Duisburg. Wie schon im Vorjahr wird der Kader beim Rollhockey-Rekordmeister ordentlich umgekrempelt. Gegner im Pokal und in Europa stehen fest.
Im Juli 2023 stand die RESG Walsum am Abgrund. Der deutsche Rollhockey-Rekordmeister war kurz davor, seine Männer-Mannschaft vom Spielbetrieb der 1. Bundesliga zurückzuziehen. Aus dem bisherigen Kader waren nur noch vier Feldspieler verblieben; der damalige Abteilungsleiter Reinhold Luerweg wollte mit dem vorhandenen Rumpfteam nicht in die Saison starten. Mit einem Brandbrief erzeugte er die nötige Aufmerksamkeit, um durch gemeinschaftliches Handeln doch noch die Basis für ein Weitermachen zu legen. Ein gutes Jahr später mussten die Verantwortlichen des Traditionsvereins aus dem Duisburger Norden erneut heftige personelle Verluste kompensieren, doch aktuell herrscht beim amtierenden deutschen Pokalsieger großer Optimismus, mit der neu formierten Mannschaft eine erfolgreiche Spielzeit hinzulegen.
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„Wir möchten uns bei allen Spielern, die uns verlassen haben, für ihr Engagement bedanken“, sagt der frühere Nationaltorhüter Jens Stölzel, der zwischenzeitlich Reinhold Luerweg als Rollhockey-Chef bei der RESG beerbt hat. Zusammen mit dem ehemaligen Walsumer Bundesligaspieler Fabian Schmidt, der ihm als Geschäftsführer zur Seite steht, hat er die Weichen für die kommende Saison gestellt. Dabei mussten beide einige so nicht eingeplante Rückschläge hinnehmen, denn zunächst war die Hoffnung groß gewesen, dass der Kader des Vorjahres weitgehend zusammenbleibt. Dann wurde jedoch bekannt, dass Torhüter Sergi Moliner und Gerard Aragay gemeinsam zu einem Verein aus Portugals dritter Liga wechseln – wo angesichts des Status, den Rollhockey auf der iberischen Halbinsel besitzt, vermutlich noch immer professioneller gespielt wird als in Deutschlands Top-Klasse.
Wie Moliner verkündete dann auch dessen spanischer Landsmann Juan Carles Molero nach einem Jahr wieder seinen Abschied. Viel schwerer ins Gewicht fiel aber, dass die langjährige Stütze César Torres sich dem Deutschen Meister SK Germania Herringen anschließt. Mehr Verständnis haben die Walsumer Verantwortlichen dafür, dass Alexander Ober nach einem sehr starken Halbjahr schon wieder der RESG den Rücken kehrt, weil ihm die Anfahrt aus Remscheid auf Dauer zu weit ist. Er spielt stattdessen künftig für den Erzrivalen RSC Cronenberg.
Fünf Abgänge, die richtig weh tun. An der Kugel bleiben demnach nur Kapitän Sebastian Haas, Keeper Pau Nuevo, Guillem „Coco“ Costa und Marc Coll, zu denen sich für ein weiteres Jahr der als Gastspieler aus Cronenberg ausgeliehene U-20-Akteur Florian Keil gesellt. Ihm hilft sicherlich, dass er sich an einer Fahrgemeinschaft aus Wuppertal beteiligen kann. Zu der steuert Neuzugang Sandro Caramano sein Auto bei, der bislang ebenfalls für Cronenbergs U 20 auflief, nun aber Seniorenspieler ist und fest zur RESG wechselt. Die Nummer drei im Wagen ist der vermutlich überraschendste Zugang: Kay Hövelmann streift nach zwölf Jahren wieder dauerhaft das rot-weiße Trikot über. Das Eigengewächs, 2012 nach Cronenberg gewechselt und im Vorjahr Co-Trainer an der Seite von Christopher Nusch, hat noch einmal Lust bekommen, die Rollschuhe unterzuschnallen.
