Moers. Beim Volleyball-Drittligisten endet Mittwoch eine Ära: Günter Krivec tritt nach 39 Jahren ab. Wieso er trotzdem sorgenfrei in die Zukunft blickt.

Nein, der Abschied vom Posten des Vorstandsvorsitzenden, so beteuerte Günter Krivec dieser Tage, wird ihm nicht schwer fallen. „Ich habe schließlich lange drüber nachgedacht. Der Zeitpunkt passt besser als noch vor zwei Jahren bei unserem Ausstieg aus der 2. Bundesliga. Wir werden nun gut aufgestellt sein und ruhigeres Fahrwasser haben. Ich kann also sorgenfrei gehen“, sagt der Vereinsgründer des Volleyball-Drittligisten Moerser SC trocken. In der Stimme klingt bei aller Nüchternheit doch ein wenig Wehmut durch. 39 Jahre hat Krivec seinen MSC mit Enthusiasmus, viel Geschick und als privater Mäzen, aber auch mit Ecken und Kanten, oft im Vollsprint, manchmal auch in Sackgassen geführt. Volksbank-Niederrhein-Chef Guido Lohmann soll am Mittwoch (19.30 Uhr, Aula des Adolfinum-Gymnasiums) von den anwesenden Mitgliedern zum neuen Vorsitzenden gewählt werden.

Moerser SC: Lukas Schattenberg als Sportwart vorgesehen

Günter Krivec‘ Sohn Simon steht weiter als 2. Vorsitzender zur Verfügung. Ex-Bundesliga-Spieler Lukas Schattenberg, als Außenangreifer mit der linken Klebe weiter in der ersten Mannschaft aktiv, ist für den neuen Posten des Sportwartes vorgesehen, Ulrike Hübner soll als viertes Vorstandsmitglied weiterhin auch die Kasse im Auge behalten. Der bisherige Vereinschef will den Rahmen der Jahreshauptversammlung nicht mit einer ausufernden Rede sprengen. Es wird auch keinen Posten ehrenhalber für den früheren Apotheker geben. „Ich brauche kein Ehrenamt, bleibe aber natürlich Mitglied. Wenn mein Rat gefragt ist, gebe ich den natürlich gern“, sagt Günter Krivec. Wohl wissend, dass der Draht zu Sohn Simon und auch zu Guido Lohmann ein kurzer sein dürfte.

Volksbank-Niederrhein-Chef Guido Lohmann freut sich schon auf seine neue Aufgabe beim Moerser SC.
Volksbank-Niederrhein-Chef Guido Lohmann freut sich schon auf seine neue Aufgabe beim Moerser SC. © FUNKE Foto Services | Andreas Buck

Zwei- bis dreimal in der Woche wird sich der 81-Jährige auch noch als Trainer um seine U16-Volleyballerinnen kümmern. Die Fitness lässt dies noch zu. „Und sportliche Ziele verfolgen wir natürlich auch“, versichert Günter Krivec.

Moerser SC wird nach Aufstieg des Moerser TV in die 2. Bundesliga gegründet

Das war von Anfang an so. Mit dem Zweitliga-Aufstieg der Volleyballer 1985 zog der damalige Moerser TV die Notbremse. Das finanzielle Risiko, auf zweithöchster Ebene in Deutschland zu spielen, war den MTV-Verantwortlichen zu hoch. Krivec, der beim MTV seine leichtathletischen Wurzeln hat und 1964 sogar bei den Olympischen Spielen im Dreisprung in Tokio für Moers mitmischte, erkannte eine Chance. Nämlich jene, seine Heimat Moers auf der sportliche Landkarte der damaligen Bundesrepublik zu platzieren. Mit dem Moerser SC als neuem Verein in Eigenverantwortung.

Die Bundesliga, vielleicht sogar der Europapokal waren die Trauben, die in den Folgejahren dann gepflückt wurden. 1990 gewann der MSC den CEV-Europacup als erster deutscher Verein, 1992 die Deutsche Meisterschaft, 1991 und 1993 den Pokal. Der MSC wurde zur Volleyball-Größe, blieb aber im Deutschen Volleyball-Verband (DVV) intern irgendwie ein Außenseiter. Das lag auch an einem kritischen Geist wie Günter Krivec. Der hinterfragte unter anderem das System der Ausbildung von Kader- und Nationalspielern in Internaten. Es kam auch immer wieder zu Spannungen, wenn der MSC Akteure für die Nationalmannschaft abstellte.

Schon 33 Jahre her: Georg Grozer (links) für den Moerser SC in den Volleyball-Play-offs der Bundesliga im April 1991 in Aktion.
Schon 33 Jahre her: Georg Grozer (links) für den Moerser SC in den Volleyball-Play-offs der Bundesliga im April 1991 in Aktion. © imago sportfotodienst | imago sport

TV- und Sponsoreneinnahmen brechen ein: Moerser SC baut Schuldenlast auf

Nach der EM 1991 etwa wurde Georg Grozer, damals einer der besten Volleyballer des Landes, nicht mehr für Deutschland berufen. Grund: angebliche Differenzen mit dem damaligen Bundestrainer. Krivec intervenierte beim DVV, lief aber ins Leere. Ohne Grozer verlor Deutschland die Olympiaqualifikation für die Spiele 1992 in Barcelona, was im Verband niemand für möglich gehalten hatte, gegen Südkorea mit 2:3. Das hatte schwere Folgen. Das Fernsehen schränkte die Berichterstattung über Volleyball stark ein. Der MSC verlor TV- und Sponsoreneinnahme, baute eine Schuldenlast auf.

„Das war damals eine schwere Zeit. Mir blieb da keine Wahl, weiterzumachen und das Minus mühevoll mit Hilfe der verbliebenen Freunde zu tilgen“, erinnert sich Krivec. Unstimmigkeiten mit den Grundsätzen von DVV und später der Volleyball-Bundesliga (VBL) sorgten zweimal dafür, dass der Moerser SC sein Team aus den obersten beiden Spielklasse zurückzog. Zuletzt im Mai 2022. Letzteres eine vorschnelle Reaktion, wie Krivec später gegenüber der Redaktion zugab. „Mittlerweile haben DVV und VBL zu einer realistischeren Einschätzung der Lage des Volleyballs zurückgefunden. Das stimmt mich für die Zukunft doch positiv“, betont Günter Krivec.

Moerser SC: Zurück in die 2. Bundesliga mit Außenmaß

Trainer Hendrik Rieskamp und der neue Vorstand, sofern dieser am Mittwochabend von den Anwesenden auch das Vertrauen bekommt, wollen versuchen, den MSC mindestens mal wieder in die 2. Bundesliga zu bringen. „Mit Augenmaß und Spielern aus der Region“, betont Guido Lohmann, der Krivec-Nachfolger in spe.