Antalya. Kurz vor dem Abflug ins Trainingslager vermeldet Rot-Weiss Essen zwei Transfers, mit denen nicht zu rechnen war. Ein Kommentar mit Hintergründen.
Es war eine echte Punktlandung, die Drittligist Rot-Weiss Essen an diesem Montag hingelegt hat. Wenige Stunden vor der Abreise ins Trainingslager in die Türkei hat der Revierklub zwei neue Spieler präsentiert, deren Namen aufhorchen lassen. Klaus Gjasula (35, Darmstadt 98) und Dominik Martinovic (27, Slaven Belupo) sollen dabei behilflich sein, den ambitionierten Traditionsverein vor dem Absturz in die Regionalliga West zu bewahren.
Für die 3. Liga sind Gjasula und Martinovic Verpflichtungen, die in die Rubrik Kracher eingeordnet werden können. Die Transfers werden die scharfen Kritiker von RWE-Kaderplaner Marcus Steegmann deshalb auch für eine Weile verstummen lassen. Als das Essener Umfeld rund um den Jahreswechsel immer unruhiger wurde und nicht wenige Konsequenzen für den Sportdirektor forderten, da Konkurrenten wie der VfL Osnabrück fleißig Zugänge präsentierten und es in Essen ruhig blieb, bewahrte Steegmann die Nerven und zauberte Gjasula und Martinovic aus dem Hut. Das kann sich sehen lassen.
Rot-Weiss Essen: Fehler des Sommers wurden korrigiert
Kritik an seiner Person und der RWE-Einkaufspolitik waren angesichts der mauen Transferbilanz im vergangenen Sommer durchaus angebracht. Zu viele neue Spieler konnten die Erwartungen bisher nicht erfüllen. Die Kader-Korrekturen im Winter sind auch ein Schuldeingeständnis, schließlich hatten es die Essener verpasst, sich auf diesen wichtigen Positionen im Mittelfeld- und Sturm-Zentrum mit ausreichender Qualität zu verstärken.
Nun wurde in Gjasula genau der Spieler gefunden, den RWE in der Hinrunde schmerzlich vermisst hatte. Ein zweikampfstarker Sechser mit viel Erfahrung, der im Abstiegskampf nicht nervös wird. Gjasula war in Darmstadt ein kompromissloser Macher und Anführer einer Mannschaft, die in die Bundesliga aufgestiegen ist. Diese Referenzen haben Rot-Weiss Essen überzeugt.
Rot-Weiss Essen beteiligte sich an Gjasula-Abfindung
Allein mit Überzeugungskraft hätte Steegmann Spieler dieses Kalibers aber nicht an die Hafenstraße locken können. Die Transfers von Gjasula und Martinovic haben in Ligakreisen für Verwunderung gesorgt. Beide erhielten Verträge bis zum 30. Juni 2026, die bei einem Abstieg aber keine Gültigkeit mehr hätten. An Martinovic waren mehrere Klubs interessiert, denen nachgesagt wird, mehr Geld als RWE zur Verfügung zu haben. Für beide Profis haben sich die Essener finanziell gestreckt. Martinovic wurde mit einem Handgeld und einem für Drittliga-Verhältnisse stattlichen Gehalt gelockt. Darmstadt 98 gab in seiner Pressemitteilung zum Gjasula-Abschied zu Protokoll, dass „die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gestimmt haben.“
Wie diese Redaktion erfuhr, haben sich die Essener an der Abfindungszahlung für Gjasula beteiligt, der sich mit dem Wechsel nach Essen finanziell nicht verschlechtern wollte. Dass RWE die Wünsche der begehrten Spieler erfüllen konnte, ist auch der Vereinsführung um den Vorstandsvorsitzenden Marc-Nicolai Pfeifer zu verdanken, der frühzeitig mit seinem Vorstandskollegen Alexander Rang die wirtschaftliche Basis für die spektakulären Wintertransfers legen konnte. Das Klinkenputzen, an dem auch Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen beteiligt war, hat sich gelohnt. Zumindest kurzfristig.
Rot-Weiss Essen: Koschinats Wünsche wurden erfüllt
Denn nun sind die Mannschaft und vor allem Trainer Uwe Koschinat gefordert, Ausreden gibt es nicht mehr. Der Dabrowski-Nachfolger sprach zuletzt von einer „sehr guten“ Kader-Basis, die nach seinen Vorstellungen gezielt mit Qualität verstärkt werden müsse. Dieser Wunsch wurde dem 53-Jährigen nun erfüllt. Auch ein professionelles Trainingslager in der Türkei ist keine Selbstverständlichkeit für einen Drittligisten, all das lässt den Druck auf ihn und sein Team steigen. Denn ein Abstieg würde den Verein, der mittelfristig das Ziel 2. Bundesliga ausgegeben hat, weit zurückwerfen.
Die ersten Eindrücke deuten darauf hin, dass der neue RWE-Trainer auf einem guten Weg ist. Schon gegen Stuttgart II zeigten die Essener mit dem letzten Aufgebot gute Ansätze, im ersten Testspiel gegen Emmen funktionierte vor allem das Umschaltspiel. Koschinats Handschrift ist schon zu erkennen. Nun müssen Ergebnisse in der Liga her, damit die Mühen im Winter nicht umsonst waren.
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