Neuzugänge aus Spanien für die RESG Walsum
Darüber hinaus wird das spanische Element in der Halle Beckersloh weiter dominant sein. Vom HC Sentmenat aus der Nähe von Barcelona kommt der neue Keeper Max Bruguera (21), während sein Landsmann Joel Palmarola (23) zuletzt in Frankreich für Quintin Roller gespielt hat. Gebürtiger Spanier, aber schon länger in Deutschland beheimatet ist Carles Casabella, der in der vergangenen Saison für Ligakonkurrent RHC Recklinghausen spielte. „Er hat sich bei uns angeboten, weil er international spielen wollte“, so Jens Stölzel. Kurios: Casabella ist auch Schiedsrichter und pfiff in der Vergangenheit bereits Spiele der RESG. Das wird nun naturgemäß nicht mehr möglich sein. Positiv fällt ins Gewicht, dass er bereits Erfahrungen als Jugendtrainer sammelte, die er in Walsum einbringen wird.
Und dann war da noch der Trainerposten: Vereinsurgestein Christopher Nusch verkündete nach dem Pokalsieg seinen Abschied auf eigenen Wunsch. Die Nachfolge zu regeln, war kein Kinderspiel. Jens Stölzel hatte Kay Hövelmann gefragt: „Er sagte, dass er sich noch nicht auf dem Posten sieht, und wollte lieber wieder spielen.“ Weit gediehen waren die Verhandlungen mit Quim Puigvert, der 2012 schon einmal dieses Amt bekleidete. „Doch dann hat er uns leider abgesagt“, so Fabian Schmidt. Letztlich fiel die Wahl dann auf eine interne Lösung. Miquel Vila, seit 2016 Leistungsträger bei den Roten Teufeln und auch schon als Trainer im Nachwuchs tätig, wird den Job übernehmen. Dass dies nicht die erste Option war, wollen Stölzel und Schmidt nicht verhehlen – nicht wegen mangelnder Qualitäten, sondern weil Vila damit als Feldspieler vermutlich wegfallen wird. Mit einem breit genug aufgestellten Kader soll dies aber kompensiert werden.
„Unser Hauptziel ist es, die Play-offs zu erreichen.“
Bis die heimischen Fans das umgebaute Team in voller Aktion sehen können, wird noch einige Zeit vergehen. Das für den 5. Oktober geplante Auftaktspiel gegen den HSV Krefeld wurde auf den 2. November verlegt, weil die Rollkunstläufer des Vereins an diesem Tag ihren Rheinperle-Kürpokal ausrichten. Beide Abteilungen arbeiten eng zusammen. Die Partie gegen die von Ex-RESG-Kapitän Tobias Wahlen gecoachten Krefelder wird dennoch die erste daheim sein, weil der Spielplan zuvor nur zwei Auswärtsspiele vorsieht: am 12. Oktober bei der IGR Remscheid und am 26. Oktober beim TuS Düsseldorf-Nord. Zwischendrin steht für den Titelverteidiger am 19. Oktober auch noch das Achtelfinale im DRIV-Pokal auf dem Programm – ebenfalls in Remscheid.
Übrigens umfasst die Liga zur neuen Saison wieder acht Teams. Nachdem sich der RSC Darmstadt vor einem Jahr freiwillig verabschiedet hatte, kehren die Hessen nun unter dem Namen SGR Darmstadt zurück. Am Modus soll sich aber offenbar nichts ändern: Demnach qualifizieren sich nur die ersten vier Mannschaften für die Play-offs, während die Klubs auf den Plätzen fünf bis acht die ungeliebte Platzierungsrunde austragen müssen. „Unser Hauptziel ist es, die Play-offs zu erreichen“, betont Jens Stölzel.
Auch international wird die RESG am Start sein – in der neu eingerichteten WSE Trophy. Analog zum Drei-Klassen-Modell der europäischen Fußball-Vereinswettbewerbe wird dies auch die dritthöchste Ebene nach Champions League und WSE Cup sein. Da die Walsumer dort in der ersten Runde ein Freilos erhielten, geht es erst im neuen Jahr über die Landesgrenzen. Am 8. Februar ist Miquel Vila mit seinem Team beim RC Biasca in der Schweiz zu Gast. Viel weiß man nicht über die Tessiner; bekannt ist, dass sie über ein sehr begeisterungsfähiges Publikum verfügen. Das Rückspiel in Walsum steigt am 1. März.