Moers. Ex-Nationalspieler Tim Broshog bringt für die 3. Volleyball-Liga seinen Erfahrungsschatz mit. Das Comeback ist ein kleiner Zufall.

Das neue Trikot des Moerser SC, schmuck in Schwarz und Rot gehalten mit einigen Sponsoren auf Brust, Rücken, Schulter und Ärmeln, wirkt zwar noch ein wenig eng. Es dürfte allerdings auch nicht gerade einfach sein, für einen Modellathleten wie den 2,05 Meter großen, gut durchtrainierten Tim Broshog die passende Jerseygröße zu kreieren. Nach zweieinhalb Jahren ohne Volleyballberührung ist der ehemalige Nationalspieler zurück. Ein möglicherweise gewinnbringender Zufall für Drittliga-Aufsteiger MSC, den der neue Klubchef Guido Lohmann ins Rollen gebracht hat.

Beim Moerser SC war auch Marvin Prolingheuer kurz ein Thema

Der mittlerweile 36-jährige Tim Broshog arbeitet, ebenso wie Ex-Punktegarant Marvin Prolingheuer, bei der Volksbank Niederrhein. Dort ist Lohmann bekanntlich Vorstandsvorsitzender. Über den kurzen Dienstweg fragte der Banker bei beiden locker an, ob eine Rückkehr ins Team denkbar wäre. Der schlagstarke Prolingheuer, bis zum Zweitliga-Aus im Mai 2022 einer der Moerser Leistungsträger, winkte ab: 40-Stunden-Woche plus Studium nebenher plus MSC - das ist zu viel. Bei Tim Broshog gestaltete sich die Sache anders.

Vor mehr als zehn Jahren für den Moerser SC in der Volleball-Bundesliga im Einsatz: Tim Broshog (in Weiß-Schwarz).
Vor mehr als zehn Jahren für den Moerser SC in der Volleball-Bundesliga im Einsatz: Tim Broshog (in Weiß-Schwarz).

Der gebürtige Berliner ist seit fast zwei Jahrzehnten am Niederrhein heimisch. Genauer: am Oermter Berg. „Ich will hier auch nicht mehr weg“, bekräftigt der gelernte Mittelblocker, der beim MSC vorrangig als Diagonalspieler fungieren wird. Eine Position, die Broshog aus der Jugend kennt und an der er Spaß hat: „Und lernen werde ich dabei auch noch etwas.“ Trainer Hendrik Rieskamp sieht das ebenfalls so, hat aber für Broshog naturgemäß eine zweite gewichtige Rolle parat: „Tim soll ein Orientierungsspieler für die Jungs sein. Sie werden von ihm als langjährigem Profi eine Menge lernen. Und das sollten gerade unsere jungen Spieler auch ausnutzen.“

Eine besondere Volleyball-Erfahrung im Iran

Schon von 2008 bis 2014 war Broshog für den MSC unterwegs. Nach Einsätzen in der Charlottenburger Jugend der BR Volleys sowie für die Talente-Auswahl VCO Berlin und einer Saison bei den Netzhoppers angelte sich der damalige Moerser Klubchef Günter Krivec den Berliner. In Moers brachte es Broshog bis zum Nationalspieler, der 2014 bei der Weltmeisterschaft in Polen immerhin Bronze für Deutschland gewann. Mit der DVV-Auswahl war Broshog lange unterwegs. Unter anderem beim damaligen Asien-Meister Iran, der 2013 in der World League debütierte. 12.000 Fans peitschten ihr Team in Tehran nach vorn. Deutschlang ging im ersten Match unerwartet deutlich mit 0:3 unter, revanchierte sich aber tags darauf mit einem ebenso klaren 3:0.

Ehemalige Aktive des Moerser SC für die Volleyball-Nationalmannschaft 2014 im Einsatz: (von links) Zuspieler Lukas Kampa, Mittelblocker Tim Broshog, Diagonalspieler Georg Grozer Juniore sowie (vorn) Co-Trainer Stefan Hübner.
Ehemalige Aktive des Moerser SC für die Volleyball-Nationalmannschaft 2014 im Einsatz: (von links) Zuspieler Lukas Kampa, Mittelblocker Tim Broshog, Diagonalspieler Georg Grozer Juniore sowie (vorn) Co-Trainer Stefan Hübner. © Juergen Sabarz

„Das war eine besondere Erfahrung, auch für die Nerven. Die Halle war voll bis unters Dach, die Leute waren überaus enthusiastisch“, erinnert sich Broshog an den Iran. Dass die Nationalspieler nicht auf eigene Faust das Hotel verlassen sollten wegen möglicher Probleme, blieb jedoch ebenso im Gedächtnis haften. „Ich hatte schon einige wilde Angebote von Vereinen, unter anderem aus Argentinien. Man muss dann bei allem Reiz immer abwägen, was einem persönlich zusagt“, so Broshog.

