Dortmund. Der neue BVB-Trainer stellt bei seinem ersten Auftritt harte Arbeit und Intensität in den Fokus. Er muss pragmatisch handeln.

15.30 Uhr am Dienstagnachmittag, Niko Kovac trägt ein dunkelblaues Langarm-Shirt, eine graue Chino-Hose. Die Kameras klicken. Der 53-Jährige setzt sich zwischen Sebastian Kehl und Lars Ricken. „Ich freue mich, hier zu sein“, sagt Kovac, seit Sonntag Trainer von Borussia Dortmund.

Um 15.42 Uhr setzt Kovac zum ersten Mal ein breites Grinsen auf. Gefragt wurde Kovac, wie er sich denn eigentlich selbst sieht. Auch als harter Hund, als Schleifer der eine Mannschaft mit Strenge führt. „Sie müssen nicht immer alles eins zu eins übernehmen“, meint er. Wer genug Körperlichkeit, genug Resilienz mitbringe, der werde eben auch keine Probleme haben. Fasst man Kovacs 48-minütige XXL-Pressekonferenz zusammen, bleibt man am Ende immer wieder beim Thema Arbeit kleben. „Ich bin ein harter Arbeiter. Dort, wo ich herkomme, beziehungsweise so, wie ich erzogen wurde, kam nichts von allein“, erzählt er. Und: „Wir wollen hart arbeiten, weil ich bin ein Freund davon bin: Hoffnung generiert sich durch Arbeit. Viel ist mehr. Wer wenig arbeitet, wird nichts kriegen.“

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Niko Kovac: Unterschied zu Edin Terzic, Nuri Sahin und Mike Tullberg

Borussia Dortmund hat mal wieder einen neuen Cheftrainer, doch der unterscheidet sich fundamental von seinen Vorgängern. Edin Terzic, Nuri Sahin und auch Interimslösung Mike Tulllberg kamen aus dem eigenen Stall. Besonders mit Taktik-Tüftler Sahin, 36, der Ende Januar entlassen worden ist, war der Wunsch groß, mit dem Deutschen Meister und Pokalsieger eine neue Ära zu begründen. Bei Kovac steht nun vor allem der Pragmatismus und ein externer Blick auf die Geschehnisse in Dortmund im Vordergrund. Insbesondere letzteres sei „extrem notwendig, wie ich der tiefsten Überzeugung bin, dass Weiterentwicklung genau damit einhergeht“, findet Sport-Geschäftsführer Ricken, der mit dem Wechsel von Sahin auf Kovac seine erste große Entscheidung als BVB-Chef getroffen hat.

Kovac stellte bei seinem ersten Auftritt in Schwarz und Gelb Tugenden in den Fokus, die im Ruhrgebiet gut ankommen. „Dieses Stadion, diese Fans, diese Region verlangen in erster Linie harte Arbeit. Wenn man über Zweikämpfe, Intensität, Aggressivität das Publikum erreicht, dann bin ich überzeugt, dass das auch die Qualität der Spieler zum Vorschein bringt. Vieles wird im Kopf entschieden. Wenn der Kopf klar ist, kann man über Grenzen gehen.“ Kovac erwartet einen Verein mit „Herzblut und Leidenschaft, mit allem, was der Pott hergibt. Das ist nicht eine Floskel, das ist die Wahrheit.“

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Kovac will mit dem BVB Angriffsfußball zeigen

Das ist ein Teil von dem, was man in Dortmund erwartet. Andererseits sehnen sich die Fans nach mitreißendem Fußball. Dass Kovac nicht für beides stehen könne, empfand Ricken als Vorurteil. Der 48-Jährige verwies darauf, dass in der ersten Einheit vor allem wert auf das Offensivspiel gelegt worden sei. Kovac sagte: „Wir wollen schon attraktiven Angriffsfußball stehen mit vielen Tiefenläufen, die uns, aber auch dem Gegner wehtun. Das bedarf ein bisschen Zeit. Aber ich hoffe, dass wir das schon in der Kürze der Zeit implementieren können.“ Wenn man es schaffe, eine Symbiose zu bilden in beide Richtungen – Intensität und ansehnliches Spiel – dann „bin ich schwerstüberzeugt, dass das ein guter Move war und wir gemeinsam erfolgreich sind.“

Zeit, der größte Feind eines Bundesliga-Trainers. Bis 2026 läuft sein Vertrag, also über anderthalb Jahre. Der gebürtige Berliner ist kein reiner Feuerwehrmann. Für einen Vertrag über anderthalb Jahre sprachen Planungssicherheit und die kurze Vorbereitung im Sommer. „Die Spieler sollen wissen, wer kommende Saison auf der Bank sitzt“, sagt Ricken. Am Ende der Saison ein Fazit ob der Tabellenplatzierung zu treffen, sei „nicht gerecht aufgrund der Kurzfristigkeit“, so Ricken. Kovac legt ja gleich in intensiven Wochen los, am Samstag feiert er sein Debüt gegen den VfB Stuttgart, dann tritt er seine erste Dienstreise an, in der Champions League gastiert der BVB bei Sporting Lissabon. Zwischen Hin- und Rückspiel erlebt Kovac, der in der Bundesliga Bayern München, Eintracht Frankfurt und den VfL Wolfsburg betreute, sein erstes Derby beim VfL Bochum.

Nach 33 Jahren im Profifußball: Pause tat Niko Kovac gut

Die vergangenen zehn Monate war er vereinslos. „Nach 33 Jahren im Profifußball ist es gar nicht mal so schlecht, wenn man eine Pause bekommt. Ich finde, das sieht man auch. Ich sehe erholt aus“, sagte er und lachte. Das ist durchaus so. Doch auch dem Kroaten wird bewusst sein, dass ein Job beim BVB im Zustand des Jahres 2025 schnell an die Substanz gehen kann.

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