Dinslaken. Mit der Frage „Wie barrierefrei ist Dinslaken?“ sind wir ins NRZ-Bürgerbarometer gestartet. So reagiert Behindertenbeauftragte auf das Gespräch.

Wie barrierefrei ist Dinslaken? Mit dieser Frage sind wir am Samstag ins NRZ-Bürgerbarometer gestartet. Das Fazit unseres Gesprächs mit Rollstuhlfahrerin Erna Fassbender: In einigen Bereichen hat die Stadt noch Nachholbedarf – zum Beispiel beim ÖPNV-Angebot oder der Ausstattung der Behinderten-Toiletten. Aber was sagt Leslie Unterberg zu der Kritik? Dinslakens Behindertenbeauftragte stand uns Rede und Antwort.

„Dass nicht alle Modelle der E-Scooter in den Bus dürfen, finde ich überaus bedauerlich“, sagt Unterberg. „Das nimmt den Menschen ein großes Stück Selbständigkeit.“ Die strengen Vorgaben seien der Sicherheit geschuldet. „Ich gehe aber davon aus, dass die Niag in den nächsten Jahren aufgrund des Bedarfes und der demografischen Entwicklung mehr Busse einsetzen wird, die auch E-Scooter befördern.“ Unsere Recherche hatte ergeben, dass aktuell nur zwei bis fünf Busse in Dinslaken für die Mitnahme der elektronischen Fahrzeuge ausgerüstet sind.

108 von rund 200 Bushaltestellen seit 2012 barrierefrei umgebaut

Der barrierefreie Umbau der Haltestellen schreite ebenfalls kontinuierlich voran. Von den rund 200 Bushaltestellen seien seit dem Beginn des ersten Bauabschnitts im Jahr 2012 insgesamt 108 umgebaut worden. „Auch bei der Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes wird das Thema Barrierefreiheit großgeschrieben und ist entsprechend bei den Planungen intensiv reflektiert worden“, sagt Unterberg.

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Die Kritik an den Behinderten-WCs kann Unterberg nur teilweise nachvollziehen: „Die Toiletten am Burgtheater sowie an der Gartenstraße sind mittlerweile in einem guten Zustand.“ Zwar sei das WC am Burgtheater zeitweise von einem Obdachlosen als Schlafstätte genutzt worden, aber mittlerweile stehe die Toilette wieder uneingeschränkt zur Verfügung. Zudem sei die defekte Schließanlage instandgesetzt worden.

Behindertentoilette im Dinamare soll bei Umbau von Familienkabine getrennt werden

Das Behinderten-WC an der Gartenstraße sei ausschließlich an Markttagen geöffnet. Die Tore müssten dienstags und freitags aber nicht aufgeschlossen werden, da sie offen stehen. Darüber hinaus gebe es im Dinamare – entgegen der Aussage von Fassbender – nicht nur eine, sondern zwei Behindertentoiletten. „Eine davon ist unglücklicherweise in die Familienkabine integriert“, räumt Unterberg ein. „Bei der Planung des Umbaus wird nach Rücksprache mit dem Dinamare die Familienkabine von der Behindertentoilette getrennt.“

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Und das Behindertentelefon im Stadthaus? Das sei im Zuge der Erneuerung der Telefonanlage entfernt worden. „Hintergrund war die zu geringe Frequenz“, so Unterberg. Außerdem habe die Behindertenbeauftragte seit über einem Jahr ihr Büro im Erdgeschoss und helfe gerne bei der Vermittlung der richtigen Ansprechpartner. Außerhalb der Sprechzeiten – Montag, Mittwoch und Freitag zwischen 9 und 12 Uhr – sei sie auch telefonisch unter 02064/66 584 erreichbar.

Homepage der Stadt soll bis 30. September barrierefrei umgestaltet werden

Darüber hinaus arbeite die Stadt derzeit an der barrierefreien Umgestaltung ihrer Internetseite. „Dazu gehört nicht nur die bessere Erkennbarkeit für sehbehinderte Menschen“, betont Unterberg. Auch Barrieren für Gehörlose oder geistig Behinderte sollen durch Untertitel und den Gebrauch einer leichteren Sprache abgeschafft werden. Bis zum 30. September habe die Stadt Zeit, die rechtlichen Vorgaben für barrierefreie Internetseiten umzusetzen.

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Ein besonderes Anliegen der Behindertenbeauftragten sei auch die Errichtung inklusiver Spielplätze. „Die Umsetzung von Maßnahmen ist in 2020 geplant, damit auch Kinder mit Behinderungen barrierefreie Spielgeräte nutzen können“, sagt Unterberg. „Davon profitieren alle. Denn wenn Inklusion schon früh gelebt wird, entstehen Barrieren im Kopf erst gar nicht.“ Auch Eltern oder andere Familienmitglieder mit Behinderung sollen künftig mit ihren Kindern auf den Flächen spielen können. Die Planungsphase laufe zwar noch, inklusive Spielgeräte seien aber beispielsweise an der Ziegelstraße, im Bergpark oder an der Voerder Straße denkbar.

In der Bevölkerung lasse sich eine Bewusstseinsveränderung feststellen, so Unterberg: „Das Thema Behinderung und Barrierefreiheit ist mittlerweile kein Randthema mehr, sondern rückt glücklicherweise neben vielen anderen Themen in den Betrachtungsfokus der Öffentlichkeit.“ Trotzdem gebe es hier und da noch Verbesserungsmöglichkeiten. So sei zum Beispiel wünschenswert, dass noch mehr barrierefreier Wohnraum geschaffen wird – auch in Hinblick auf die immer älter werdende Gesellschaft. Alles in allem sei Dinslaken aber schon auf einem guten Weg.

>> AKTIONSWOCHE ZUM THEMA ARBEIT

  • Die Dinslakener Stadtverwaltung wird 2021 in Kooperation mit den Albert-Schweizer-Einrichtungen eine Aktionswoche zum Thema Arbeit veranstalten. „In dieser Woche werden Beschäftigte aus der Werkstatt für behinderte Menschen für einen Tag den Arbeitsplatz mit Mitarbeitenden aus Dinslakener Unternehmen tauschen“, so die Behindertenbeauftragte.
  • Die Projektwoche solle dazu beitragen, ein besseres Verständnis für Menschen mit Behinderung und deren Arbeit in der Werkstatt zu erlangen.