Zwei Pferde halten die Familie Broshog auf Trab

Der stellte stets auch seine Familie in den Lebensmittelpunkt. Sohnemann Elias, mittlerweile fünf Jahre jung, war mit ein Grund dafür, im Frühjahr 2022 beim Bundesligisten Powervolleys Düren nach sechs Bundesliga-Spielzeiten einen Schluss-Strich zu ziehen. „Da war ich eigentlich durch mit Volleyball“, betont der Berliner Moerser. Ehefrau Natascha hat zwei Pferde und geht als Hobby der Westernreiterei nach. „Allerdings ohne Pistole“, fügt Tim Broshog schmunzelnd an. Der führt ebenfalls ein aktives Leben auch nach der Profikarriere: „Langeweile gibt es nicht. Und trainieren gehe ich für mich immer noch.“

Trainer Hendrik Rieskamp vom Moerser SC freut sich auf eine gewichtige Verstärkung für die neue Saison.
Trainer Hendrik Rieskamp vom Moerser SC freut sich auf eine gewichtige Verstärkung für die neue Saison. © FUNKE Foto Services | Oleksandr Voskresenskyi

Nun der Moerser SC. Mit 36 Jahren und nach längerer Pause. Das grüne Licht von Ehefrau Natascha war Voraussetzung dafür, sich auf die Dritte Liga einzulassen. Unter Auflagen allerdings. „Aktuell trainiere ich einmal die Woche“, so Broshog, der vermutlich auch nicht alle 22 Partien in der Zwölfer-Liga bestreiten wird: „Mein Körper muss natürlich mitmachen. Mal sehen, ob und wann er sich meldet.“

Stabwechsel beim Moerser SC im April: Guido Lohmann (rechts) verabschiedet den langjährigen MSC-Vorsitzenden Günter Krivec mit einer Bildersammlung.
Stabwechsel beim Moerser SC im April: Guido Lohmann (rechts) verabschiedet den langjährigen MSC-Vorsitzenden Günter Krivec mit einer Bildersammlung.

Tim Broshog: Krafttraining gegen eine drohende Knieoperation

Die Knie bereiteten während der aktiven Zeit, fast naturgemäß bei Mittelblockern, bisweilen Probleme. „Dreimal sollte ich operiert werden. Ich habe es aber immer alternativ und ohne Schmerztabletten hinbekommen, fit zu bleiben: mit Krafttraining und Stabilitätsübungen“, betont Broshog, der übrigens zwischen Moers und Düren zwei Saisons international für den 16-maligen Belgischen Meister VC Greenyard Masseik im Einsatz war.

Wie weit der Moerser SC mit Broshogs Hilfe kommen wird, vermag niemand zu sagen. Die dritte Spielklasse ist Neuland. „Platz vier bis sechs wäre klasse“, sagt Klubchef Guido Lohmann, ohne das Team damit unter Druck setzen zu wollen. Erfolge werden die auf Strecke geplante Rückkehr in die 2. Bundesliga zweifelsohne erleichtern. „Wir hoffen auf einen Schnitt von 500 Zuschauern, wenn es gut läuft“, betont Guido Lohmann. Klasse für alle Volleyballfans: Auch in der neuen Saison gibt es freien Eintritt im Enni-Sportzentrum.

Erster Test am Donnerstag: Moerser SC bei TB Osterfeld

Übrigens: Der MSC bestreitet am Donnerstag (20 Uhr, Halle West, Duisburger Straße 229 in Oberhausen) das erste Testspiel beim Oberliga-Aufsteiger TB Osterfeld. Dort spielen mit Jan Sowa und Nils Joneleit zwei ehemalige Moerser Mittelblocker. Auf MSC-Seite geben die Neuzugänge Frederik Schmidt, der den beruflich verhinderten Zuspieler Fabio Bertea ersetzt, und Außenspieler Niklas Pfersdorf ihr Debüt. Auch Tim Broshog wird auf dem Feld mit dabei sein.