Voerde. Auf dem Deich in Voerde gibt es zurzeit zwischen dem Lehmweg und der Vogellake (Deichkreuz) kein Durchkommen. Grund: der Bau der Zeelink-Leitung.

Wer oben auf dem Deichverteidigungsweg von Götterswickerhamm nach Ork oder umgekehrt mit dem Rad oder zu Fuß unterwegs sein möchte, muss derzeit einen Umweg in Kauf nehmen: Unweit des Deichkreuzes klafft in dem Erdwall, der die Menschen vor Rheinhochwasser schützen soll, eine etwa 55 Meter breite Lücke. Hintergrund sind die Arbeiten zur Verlegung der Erdgasfernleitung Zeelink.

Im Oktober 2019 war der sogenannte Düker – ein Rohrleitungsabschnitt, mit dem in offener Bauweise Gewässer unterquert werden – von der gegenüber liegenden Rheinseite aus in Wallach auf Rheinberger Stadtgebiet durch den Fluss gezogen worden. Dort liegt er mindestens 3,50 Meter unter der Rheinsohle in einer Rinne, die wieder zugeschüttet wurde. Dieser Abschnitt muss an die landseitig verlaufenden Rohre der Gaspipeline angeschlossen werden, die etliche Meter vom Rheinufer entfernt auch den Deich unterquert. Der Erdwall musste dafür geöffnet werden. Deshalb ist in nächster Zeit eine durchgehende Tour per Rad oder zu Fuß auf dem Deich auf der besagten Strecke nicht möglich.

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Deichgräf Ingo Hülser ist als Chef des zuständigen Deichverbandes Mehrum einer derer, die die Arbeiten im Bereich des Hochwasserschutzwalls begleiten. Das unterschiedliche Material, das bei der Deichöffnung abgetragen wurde, ist voneinander getrennt in „Bodenmieten“ gelagert. Bei den in einem Deich verarbeiteten Schichten handelt es sich um den Mutterboden, den Stützkörper, das Deichlager und die Lehmschürze. Auf letzteres Material wurde zum Schutz vor dem Austrocknen weißes Vlies gelegt. Der Deichgräf ist mit dem Verlauf der Arbeiten bisher zufrieden, der ausführenden Firma attestiert er, „sehr ordentlich“ vorzugehen.

Arbeiten im Bereich des Deiches dauern insgesamt vier Monate

Die Arbeiten an dem Hochwasserschutzwall haben Ende Juni begonnen – und zwar auf der rechten wie auch auf der linken Rheinseite, erklärt Helmut Roloff, Sprecher der Open Grid Europe (OGE) GmbH, auf NRZ-Anfrage. Der Fernleitungsnetzbetreiber mit Sitz in Essen ist für die Planung und den Bau der umstrittenen Erdgasfernleitung verantwortlich, deren Gegner sich um die Sicherheit der Pipeline sorgen, diese in Frage stellen. Vorhabenträgerin ist die Zeelink GmbH & Co. KG. Der Deich wird lagenweise abgetragen und in einzelnen Schichten gelagert. Jede davon wird „auf Kampfmittel sondiert und geotechnisch untersucht“, erläutert Roloff die ersten Schritte der gerade in Rheinnähe laufenden Arbeiten.

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Im weiteren werden der Deichstrang der Pipeline vorgefertigt, der Betonsockel hergestellt, der Deichstrang eingebaut, der Flüssigboden eingebracht und der Hochwasserschutzwall wieder aufgebaut. Wie beim Öffnen des Deichkörpers geschieht dies lagenweise. Außerdem wird die Oberfläche in den alten Zustand gebracht. Gleiches gilt für die Fläche, auf der sich jetzt noch die zurück zu bauende Baustraße befindet. Am Ende wird die Pipeline in Ork etwa 2,40 Meter unter dem Deichfuß liegen. Der Anschluss an den Rheindüker soll Mitte August erfolgen.

Thema Sicherheit: Firma verweist auf DIN-Norm

Bei der Maßnahme, die von Seiten des Hochwasserschutzes durch „sämtliche zuständigen Genehmigungs- und Aufsichtsbehörden“ begleitet und ingenieurgeologisch betreut werde und für die eine Bauzeit von insgesamt vier Monaten kalkuliert ist, müssen die Besonderheiten des Deiches und das Hochwasserschutzkonzept beachtet werden. Zudem würden dabei enorme Massen bewegt, erklärt der OGE-Sprecher weiter auf die Frage nach einer besonderen Schwierigkeit, die diese Arbeiten in sich bergen könnten.

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Die Frage nach dem Schutz der Gaspipeline vor Hochwasser beantwortet er mit dem Hinweis auf die DIN-Norm, welche die Durchführung von Baumaßnahmen an Deichen regele: „Durch das Verlegen und den Betrieb der Leitungen dürfen die Tragfähigkeit, Dauerhaftigkeit, Erosionssicherheit und Gebrauchstauglichkeit der Hochwasserschutzanlage nicht nachteilig verändert werden“, sagt Roloff. Eine Beeinträchtigung der Gaspipeline von außen soll der Open Grid Europe zufolge durch „eine fundierte ingenieurtechnische Planung“ und „die Umsetzung der Maßnahmen in Abstimmung und Genehmigung mit den zuständigen Fachbehörden und Deichaufsichten“ verhindert werden.

>>Info: Abgelehntes Verfahren und Umleitung

Ursprünglich war geplant, den Deich für die Verlegung der Erdgasfernleitung im Bohr- und Pressverfahren zu unterqueren. Doch dem stimmte die Bezirksregierung Düsseldorf, die das Bauvorhaben genehmigte, nicht zu. Die Behörde argumentierte, dass es dadurch zu Hohlräumen im Untergrund kommen könne. Dies berge Gefahren: Wasser, das sich entlang den Leitungen einen Weg suche, Erosion oder auch Setzungen des Deiches. Die Behörde machte die Vorgabe, die Pipeline im Bereich des Deiches in offener Bauweise zu verlegen.

Während der bis zum 31. Oktober angesetzten Arbeiten ist der Deichweg von Mehrum aus kommend zwischen Lehmweg und Vogellake (Deichkreuz Ork) gesperrt. Eine Umleitung sei in Abstimmung mit der Stadt Voerde eingerichtet worden, erklärt die OGE: Von der Mehrumer Straße kommend und in den Lehmweg abbiegend, ist dieser nur bis zur Kreuzung Kolkstraße befahrbar – und die Kolkstraße bis zur Kreuzung Vogellake. Die Straße Vogellake führt bis zum Deichweg, der ab dieser Kreuzung wieder nutzbar ist. Ebenfalls eingerichtet ist eine Umleitung vom Deichweg auf die Mehrstraße in Richtung Mehrumer Straße. Eine entsprechende Beschilderung sei für alle Straßen eingerichtet.