Dinslaken. 20 Jahre nach seiner Gründung übt der Stadtmarketingverein harsche Kritik an der Stadt Dinslaken. Nicht nur wegen des zerstörten Glockenspiels.
Das Glockenspiel hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Seit 20 Jahren gibt es in Dinslaken den Stadtmarktingverein. Jetzt spricht dessen Vorsitzender, Andreas Eickhoff, Klartext: Er übt harsche Kritik an der Stadt Dinslaken. Die Stadtspitze habe den Stadtmarketingverein aufs Abstellgleis geschoben und ignoriere dessen Ideen und Vorschläge.
Das ist der Hintergrund
An der Gründung des Stadtmarketingvereins vor fast genau 20 Jahren – im Mai 2000 – waren noch die Vorgängerin von Bürgermeister Michael Heidinger, Sabine Weiss, und Andreas Eickhoffs Vater Horst beteiligt. Auch Heidinger setzte in seinem Programm für die Kommunalwahl 2014 einen Schwerpunkt im Bereich Stadtmarketing. „Ziel aller unserer Aktivitäten im Bereich Stadtmarketing ist, den Bekanntheitsgrad der Stadt Dinslaken weiter zu steigern und dafür zu sorgen, dass der Name unserer Stadt in der Außenwahrnehmung positiv besetzt ist“, hieß es da unter dem Punkt „Dinslaken 2020“. Alle Kompetenzen – auch ehrenamtliche – sollten im „Team Stadtmarketing“ gebündelt werden, so die Idee des Bürgermeisters, die im Rahmen der Umstrukturierung von Dinamit auch umgesetzt wurde. Für drei Jahre.
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Denn die 14-tägigen Sitzungen unter der Leitung des Stadtoberhaupts, an denen neben dem Stadtmarketingverein auch die zuständige Dezernentin, die Fachämter, die Wirtschaftsförderung und Pressestelle teilnahmen, wurden im Mai 2017 wieder eingestellt. Der Stadtmarketingverein überfordere die Stadt mit den vielen Ideen, das könne „alles nicht mehr geleistet“ werden, das habe die Stadt ihm als Begründung mitgeteilt, sagt Andreas Eickhoff.
Das wurde angestoßen
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Zu unserem Gespräch bringt er eine kleine Holznachbildung des Glockenspielhauses mit, einen Prototyp, der in Kooperation mit der Lebenshilfe gebaut wurde – und zwei dicke Ordner. Darin hat er den Schriftverkehr der vergangenen Jahre mit der Stadt gesammelt. Immer wieder blättert Eickhoff in dem Ordner, findet Erinnerungen an vergangene Aktionen: Der Frühjahrsputz „Picobello“ etwa sei 2016 „von uns aus gegangen“. Ein Wochenende sollte es eigentlich nur werden, die Stadt habe mit Erfolg eine ganze Woche daraus gemacht. Oder die „Frühschicht“, das Frühstück in der Innenstadt. Manches habe viel Mühe gekostet: Die digitalen Geschwindigkeitswarnschilder etwa, die vor drei Kitas stehen. Das Projekt habe das Stadtmarketing damals selbst in die Hand genommen, die Sparkasse sei eingestiegen.
Jetzt fehle das „Bindeglied“
Seitdem die Sitzungen des Teams Stadtmarketing eingestellt worden seien, „fehlt uns das Bindeglied zur Stadtverwaltung“, bedauert Andreas Eickhoff. Die Vorschläge sammeln sich im Ordner auf geduldigem Papier. Mit Neid schaut Eickhoff aufs professionelle Stadtmarketing in Wesel. Eine Idee von dort möchte er gerne in Dinslaken umsetzen – seit Jahren, wie er sagt: Das Schild mit den Veranstaltungsankündigungen am Stadteingang. Er hat sich in Wesel nach den Kosten erkundigt, der Stadtmarketingverein hätte Dinslaken „das Geld sogar bereitgestellt“.
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Andere Städte, so Eickhoff, zeigen mit Webcams „die schönsten Stellen der Stadt“. In Dinslaken zeigt die Webcam den Bahnhofsvorplatz. Die Neutor-Galerie und private Hauseigentümer hätten sich in Gesprächen mit ihm bereit erklärt, Kameras zu installieren, um etwa den Neutorplatz zu zeigen. Beides sei im Sande verlaufen.
„Wir versuchen, die Stadt an kleinen Stellen zu verbessern“, so Eickhoff. Seit Jahren beklagt er den Zustand der Bohlen- und der Klosterpassage. „Das sind die Tore zur Neustraße und man muss sich dort fremdschämen.“ In der Klosterpassage seien Steine locker, Scheiben kaputt. „Da muss man doch als Stadt einen Hebel ansetzen können.“
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Im vergangenen Jahr, vor dem Verkauf des Stammen-Hauses mit dem Glockenspiel, äußerte der Stadtmarketingverein seine Sorge um das Glockenspiel. Das Ergebnis ist bekannt: Das Glockenspiel wurde trotzdem zerstört.
„Wir haben immer wieder versucht, Dinge ins Leben zu rufen. Aber seitdem das Team Stadtmarketing aufgelöst wurde, fragen wir uns: Hat Stadtmarketing überhaupt noch eine Berechtigung?“, sagt Andreas Eickhoff und klappt die beiden Ordner zu. Das Holz-Glockenhaus will er dem Bürgermeister überreichen. Die nächste Gelegenheit wäre das Gespräch zum weiteren Vorgehen in Sachen Glockenspiel.
Das sagt die Stadt Dinslaken
Nach Auskunft der Stadt Dinslaken wurde bei der letzten Sitzung des Teams Stadtmarketing am 10. Mai 2017 beschlossen, „das Team bis auf weiteres auszusetzen“, so Stadtsprecher Marcel Sturm. Statt dessen sollte je nach Bedarf ein bilateraler Austausch zwischen der Kernverwaltung, Din-Event und dem Stadtmarketingverein stattfinden. Zudem habe man sich darauf geeinigt, bei Bedarf den Bürgermeister mit einzubinden oder „das Team Stadtmarketing wieder zu reaktivieren“.
Ähnliche, parallele Arbeitsgruppen wie AG Einzelhandel oder der Runde Tisch der Werbegemeinschaften seien fortgeführt worden. „Ziel war eine Verschlankung der Arbeitsprozesse.“ Die Behauptung, das Team Stadtmarketing sei eingestellt worden, weil die Stadtverwaltung die Ideen nicht umsetzen könne, sei „absurd“, so Sturm.