Dinslaken. Dieter Holthaus, früherer Behindertenbeauftragter und nun Ausschussmitglied der Linken, räumt aus Protest den Saal. Das wirft er der Stadt vor.
Mit einem Paukenschlag begann die Sitzung des Bauausschusses am Montag. Dieter Holthaus, ehemaliger Behindertenbeauftragter der Stadt Dinslaken, jetzt sachkundiger Bürger für die Linke in den politischen Gremien und stark sehbehindert, verließ aus Protest die Ausschusssitzung. Grund: Er bekommt keine barrierefreien Sitzungsunterlagen.
Seit Monaten keine barrierefreien Unterlagen
Seit rund neun Monaten bemühe sich die Linke um die Unterlagen, so Dieter Holthaus in einer von ihm verlesenen Erklärung: „Nur so sind eine fundierte Meinungsbildung und Gremienarbeit möglich.“ Als seheingeschränkter Mensch müsse er barrierefreie elektronische Sitzungsunterlagen zum gleichen Zeitpunkt erhalten, zu dem auch die übrigen Ausschussmitglieder ihre Unterlagen bekommen.
Das Problem wurde auch in der Vergangenheit schon in mehreren Ausschusssitzungen offensichtlich: Wenn Präsentationen an die Wand des Sitzungssaals projiziert werden, ist es Dieter Holthaus aufgrund seiner Seheinschränkung nicht möglich, den Inhalt zu erkennen. Auch hat Holthaus die Stadtverwaltung mehrfach darauf angesprochen und entsprechende Anträge gestellt.
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Zuletzt versprach Bürgermeister Dr. Michael Heidinger selbst in der Ratssitzung am 17. Dezember vergangenen Jahres, Dieter Holthaus ab 1. Januar 2020 barrierefreie Sitzungsunterlagen zur Verfügung zu stellen. „Alle fachlichen Fragen waren geklärt,“ so Holthaus. „Auf dieses Wort von Bürgermeister Heidinger hat sich meine Fraktion und auch ich mich persönlich verlassen.“ Dennoch habe er die Stadtverwaltung im Vorfeld der Sitzung nochmals an das Versprechen erinnert. Vergeblich. Es seien keine barrierefreien Sitzungsunterlagen übersandt worden.
„Bürgermeister Heidinger hat sein Wort nicht gehalten“
„Im Ergebnis ist festzustellen, dass Bürgermeister Heidinger sein Wort nicht gehalten hat“, so Dieter Holthaus. Die Sitzungsvorbereitung und Meinungsbildung seien für ihn daher nicht möglich gewesen. „Die Teilhabe meiner Fraktion an der politischen Willensbildung wurde damit behindert und eingeschränkt.“ Die demokratischen Spielregeln sähen eine chancengleiche Behandlung aller Ausschussmitglieder vor. „Nur so funktioniert Demokratie. Jedes Ausschussmitglied hat das gleiche Recht auf volle Teilhabe an der politischen Willensbildung, unabhängig davon, ob und welche Unterstützung benötigt wird. Bis dieser demokratische Grundsatz in diesem Ausschuss gelebt wird, kann ich mein politisches Mandat nicht ausüben.“
Die Sitzung des Bauausschusses verlasse er „aus Protest“, sagte Holthaus, ließ die Erklärung zum Nachlesen da und packte seine Sachen.
Die Linke, so teilte die Partei anschließend schriftlich mit, sei „empört über den politischen Wortbruch des Bürgermeisters.“ Der Fraktionsvorsitzende der Linken, Gerd Baßfeld, sei „entrüstet über eine derartige Diskriminierung, bewusste Benachteiligung und Schwächung der Fraktionsarbeit der Partei.“ Es sei „beschämend“, dass ein politischer Mandatsträger auf diese Weise an der Ausübung seiner Gremienarbeit gehindert werde. „In Zeiten der Inklusion und politischen Partizipation von Menschen mit Behinderung ein unerhörter Vorgang und politisches Armutszeugnis der Verantwortlichen,“ so die Linke.