Dinslaken. Der Erhalt des Glockenspiels war Teil des Testaments - aber nicht des Kaufvertrags. Die Lebenshilfe unterstützt den Rückkauf des Glockenspiel.

Ja – der Erhalt des Glockenspiels an der Neustraße war tatsächlich Bestandteil des Testaments des früheren Hausbesitzers Hans Stammen. Und ja – die Lebenshilfe hat beim Verkauf des Hauses einen Fehler gemacht – das räumen Margot Stieler, Vorsitzende der Lebenshilfe, sowie Geschäftsführer Meinhard Reichelt am Freitag ein.

„Fühlen uns getäuscht“

„Es war ein Fehler, dass wir keinen Passus in den Kaufvertrag aufgenommen und uns auf das Wort des Käufers sowie dessen mündliche Zusicherung vertraut haben“, sagte Meinhard Reichelt am Freitag in einem Gespräch mit der NRZ. Die Lebenshilfe stünde immer zu ihrem Wort, das sei Ehrensache, und somit sei er auch davon ausgegangen, dass der Käufer sein Wort hielt. „Wir hatten die Erwartung, dass das Haus einer Folgenutzung zugeführt wird, die mit dem Erhalt des Glockenspiels ebenfalls im Sinne von Hans Stammen ist. Jetzt fühlen wir uns durch den Käufer getäuscht“, so Reichelt.

Darum wurde das Haus verkauft

Der Verkauf des Hauses an sich, sei durchaus im Sinne von Hans Stammen gewesen, da ist Meinhard Reichelt sicher. Der ursprüngliche Wille von Hans Stammen sei es gewesen, mit den Mieteinnahmen durch die Gewerbeflächen und Mietwohnungen im Haus die Lebenshilfe und ihre Klientel langfristig zu unterstützen. Das sei ebenfalls im Testament hinterlegt worden. Auch eine Sperrfrist habe es geben: Sie beinhaltete, dass das Haus bis 2016 nicht veräußert werden durfte.

„Aber es ging nicht mehr“, erzählt Margot Stieler, „wir haben immer wieder Gelder in das Haus stecken müssen. Wir hätten das Haus gerne behalten.“ Durch mehrfache Wechsel der Gastronomie, durch ständige Umbauten wurde die Immobilie immer mehr zu einen Zuschussgeschäft für die Lebenshilfe. Schweren Herzens habe man sich entschlossen, das geerbte Haus zu verkaufen, um mit dem Erlös die Arbeit der Lebenshilfe zu finanzieren, immer im Sinne von Hans Stammen.

Die Lebenshilfe habe ein Wertgutachten in Auftrag gegeben, das Haus wurde taxiert und nur einer der Interessenten habe die geforderte Kaufsumme zahlen wollen. „Auch hier sind wir unseren Mitgliedern verpflichtet“, so Reichelt. „Hätten wir das Haus weit unter Wert verkauft, hätten unsere Mitglieder zu Recht protestieren können.“

Lebenshilfe unterstützt Rückkauf

Den weiteren Verlauf des Verkaufes, so wie er sich jetzt gestaltet, hatte sich die Lebenshilfe aber auch nicht vorstellen können. „Ich war vollkommen überrascht als ich den Artikel in der Zeitung las. Dass die alte historische Fassade verschwinden sollte, auch davon wussten wir nichts“, so Reichelt. Er habe aus seinen Fehlern gelernt, sollte noch einmal ein Verkauf anstehen oder ein sonst wie gearteter Vertrag ausgearbeitet werden, würde jede nur erdenkliche Kleinigkeit ins den Vertrag aufgenommen. „Es ist schade, dass man sich nicht mehr auf ein gegebenes Wort verlassen kann, aber die Ära scheint vorbei“, sinniert der Geschäftsführer der Lebenshilfe.

Inzwischen habe ein Gespräch mit Andreas Eickhoff stattgefunden, der ja bekanntlich das Glockenspiel zurückkaufen möchte – falls noch vorhanden. Daran wolle sich die Lebenshilfe natürlich beteiligen. „Es war ja unser Fehler. Und wenn der Bedarf besteht, unterstützen wir gern“, verspricht Meinhard Reichelt. An der Fassadenänderung könne die Lebenshilfe nichts ändern, dass sei jetzt Sache der Stadt Dinslaken, die ja bereits bestätigt hat, dass tatsächlich ein Verstoß gegen die im Dezember 2014 in Kraft getretene Gestaltungssatzung vorliegt.

Das geschieht mit dem Verkaufserlös

Mit dem Erlös aus dem Verkauf des Stammen-Hauses finanziert die Lebenshilfe Projekte, mit denen die Qualität des Angebotes für Menschen mit Behinderung gestärkt und ausgebaut werden soll. Dazu gehören Musiktherapie, Freizeitangebote, Heilpädagogisches Reiten sowie der Austausch mit den Werkstätten der Dinslakener Partnerstadt Agen. Auch die Begleitung und Beratung des Lebenshilfe-Rates kann dadurch weitergeführt werden. „Alles Projekte, die nicht öffentlich gefördert werden“, erklärt Margot Stieler.

„Wir sind sicher, dass die Nutzung des Erlöses auch im Sinne des Erblassers ist“, betont sie weiter. Denn Menschen mit Behinderungen lagen Hans Stammen besonders am Herzen.