Karlsruhe. Mitten im Abstiegskampf: Schlechte Premiere vom neuen Trainer Karel Geraerts. Der S04 kassiert eine 0:3-Pleite und spielt wie ein Absteiger.

45 Minuten hatte Karel Geraerts als Zweitligatrainer des FC Schalke 04 gerade hinter sich gebracht, als er schon mit erschrockener Miene in die Kabine schlich. „Ich schreie nicht viel, aber heute in der Halbzeit schon“, sagte er, nachdem er sich mit seinem Team bei seinem Debüt eine 0:3 (0:2)-Packung beim Karlsruher SC abgeholt und vor allem vor der Pause nicht konkurrenzfähig gespielt hatte. Neuer Trainer, alte Probleme: keine Zweikampfstärke, keine Torgefahr, wenig Laufbereitschaft, hohe individuelle Fehlerquote. Schalke fehlen schon fünf Punkte zum rettenden Ufer. Das ist Abstiegskampf.

Zwei Wochen lang hatte Geraerts alles auf links gedreht – die Intensität im Training war viel höher, er veränderte die Taktik, stellte die Startelf auf sieben Positionen um. Eine Aufbruchstimmung spürten im Training selbst die Spieler. Doch dann standen sie nach dem Spiel bedröppelt in der Mixed Zone, enttäuscht von der eigenen Leistung, gerade angebrüllt von den eigenen Fans.

Schalke-Talent Assan Ouédraogo ist frustriert: S04 ging beim KSC unter.
Schalke-Talent Assan Ouédraogo ist frustriert: S04 ging beim KSC unter. © firo

Schalke-Trainer Geraerts hat Verständnis für die Fans

Die hatten in Karlsruhe schon nach dem Tor zum 0:2, das nach Lars Stindls Führung (22.) Igor Matanovic erzielt hatte (37.), die Unterstützung eingestellt. Nach Henning Matricianis Eigentor zum 0:3 (74.) rollten sie gar ihre Fahnen ein. „Ich kann das zu 100 Prozent verstehen“, sagte Geraerts – und stand mit dieser Selbstkritik nicht allein. „Das ist gerechtfertigt“, sagte auch Abwehrspieler Timo Baumgartl. „Wir haben es wieder einmal nicht geschafft, eine Leistung auf den Platz zu bringen, jeder einzelne, auch ich. Wir müssen an unser Limit kommen, sonst haben wir in dieser Liga keine Chance.“ Von einer „guten Ansprache“ redete der sonst wortkarge Kapitän Simon Terodde.

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Die Schalker, so scheint es, haben kein Trainer-, sondern ein Spielerproblem. Die Mängelliste war sehr lang, doch Geraerts wählte als ersten Kritikpunkt nicht einmal etwas Sportliches. Er meckerte über die Einstellung seiner Spieler: „Wenn du keine Leidenschaft zeigst so wie unser Gegner heute, wenn du keine Zweikämpfe gewinnst, dann ist es egal, mit welchem System du spielst. Karlsruhe ist gerannt, wir sind spazieren gegangen.“

Rund sechs Kilometer weniger liefen die Schalker. „Die Zahlen lügen nicht“, schimpfte Geraerts. „Aber ich brauche sie nicht. Ich habe das auf dem Platz gesehen.“ Nicht nur die Laufleistung erschütterte vor der Pause: keine Ecke, keine Flanke, 36 Prozent Ballbesitz – Trainerwechsel-Effekt? Nicht zu spüren. Bezeichnend: Die einzige Chance vergab Bryan Lasme kläglich. Mutterseelenallein tauchte er vor Torwart Patrick Drewes auf – jagte den Ball aber weit über das Tor (36.).

Ralf Fährmann kann es nicht glauben: Schalke 04 spielte auch beim KSC wie ein Absteiger.
Ralf Fährmann kann es nicht glauben: Schalke 04 spielte auch beim KSC wie ein Absteiger. © firo

Dass Schalke in der zweiten Hälfte immerhin 20 Minuten lang mithielt, ging nach dem Spiel unter. Auch bei Sportdirektor André Hechelmann, für den die Saison bisher ein nicht endender Albtraum ist. Mit großen Hoffnungen hatte er sein Amt im Juni angetreten, mit viel Überzeugung einige Neue verpflichtet. Das Ergebnis: sieben Punkte nach zehn Spieltagen, die meisten Gegentore, die meisten Niederlagen, die meisten Chancen zugelassen. Der einzige Neue, der bisher komplett überzeugte, Torwart Marius Müller, ist verletzt. Und sonst? Die Verteidiger Baumgartl und Tomas Kalas – Unsicherheitsfaktoren. Paul Seguin und Lino Tempelmann im Mittelfeld – unauffällig, taktisch überfordert. Bryan Lasme im Sturm – schnell, aber technisch schwach. Königstransfer Ron Schallenberg, für zwei Millionen Euro aus Paderborn gekommen, und Linksfuß Derry John Murkin hockten nur auf der Bank.

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Hechelmann wusste nach dem Spiel kaum noch, was er angesichts dieses erneuten kollektiven Versagens noch erzählen sollte, nachdem er schon in den vergangenen Wochen so deutlich werden musste wie es seinem freundlichen Naturell eigentlich nicht entspricht. „Absolut inakzeptabel“, sagte er in Karlsruhe. „Wenn du das Fußball-ABC nicht auf den Platz bringst, bekommst du gegen jeden Gegner Probleme.“ Das Wort Abstiegskampf nahm er noch nicht in den Mund, sein Spieler Timo Baumgartl hingegen schon. Hechelmann drückte es diplomatischer aus: „Wir stehen unten drin, müssen dringend Punkte holen, damit wir wieder atmen können.“

+++Schockierende Statistik lässt Geraerts verzweifeln+++

Schalke 04: Hannover kommt am Samstag

Doch was macht noch Hoffnung? Das Selbstbewusstsein ist nach vier verdienten Niederlagen in Folge futsch, die Fans haben die Profis vorübergehend verloren. Am Samstag kommt Hannover 96 (13 Uhr/Sky) nach Gelsenkirchen. Die Hoffnung bei den Schalkern heißt Geraerts.

Der hinterließ einen wütenden, energischen, aber auch aufgeräumten Eindruck. „Die gute Nachricht ist, dass wir kommende Woche eine weitere Chance bekommen. Wir haben alle zusammen die Verantwortung, die Probleme zu lösen: Profis, Trainerteam, Staff. Wenn wir es nicht zusammen machen, gehst du alleine unter“, sagte er.