Moers. Bei Volleyball-Zweitligist Moerser SC ist Neuzugang Felix Orthmann ein Leistungsträger. Im Interview spricht er auch über seine Zeit im Internat.
Zwei kurz getapt, zwei lang getapt. Alles in Rot. Felix Orthmann hat an vier Fingern der rechten Spielhand sein optisches Markenzeichen sozusagen aufgeklebt. „Gerade im Winter wird hier meine Haut schnell trocken und verursacht kleine Risse. Das ist unangenehm, gerade im Spiel“, sagt der Neuzugang des Volleyball-Zweitligisten Moerser SC nach dem 3:2-Erfolg kürzlich beim TuB Bocholt. Seit einigen Jahren schon sind die besagten vier Finger stets geschützt. Der Daumen ist außen vor. „Die Farbe Rot“, so der 24-jährige Außenangreifer aus dem westfälischen Lüdinghausen nahe Coesfeld schmunzelnd, „ist Zufall, da steckt kein Geheimnis hinter.“
Herr Orthmann, nach einigen Jahren mit Rottenburg und Bühl in der Bundesliga spielen Sie beim MSC nun eine Etage tiefer. Wie schwer ist Ihnen der sportliche Rückschritt gefallen?
Felix Orthmann: Gar nicht schwer, weil es ja eine bewusste Entscheidung war. Auch wegen des Corona-Problems. Im Volleyball kann ich in der Bundesliga vom Gehalt schon leben. Aber wie lange? Vielleicht bis Mitte 30. Und was käme danach? Wirklich Lust, in diesem Alter plötzlich noch in die Berufsschule zu müssen, hatte ich nicht.
Lassen sich Ausbildung. später Beruf und die 2. Volleyball-Bundesliga gut miteinander kombinieren?
Auf jeden Fall. In Moers trainieren wir dreimal wöchentlich. Dazu kommt eine Individualeinheit. In Bühl hatten wir unter Profibedingungen zehnmal Training. Ich habe die Bundesliga dort auch sehr genossen. Mit dem Schritt nach Moers und in die Ausbildung zum Industriekaufmann in Duisburg hat auch die Vernunft entschieden.
Dennoch sind Sie nicht zum MSC gewechselt, um in Liga zwei eine ruhige Kugel zu schieben, oder?
Auf gar keinen Fall. Dann wäre ja auch etwas falsch. Mein sportlicher Ehrgeiz ist genauso da wir in der Bundesliga. Mein persönliches Ziel ist es, mit Moers oben mitzuspielen und dann auch aufzusteigen.
Welchen Stellenwert nimmt Volleyball für Sie im Leben ein?
Wenn man als 15-Jähriger ins Volleyball-Internat nach Frankfurt wechselt, weg von zu Hause, dann ist der Stellenwert sicher hoch. Es war damals meine eigene Entscheidung, die ich nie bereut habe.
Auch Badminton und Karate ausprobiert
Hatten Sie nie Heimweh?
Nie, ich hatte einfach großen Bock auf den Sport. Meine Eltern hatten gedacht, dass es mit dem Heimweh schwierig würde. Am ersten Tag im Internat war ich zwei Stunden allein in meinem Zimmer. Es war so eine Art Test. Irgendwann fragten meine Eltern, ob alles okay wäre. Ich fragte einfach zurück, warum sie nicht schon längst auf dem Heimweg wären. (lacht)
Gab es nie einen anderen Sport außer Volleyball?
Oh doch. Ich habe lange Fußball gespielt, mein Vater war im Heimatverein Trainer. Gepackt hat mich das aber nicht so richtig. Ich habe Badminton dann gespielt, sogar ziemlich gut. Ich habe Karate versucht, Tischtennis und Basketball.
Wie kamen Sie auf Volleyball?
Eine Spielerin des USC Münster war bei uns in der Schulklasse als Praktikantin tätig. Die hat Freikarten verteilt für die Heimspiele der Bundesliga-Frauen. Da sind wir mit ein paar Jungs hin. Das Spiel hat mich gepackt. Und mein Talent war ausreichend, um über das Internat in die Bundesliga zu kommen.
Schwester Hanna Orthmann ist Nationalspielerin
Ihre Schwester Hanna ist Nationalspielerin, spielt auf sehr hohem Niveau – in Italien bei Monza.
Und das schon seit 2017. Sie war nie der Mädchentyp, hat Fußball und später Volleyball immer mit den Jungs gespielt. Hanna war dann ja auch im Internat in Münster.
Wäre ein sportlicher Auslandsaufenthalt für Sie nicht auch eine spannende Sache?
Natürlich. Aber ich muss ehrlich sein: Ich habe nicht das Niveau, um beispielsweise in der italienischen Liga mitmischen zu können.
Auf welchem Niveau spielt der Moerser SC derzeit?
Wir haben zwei Spiele gewonnen, das ist natürlich ganz gut...
Aber?
Mit der Art und Weise der Auftritte bisher kann niemand wirklich glücklich sein. Gegen Baden beim 3:0 war es ja okay. Zuletzt in Bocholt beim 3:2 haben wir nur im Tiebreak überzeugt. Das war bei einer 8:3-Führung dann der Eisbrecher für sportliche Emotionen.
Volleyballer helfen beim Boden- und Tribünenabbau
Woran muss der MSC noch arbeiten, um ernsthaft Platz eins ins Auge fassen zu dürfen?
Ich denke, wir müssen unsere individuellen Fehler minimieren. Jeder Einzelne kann besser spielen. Da schließe ich mich übrigens ausdrücklich mit ein.
Ist die Zielvorgabe „sportlicher Aufstieg“ mit Druck verbunden?
Im Spiel spüre ich das, ehrlich gesagt, nicht. Die Zweite Liga ist allerdings im Volleyball eine, die Hobbysport mit Anspruch verknüpft.
In Bocholt am Samstag haben die TuB-Spieler geholfen, die Tribüne in der Halle wieder abzubauen...
In Lüneburg bauen die Spieler sogar den speziellen Hallenboden auf und ab. So ist das an manchen Standorten eben. Professionelles Spiel mit Hobby-Elementen. Um auf den angesprochenen Druck zurückzukommen: Wir in Moers haben nun einmal den Anspruch, nicht nur ein bisschen mitzuspielen. Irgendwann wird Erfolgsdruck aufkommen im Laufe der Saison. Aber das ist auch gut so. Alles andere wäre mir sportlich zu wenig.
So geht es weiter in der 2. Bundesliga
Der Moerser SC empfängt am 25. Oktober um 16 Uhr den Nachbarn VV Humann Essen zum zweiten Saisonheimspiel im Enni-Sportzentrum in Rheinkamp. Am 31. Oktober (19.30 Uhr) geht es beim USC Braunschweig weiter.
Im November steht ein Doppelspieltag in Rheinkamp an: am 14. November um 18 Uhr gegen PSV Neustrelitz, am 15. November um 16 Uhr gegen die Juniors Frankfurt.