Voerde. Mit einem Düker hat die Erdgasfernleitung Zeelink am Mittwoch den Rhein unterquert. Nach vier Stunden war das Ziel, das Ufer in Voerde, erreicht.
Die Kühe auf der Weide nahe dem Deichkreuz in Ork muhen sich die Seelen aus den braunen Leibern, als wüssten sie, dass an diesem sonnigen, aber windigen Vormittag am Rhein noch eine große Aktion anstehen wird. Etliche Meter weiter hat sich oben auf dem Hochwasserschutzwall eine Vielzahl von Schaulustigen versammelt, die den Blick auf die gegenüber liegende Flussseite richten und darauf warten, dass drüben bei Rheinberg-Wallach endlich der Startschuss fällt. Dort war zuvor im Überschwemmungsvorland der „Düker“ – so wird im allgemeinen ein Rohrleitungsabschnitt genannt, mit dem in offener Bauweise Gewässer unterquert werden – in seiner finalen Form vorgefertigt worden. Mit diesem erfolgt die Verlegung der umstrittenen Erdgasfernleitung „Zeelink“ im Rhein.
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Die Pipeline quert aus Süden kommend auf Rheinberger Stadtgebiet den Rhein und verläuft auf der anderen Seite über Voerder Stadtgebiet weiter. Das Bauwerk wird an diesem Mittwochvormittag bei Wallach getauft, bevor es schließlich mit deutlicher Verspätung durch das Wasser geschickt wird. Die Seilwinde, die den Düker durch den Rhein zieht, steht unweit des Orker Deichkreuzes, nahe der Uferböschung, die geöffnet und wo eine Rinne ausgehoben wurde. Dort soll der Rheindüker in Voerde „anlanden“.
Start mit zweieinhalb Stunden Verspätung
Endlich, gegen 13 Uhr – mit etwa zweieinhalb Stunden Verzug – setzt sich die Maschine in Bewegung und damit auch das 525 Meter lange und mehr als 1000 Tonnen schwere Bauwerk, das auf der anderen Seite des Flusses auf einer Rollenbahn platziert ist. Weil es technische Probleme gab, das Seil von der Voerder auf die Rheinberger Seite transportiert zu bekommen, hat sich der Start der Aktion verzögert, wie Helmut Roloff, Sprecher der Open Grid Europe GmbH, erläutert. Der Fernleitungsnetzbetreiber ist für die Planung und den Bau der Gaspipeline verantwortlich. Vorhabenträgerin ist die Zeelink GmbH & Co. KG. Ein an dem Düker befestigter Metallstab mit Fahne daran zeigt, wo im Wasser sich der Koloss gerade befindet – ein wichtiger Hinweis für die Wasserschutzpolizei, um die Schifffahrt entsprechend vorbei zu lenken.
Am Ende des Prozesses soll der Düker mindestens 3,50 Meter unter der Rheinsohle in einer Rinne liegen. Das von einem Kranschiff dafür ausgebaggerte Material ist zu einem großen Haufen aufgetürmt neben der Weide, wo nun die Kühe im Schatten des Deichkreuzes Ork wieder unaufgeregt grasen, kurzzeitig zwischengelagert. Die Rinne im Rhein wird damit auch wieder zugeschüttet, wie Martin Wagner, Bauleitung Tiefbau der in Österreich ansässigen Firma Habau – mit ihrer deutschen Tochterfirma PPS Pipeline Systems und weiteren Argepartnern mit dem Neubau der Gaspipeline „Zeelink“ beauftragt – erklärt. Damit soll am Donnerstag begonnen werden.
Das Ziehen des Dükers durch den Rhein dauert mehrere Stunden: Die Zielgrube auf Voerder Seite ist gegen 17 Uhr erreicht. Die dort ausgegrabene Rinne im Uferbereich wird in den nächsten Tagen ebenfalls wieder verfüllt. Der Anschluss an die landseitig dort weiter verlaufende Gaspipeline wird noch etliche Monate auf sich warten lassen, denn Arbeiten im Bereich des Deiches dürfen nicht während der Hochwasser-Zeit, sprich vom 1. November bis 31. März, erfolgen.
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Für die Verlegung der Leitung werden die Deiche im Bereich des geplanten Rohrgrabens geöffnet und anschließend „gemäß den Vorgaben der Deichverbände“, fachmännisch geschlossen, wie es seitens Open Grid Europe heißt. Die Arbeiten zum Anschluss der Erdgasfernleitung am Rhein auf Voerder Gebiet sind Open Grid Europe zufolge in der Zeit vom 1. August bis zum 31. Oktober kommenden Jahres vorgesehen.
Auch hinter dem Deich, parallel zur Kolkstraße in Ork, sind Vorboten der Verlegung der Gaspipeline, deren Gegner die große Sorge um die Sicherheit der Leitung umtreibt, zu sehen. Dort wird gerade der Oberboden abgetragen und die Baustraße hergestellt.
>>Info: Schutzmaßnahmen und behördliche Vorgaben
- Mit einem eindeutigen Schild soll die Binnenschiffahrt auf den im Rhein unter der Flusssohle liegenden Düker mit der Gaspipeline hingewiesen werden, wie Open Grid Europe auf NRZ-Nachfrage zu möglichen Notankerwürfen ankündigt. Zudem verweist deren Sprecher Helmut Roloff in punkto Sicherheit auf die Beschaffenheit des Dükers, den 18 Zentimeter dicken Betonmantel, und auf dessen Verlegung mindestens 3,50 Meter unter der Rheinsohle.
- Ursprünglich war geplant, den Deich für die Verlegung der Erdgasfernleitung im Bohr- und Pressverfahren zu unterqueren. Doch dem stimmte die Bezirksregierung Düsseldorf, die das Bauvorhaben genehmigte, nicht zu. Die Behörde argumentierte, dass es dadurch zu Hohlräumen im Untergrund kommen könne. Dies berge Gefahren: Wasser, das sich entlang den Leitungen einen Weg suche, Erosion oder auch Setzungen des Deiches. Die Behörde machte die Vorgabe, die Pipeline im Bereich des Deiches in offener Bauweise zu verlegen.