Dinslaken. Das Glockenspiel, das das Stammen-Haus an der Neustraße zierte, existiert nicht mehr. Das teilte der neue Hauseigentümer dem Bürgermeister mit.
Schlechte Nachrichten für alle Freunde des Glockenspiels in Dinslaken: Das Glockenspiel existiert nicht mehr. Es wurde eingeschmolzen. Das hat der neue Hauseigentümer am Donnerstag Bürgermeister Michael Heidinger mitgeteilt.
Das Glockenspiel wurde „verwertet“
Das Glockenspiel sei „verwertet worden“, hieß es. Der neue Hauseigentümer, ein Restaurantbesitzer aus Gelsenkirchen, der das Glockenhaus von der Lebenshilfe erworben hat, hatte das Glockenspiel demontieren lassen und an einen Verwerter verkauft. Der wiederum hat es an einen anderen Händler weitergegeben, der die Bronzeglocken eingeschmolzen hat.
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Die Uhr existiert noch
Nur die Uhr, die zu dem Glockenspiel gehörte, existiere noch, teilte der Eigentümer dem Bürgermeister mit. Diese werde der Hauseigentümer zurückerwerben und der Stadt Dinslaken kostenlos zur Verfügung stellen, so Stadtsprecher Marcel Sturm auf Anfrage der NRZ. „Jedoch müssen wir die Nachricht über den Verlust des Glockenspiels mit großem Bedauern zur Kenntnis nehmen.“
Andreas Eickhoff, Vorsitzender des Stadtmarketing-Vereins, ist angesichts der Nachricht aus Gelsenkirchen misstrauisch. Er glaubt nicht, dass das Glockenspiel tatsächlich zerstört wurde. „Die Glocken sind ja mehr wert als der Materialpreis“, sagt er – das hat ihm auch die Firma, die die Glocken einst überarbeitet hat, die Glocken- und Kunstguss-Manufaktur Petit & Gebr. Edelbrock bestätigt. Der Stadt liegt allerdings ein Schreiben des Verwerters vor, in dem dieser „mitteilt, dass die Glocken verschrottet und eingeschmolzen worden sind“, so Sturm.
Eickhoff hat der Stadt angeboten, selbst nach Gelsenkirchen zu fahren und die Uhr abzuholen. Mitglieder des Stadtmarketingvereins hatten schon im vergangenen Jahr, als der anstehende Verkauf des Stammen-Hauses bekannt wurde, Sorge um die Zukunft des Glockenspiels geäußert. Eickhoff wollte das Haus gemeinsam mit dem Apotheker Dieter Reise selbst kaufen und die Fassade sanieren – das Gebot des Käufers aus Gelsenkirchen war aber höher.
So geht es weiter
Bürgermeister Michael Heidinger will sich zeitnah mit der Lebenshilfe als vorheriger Besitzerin des Gebäudes und mit dem Stadtmarketingverein zusammensetzen, „um die Situation und mögliche Handlungsszenarien zu besprechen“, so Sturm.
Außerdem werde die Stadtverwaltung „zeitnah“ ein Gespräch mit dem Hauseigentümer über die Umgestaltung der Fassade führen. Die Dämmung, die dieser aufgebracht hat, widerspricht der Gestaltungssatzung der Stadt Dinslaken. Die Stadt hat den Eigentümer aufgefordert, die Fassade jetzt wieder an die Gestaltungssatzung anzupassen. Er soll nun aufzeigen, wie er diese Vorgabe umsetzten will. Offen ist auch noch die Frage, ob das Uhrwerk, das in einer eigenen Kammer hinter der Fassade untergebracht war, noch existiert.
Die Gestaltungssatzung sieht bei Verstößen Geldbußen in Höhe von bis zu 50.000 Euro vor, laut Landesbauordnung sind sogar bis zu 100.000 Euro Buße möglich. Ob diese tatsächlich fällig werden, entscheiden die Fach- und die Rechtsabteilung der Stadt. Das Verfahren beginnt generell mit einer Anhörung, so Marcel Sturm. „Es muss also erst Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt werden.“
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>>Hintergrund
Uhrmacher Hans Stammen hatte der Lebenshilfe das Haus vererbt. Der Erhalt des Glockenspiels stand im Testament, wurde aber beim Verkauf des Hauses nicht schriftlich vereinbart.
Ein Anwalt hat eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen städtische Mitarbeiter eingereicht und Anzeige gegen den Hausbesitzer erstattet.
Wer das Glockenspiel noch einmal hören möchte, hat dazu Gelegenheit auf Youtube. Lothar Herbst hat vor einigen Jahren für seine Seite „Dinslaken meine Stadt“ ein Video gemacht: https://www.youtube.com/watch?v=sc1ibF-c8nc&t=5s