungsamt just in dem Moment auch dort gewesen, hätte es wegen Missachtung der Regeln zur Eindämmung der Pandemie wohl Bußgelder hageln können. Durch die Corona-Krise sei der „Druck auf die Naturschutzgebiete“ groß gewesen, bilanziert Ulrich Gräfer. Die Menschen zog es aufgrund der strengen Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen vermehrt nach draußen. Hunde müssen übrigens grundsätzlich angeleint werden – wer sich nicht daran hält und auf frischer Tat ertappt wird, muss mit einem Bußgeld zwischen 25 und 35 Euro rechnen.

CDU-Fraktion hatte Einsatz der Ranger in Voerder Schutzgebieten beantragt

Deichgräf Ingo Hülser hält angesichts des Wissens, das die RVR-Ranger über Naturschutzgebiete haben und vermitteln können, eine ganz andere Ansprache für möglich als im Fall von Ordnungsamt oder Polizei. Der Landwirt ist auch Chef der CDU-Fraktion in Voerde. Auf deren Antrag hin hatte die Stadt Kontakt mit dem Kreis aufgenommen, um zu klären, ob der Dienst der Ranger auch auf die Schutzgebiete in Voerde ausgeweitet werden könnte. Ihre Aufgabe sehen sie darin, die Menschen zu sensibilisieren und aufzuklären. Denn: „Man kann nur schützen, was man kennt“, sagt Ulrich Gräfer.

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Von Michael Turek, Petra Keßler, Anna Katharina Wrobel

Er und sein Kollege sehen sich als „erste Ansprechpartner“ in der Natur und als „Vermittler“ zwischen Mensch und Natur. „Wir schlagen die Brücke“, erklärt Michael Zielkowski. Wenn sie die Menschen ansprechen, erfahren sie überwiegend Einsicht. Richtige Probleme, bilanziert Ulrich Gräfer, hatten sie am Voerder Deichabschnitt nicht. Während sie andernorts auch schon mal aufmüpfige Zeitgenossen antrafen, war es dort „bisher friedlich“, resümiert Michael Zielkowski. So ist es auch bei diesem Kontrollgang, bei dem sie noch einige Angler um ihre Papiere bitten. Die Tour verläuft ohne besondere Vorkommnisse.

>>Info: Aufgaben und Abschnitt

Die Kontrol le innerhalb der Naturschutzgebiete macht ein Viertel der Arbeit der RVR-Ranger aus. Eine weitere wichtige Aufgabe ist etwa die Umweltbildung, die coronabedingt allerdings nicht stattfinden kann. Auch das Monitoring mit dem Kartieren von Tier- und Pflanzenarten zählt zu den Aufgaben der RVR-Ranger.

Ihr Einsatzbereich am Voerder Rheinabschnitt erstreckt sich von der Nato-Rampe kurz vor Mehrum bis unweit vom Hafen Emmelsum.