Essen. Nach der Sperrung der A42 werden erste Rufe nach LKW-Fahrverboten für die Umleitungsstrecken laut. Aber wer soll die kontrollieren?
Lärm, Gestank, Stau. Durch die Sperrung der A42 zwischen Bottrop und Essen fließt ein Großteil des Verkehrs jetzt über die ohnehin bereits stark befahrenen Land- und Bundesstraßen zwischen den beiden Städten. Der Bottroper Oberbürgermeister Bernd Tischler hat deshalb bereits LKW-Fahrverbote ins Spiel gebracht. Unklar ist, wer die kontrollieren soll. Solche Fahrverbote, warnte Elfriede Sauerwein-Braksiek bereits Anfang der Woche, seien ein „irrer personeller Aufwand für die Polizei“ und deshalb schwierig.
Erlassen werden können die Verbote durch die Stadt. Weil das Ordnungsamt zwar kontrollieren, aber keine LKW aus dem fließenden Verkehr herauswinken darf, kommt die Polizei der jeweiligen Kommune ins Spiel. Natürlich sei man „in der Lage, solche Kontrollen durchzuführen“, heißt es in allen offiziellen Antworten. Das ist richtig, hinzufügen muss man aber das Wort „kurzzeitig“, wie ein Blick nach Lüdenscheid zeigt. Dort rollen seit der Sperrung der Rahmedetalbrücke über die A45 vor fast genau zwei Jahren Tausende zusätzliche LKW durch die Stadt.
Intensive Kontrollen in Lüdenscheid
Gut 18 Monate dauerte es, bis ein von der Stadt erlassenes Durchfahrtverbot für LKW in Kraft trat. Anfang Juni war das Durchfahrtverbot verhängt worden: Lkw ohne triftigen Grund für eine Durchfahrt dürfen seitdem nicht mehr nach Lüdenscheid. Am 12. Juni dieses Jahres begannen 200 aus dem ganzen Land zusammengezogene Einsatzkräfte an sieben Stellen im Stadtgebiet mit den Kontrollen. Rund 900 Lkw täglich zogen sie in den ersten Tagen des Fahrverbots direkt an den Autobahnausfahrten heraus und kontrollierten sie. Jeden Tag mussten sie etwa 160 Fahrzeuge abweisen.
Um den Effekt zu beurteilen, stellte die Stadt an vier Stellen in Lüdenscheid Messgeräte auf und zählte die vorbeifahrenden Lastwagen. Vor dem Verbot waren noch rund 11.199 Lkw pro Tag durch die Stadt gefahren, nach der Sperrung noch 6.637. „Die Kontrollen haben gewirkt“, bestätigt auch Heiko Schürfeld, Sprecher der Bürgerinitiative A45. Nach gut einem Monat teilte die Polizei im Märkischen Kreis mit, dass die Überwachungsstrategie „aufgrund der bislang gewonnen Erkenntnisse angepasst“ werde. Mit anderen Worten: Die Zahl der Kontrollen ging zurück. „Seitdem steigen die LKW-Zahlen wieder“, weiß Schürfeld aus eigenen Zählungen der Bürgerinitiative. Das will man im Lüdenscheider Rathaus gar nicht bestreiten, stellt aber klar: „Die zeitliche Begrenzung der Intensivkontrollen ist von vornherein kommuniziert worden.“
Polizei: Auf Dauer nicht durchführbar
Auf Dauer, ist aus Polizeikreisen zu hören, seien so große Kontrollen nicht durchführbar. Erhöhte Terrorgefahr, Bewachung gefährdete Objekte, Großeinsätze bei Demos oder Fußballspielen und mögliche weitere Sperrungen – „irgendwann muss man Prioritäten setzen“, sagt ein Beamter.
Das ist auch Essens Umweltdezernentin Simone Raskob nach Gesprächen mit der Essener Polizei klar. Erst einmal werde man sich deshalb auch darauf konzentrieren, die Umleitungstrecken im Stadtgebiet zu optimieren. Etwa in dem man Ampeln anders schalte oder Baustellen abräume. „Wenn das nicht reicht, werden wir auch über Nacht- und Durchgangsfahrverbote reden.“
Möglich, dass dann ein neues technisches System solche Kontrollen erleichtert. In Lüdenscheid nämlich soll demnächst ein automatischer Brückenwächter 24 Stunden am Tag aufpassen, dass nur noch mit dem LKW durch die Straßen der Stadt rollt, wer eine Ausnahmegenehmigung hat.
Elektronische Brückenwächter sollen bald einsatzbereit sein
Erdacht von der RWTH Aachen, angepasst an die Lüdenscheider Bedürfnisse vom Innovation Lab des Landesamts für Zentrale Polizeiliche Dienste in Duisburg, scannt der Brückenwächter per Kamera die Kennzeichen der ankommenden LKW und vergleicht sie mit einer Liste von Berechtigten. Wer nicht auf dieser Liste steht, wird durch eine sich schließende Schranke an der Weiterfahrt gehindert. „Hochmoderne Technik“ sei das, schwärmte NRW-Innenminister Herbert Reul bei der Vorstellung Anfang Dezember. Und auch der Lüdenscheider Bürgermeister Sebastian Wagemeyer zeigte sich angetan. „Das wäre die effizienteste und damit die beste Lösung, um den reinen Lkw-Durchgangsverkehr aus Lüdenscheid und der Region herauszuhalten.“
Unklar ist bisher aber, wo die Brückenwächter genau positioniert werden sollen. Autobahnausfahrt? Ortseingang? Irgendwo dazwischen? Und wie LKW, die nicht weiterkommen, wenden können. „Am genauen Konzept“, heißt es auf Anfrage nur, „wird noch gearbeitet.“