Gelsenkirchen/Breda. Auf Schalke war Innenverteidiger Leo Greiml nicht mehr gefragt. Jetzt verteidigt er erfolgreich für NAC Breda. Ein Interview.
Ein sympathisches Lächeln hatte Leo Greiml immer auf den Lippen, auch wenn es ihm physisch in seinen zwei Jahren beim FC Schalke 04 die meiste Zeit dreckig ging. Als Innenverteidiger-Talent war er im Sommer 2022 aus Wien gekommen, zwei Kreuzbandrisse waren verantwortlich dafür, dass er für die S04-Profis in zwei Jahren nur acht Spiele bestritt. Seit vier Monaten spielt er in der Eredivisie für NAC Breda, beschwerdefrei, als Leistungsträger. Ein Gespräch über Breda, Wien, Verletzungen, Genugtuung und eine Rückkaufoption.
Was war Ihr erster Gedanke, als Sie von NAC Breda gehört haben?
(schmunzelt) Grundsätzlich wusste ich nur, dass Breda in die Eredivisie aufgestiegen ist.
Wussten Sie denn, wo Breda liegt?
Ganz ehrlich: Nein. Ich wusste auch nicht, wie der Verein aufgebaut ist. Das musste ich selbst erst einmal googeln und dann in den Gesprächen genauer herausfinden.
Gab es auch andere Optionen oder haben Sie das erstbeste Erstliga-Angebot angenommen?
Ich hatte schon andere Optionen. Als sich Breda gemeldet hat – erste Liga, dazu in den Niederlanden – das war für mich sehr reizvoll. Da habe ich sofort gedacht: Das mache ich.
Breda ist nicht wie Wien, die Stadt, in der Sie lange gespielt haben.
(schmunzelt) Nein, Breda ist nicht Wien. Aber ich finde, dass die Innenstadt ihren eigenen Charme hat. Ich lebe auch im Zentrum.
Mussten Sie Ihr Spiel in den Niederlanden denn umstellen im Vergleich zu Österreich und Deutschland?
Ich habe mal gesagt, die drei wichtigsten Eigenschaften eines Innenverteidigers sind Leidenschaft, Leader- und Teamspieler sein. Das gilt überall. Die Spielstile machen da keinen Unterschied.
Sie haben auch mal gesagt, ihr sinnlosestes Talent sei es, viel Blödsinn zu reden. Klappt das schon auf Niederländisch?
(lacht) Bei uns im Verein sind nicht einmal 50 Prozent Niederländer, viele kommen aus dem Ausland. Wir sprechen hauptsächlich auf Englisch. Ein paar Sätze auf Niederländisch kann ich, richtig unterhalten kann ich mich aber noch nicht.
Sportlich ist es für Sie nach zwei Kreuzbandrissen ein Neustart. Sie haben die ersten zwölf Pflichtspiele in Breda über 90 Minuten bestritten, stehen auf dem neunten Platz. Hätten Sie das in Ihren Träumen erwartet?
Mir war wichtig, dass ich durch den Wechsel zu Spielzeit komme, dass ich nach den schwierigen Jahren mit den Verletzungen wieder ein gutes Gefühl für meinen Körper bekomme. Das alles hat sich erfüllt.
Wie Leo Greiml auf Schalke den zweiten Kreuzbandriss verarbeitete
Ein Interview mit Ihnen ist nicht möglich, ohne über die beiden Kreuzbandrisse zu sprechen. Platt gefragt: Wie geht es Ihnen gerade?
Ich bin beschwerdefrei, seit ich auf Schalke im Juni zur Sommervorbereitung eingestiegen bin. Meinem Knie geht es super, es hat kein einziges Mal negativ reagiert. Ich bin topfit.
Auf Schalke gibt es zum Beispiel Tomas Kalas, der Probleme mit der Patellasehne hat und viele Trainingseinheiten verpasst. Ist das bei Ihnen auch so?
Ich habe seit der Sommervorbereitung kein Training, kein Spiel verpasst.
Ihren ersten Kreuzbandriss hatten Sie erlitten, als Sie bei Rapid Wien waren und dann der Wechsel zu Schalke anstand, den zweiten in der Vorbereitung nach dem zweiten Abstieg. War es beim zweiten Mal schwieriger, sich zu erholen?
(überlegt) Beim zweiten Mal, nach der Operation im Juli 2023, war es erst einmal kein so großes Problem für mich, weil ich wusste, was auf mich zukommt. Im Frühjahr 2024 habe ich wieder mittrainiert, in der Länderspielpause im März 2024 hätte ich ein Testspiel für die Profis bestreiten sollen. Danach gab es aber einen Rückschlag. In meiner dritten Trainingswoche hat mein Knie reagiert, ich hatte Schmerzen. Das war einer der härtesten Momente meiner Leidenszeit.
Warum?
Es war klar, dass ich wieder zurückschalten muss, weil ich nicht genau wusste, was schon wieder los ist. Zum Glück hat sich alles nach einer Trainingspause wieder beruhigt und im Juni konnte ich zur Sommervorbereitung voll einsteigen.
