Essen. Essens Abwehrspieler nahm die Konkurrenzsituation zu Neuzugang Matti Wagner nicht nur an, sondern blühte beim 5:1-Erfolg über Hannovers U23 regelrecht auf.
Die Szenerie nach Abpfiff in den Katakomben des Stadions an der Hafenstraße war eigentümlich: Wo gewöhnlich die auswärtigen Medienvertreter in der einen Hälfte der Mixed Zone sich um die Gästespieler scharren, herrschte diesmal gähnende Leere. Niemand wollte etwas wissen, es schien so, als könne der Tross der Hannoveraner nach der 1:5-Schmach bei Abstiegskonkurrent Rot-Weiss Essen nicht schnell genug den Ort des Geschehens verlassen.
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Da passte das sparsame Statement von 96-Coach Daniel Stendel so richtig in die allgemeine Stimmungslage: „Gratulation den Essenern zu den drei Punkten, die wir so leicht hergeschenkt haben, wie wir uns das nicht vorgenommen haben. Unser Abwehrverhalten war inakzeptabel. So haben wir einen Gegner, der sicherlich nicht vor Selbstbewusstsein strotzte, wieder aufgebaut. Wir haben heute nicht das gezeigt, was wir in Wahrheit können. So fahren wir ziemlich ernüchtert zurück nach Hannover.“
Rot-Weiss Essen macht einen ersten Schritt
Beim Sieger herrschte nach Schlusspfiff wie erwartet das allgemeine Aufatmen, der Druck vor dieser wegweisenden Partie, er war wohl noch nie so groß im bisherigen Saisonverlauf. Allerdings vermieden die Essener nach Schlusspfiff auch die große Triumphpose, man holte sich den verdienten Applaus vor der Westkurve ab. Etappenziel erreicht - mehr nicht, so der allgemeine Tenor. Das rettende Ufer ist wieder nur einen Punkt entfernt, aber man steht auch nach dem 21. Spieltag weiter unter dem Strich.
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Auch Trainer Uwe Koschinat hatte den verpatzten Rückrundenauftakt in Aachen noch nicht so schnell abgehakt, sprach von einer „um eine Woche verzögerten Leistung, die gekrönt wurde durch den Dreier. Ich bin wirklich zufrieden mit der Mannschaft, mit der Leistung und der Art, wie wir heute aufgetreten sind. Ganz klar: Das ist jetzt ein erster Schritt. Es ist immer gefährlich, die Mannschaft in Schutt und Asche zu reden und zu schreiben, wenn es nicht gut läuft. Und in der anderen Richtung sollten wir genauso beide Beine auf dem Boden lassen. Ein erster Schritt in die richtige Richtung - aber er darf nicht der letzte sein.“
Rot-Weiss Essen: Brummes abgefälschte Flanke landete als Bogenlampe im Netz
Vieles lief von Beginn an in die richtige Richtung, das frühe Führungstor von Rios Alonso, nach einem dieser gefürchteten weiten Einwürfe von Tom Moustier. Und dass der eigentlich als Flanke gedachte Ball des zuletzt viel kritisierten Lucas Brumme abgefälscht, als Bogenlampe, sich hinter Hannover-Keeper Toni Stahl ins Netz senkte, erlebt man auch nur alle Jubeljahre, von einer Wiederholung ist so schnell nicht auszugehen. Jedenfalls stärkte es das angeknackste Selbstbewusstsein der Gastgeber, die auch viele gekonnte Angriffe abspulten, wenn auch den Stürmern im Abschluss das Schussglück diesmal gänzlich abhanden gekommen war. Neuzugang Dominik Martinovic und Ahmet Arslan hätten schon vor der Pause das halbe Dutzend voll machen können, vielleicht sogar müssen.
„Sie haben einen großen Anteil daran gehabt, dass wir mit einer unfassbar beschwingten Art nach vorne kamen und das Publikum mitgenommen haben. Klar, können sie vor dem Tor die eine oder andere Entscheidung besser treffen, aber ich kann es nicht so stehen lassen, als ob wir heute ausschließlich auf der Basis von Körperlichkeit das Spiel entschieden haben - das war auch guter Fußball, und dazu haben die Beiden beigetragen“, hielt Koschinat ein Plädoyer für seine agilen Angreifer.
Kein Plädoyer musste diesmal für Lucas Brumme gehalten werden, der auf der linken Abwehrseite dann doch den Vorzug gegenüber Neuzugang Matti Wagner erhalten hatte, der sich unter der Woche fit zurückgemeldet hatte. Zwei Tore, ein Assist per Freistoß zum Kopfballtreffer von Tobias Kraulich - die Mannschaftskameraden, ja, der ganze Staff freute sich mit dem Langen über seinen besonderen Sonntagnachmittag.
Rot-Weiss Essen: Lucas Brumme hat die Konkurrenzsituation angenommen
Dabei wollte Koschinat Brumme zunächst nicht von Anfang an spielen lassen. Neuzugang Matti Wagner sollte starten, die medizinische Abteilung legte aber ihr Veto ein, verriet Koschinat. „Matti Wagner war in dieser Woche ein klarer Startelf-Kandidat, die medizinische Abteilung hat ihn aber ausgebremst. Die medizinische Abteilung war sich sicher, dass das nicht für eine lange Spielphase reicht.“
Brumme erhielt eine weitere Chance und nutzte diese. Der RWE-Trainer freut sich darüber: „Lucas hat sich unabhängig von der Verpflichtung zuletzt auch schuldig gefühlt. Man darf Spieler nicht immer gleich so oberflächlich in Schubladen einordnen. Ich habe mich bemüht, mit ihm ein offenes Verhältnis zu finden, bei dem ich einfach auch den Typ Lucas Brumme verstehe, um ihn optimal coachen zu können. Die Konkurrenzsituation zu Matti Wagner hat ihn nicht erzürnt, er hat sich auch nicht abschätzig verhalten. Ganz im Gegenteil: Er hat ganz klar gesagt, er will zum maximalen Erfolg des Teams beitragen - und wenn dann so eine Reaktion erfolgt, ist das sehr sehr positiv“, freute sich Koschinat.
Auch darauf lässt sich in den kommenden Spielen sicherlich aufbauen.
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