Ihren zweiten Kreuzbandriss haben Sie sich während eines Freundschaftsspiel gegen den FC Twente Enschede in der Arena zugezogen. Sie sind auf dem Platz behandelt worden, danach ist aber fotografisch festgehalten, dass der Mannschaftsarzt Dr. Patrick Ingelfinger mit erhobenem Daumen signalisiert, dass Sie weiterspielen können. War das ein Problem?
Nein, Patrick konnte nichts dafür. Ich hatte ja zuvor schon einen Kreuzbandriss. Da hatte ich richtige Schmerzen, konnte keinen Schritt mehr machen, wurde mit der Trage vom Feld getragen. In diesem Moment in der Arena war ich komplett unter Spannung, konnte zunächst ganz normal gehen, es fühlte sich ganz anders an als beim ersten Mal. Patrick hat auf dem Platz mit dem Knie Tests gemacht und meinte, dass alles gut aussieht. Ich habe es deshalb noch einmal probiert. Nachdem ich zehn Meter zurück aufs Feld gelaufen bin, habe ich gemerkt, dass ich nicht mehr weiterspielen kann.
Fühlten Sie sich auf Schalke noch wertgeschätzt? Sie waren nicht der einzige, der in einem Kurzgespräch erfahren hat, dass mit ihm nicht mehr geplant wird.
Bei mir war es etwas anders. Ich kam im Juni zum Trainingsauftakt mit dem Gedanken, dass ich ganz normal in den Planungen bin. Anderen Spielern war ja direkt nach Saisonende im Mai kommuniziert worden, dass sie nicht mehr eingeplant sind. Zu mir war zunächst nichts in der Richtung gesagt worden.
Und dann?
Ich kam zum Start und dann wurde ich auch zu einem Gespräch gebeten. Mir wurde gesagt, dass ich schwer auf Spielminuten kommen werde und es am besten für mich wäre, wenn ich mir etwas anderes suche. Ich denke, weil man kein Vertrauen mehr in meinen Körper hatte bei meiner Verletzungshistorie.
Das ist aber bitter, so etwas zu erfahren.
Ich habe den Verantwortlichen in den Gesprächen mitgeteilt, dass ich überzeugt bin, dass ich die Qualität habe, Schalke weiterhelfen zu können, wenn ich fit bin. Aber ich habe schnell herausgehört, dass es besser für mich wäre, wenn ich etwas Neues suche.
Gerade in der Innenverteidigung hat Schalke nun große Probleme. Viele Fans schauen nach Breda und erkennen Ihre Leistungen an. Ist das für Sie eine Genugtuung?
Nein, Genugtuung würde ich nicht sagen, weil ich noch viele Spieler kenne und bei jedem Spiel mitfiebere, dem Verein das Beste wünsche. Ob es anders gelaufen wäre, wenn ich noch dort wäre, kann ich nicht bewerten.
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Ihr Vertrag beinhaltet eine Rückkaufoption. Gerade Ben Manga soll noch viel in Ihnen gesehen haben.
Ich kann nicht bewerten, wer noch Vertrauen zu mir hatte und wer nicht. Da habe ich mir auch schnell keinen Kopf mehr gemacht. Ich habe nur auf mich geschaut, in der Vorbereitung mein Bestes gegeben, um mich anderen Vereinen zu präsentieren. Das war das Wichtigste für mich.
Was haben Sie denn gedacht, als Sie von der Rückkaufoption erfahren haben?
Damit befasse ich mich nicht. Ich konzentriere mich darauf, fit zu bleiben, meine Leistung zu bringen. Die Zukunft liegt in weiter Ferne.
Sie haben fast sämtliche Jugend-Nationalmannschaften Österreichs durchlaufen – als Sie zu Schalke kamen, sagte der damalige Sportdirektor Rouven Schröder, Sie seien der „talentierteste Spieler Österreichs seines Jahrgangs“. Gibt es Kontakt zum Verband?
Auch darüber mache ich mir aktuell keine Gedanken. Ich wusste vor einem halben Jahr nicht, wie es weitergeht. Jetzt läuft alles super, ich bin verletzungsfrei, bringe Leistung. Wenn irgendwann etwas kommen sollte, wäre ich überglücklich. Aber ich weiß schon: Gerade auf der Innenverteidiger-Position haben wir gute Spieler, die in einer Top-Liga spielen.
Haben Sie denn noch Kontakt zu Ihrem Jugendverein Rapid Wien?
So wie zum Beispiel Justin Heekeren als kleines Kind schon Schalke-Fan war, war ich Rapid-Fan. Das haben die Fans mitbekommen, und als ich bei den Profis performt habe, war ich schnell Publikumsliebling. Als ich mitgeteilt habe, dass ich zu Schalke wechseln werde, kam das bei einigen Rapidlern verständlicherweise nicht gut an. Aber das ist Vergangenheit. Zu einigen Spielern habe ich noch Kontakt, ich fiebere auch immer noch voll mit. Ich schaue, wenn möglich, nicht nur jedes Schalke-, sondern auch jedes Rapid-Spiel. Das war eine sehr schöne Zeit bei Rapid. Dort habe ich meinen ersten Schritte als Profifußballer gehen können.
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