Düsseldorf. „Durch meine Kinder sammelte ich Erfahrung für die Kita-Arbeit“, sagt eine studierte Germanistin. Wie sie mit Anfang 40 den Beruf wechselte.

Judith Braun (44), Kita-Fachkraft, hat Verständnis, dass manche Eltern Quereinsteigern im Erzieherberuf skeptisch gegenüber ständen, sieht aber vor allem auch die Chancen. Sie ist eine von fünf Menschen aus Nordrhein-Westfalen, die erzählen, warum sie sich entschieden haben, ihren bisherigen Beruf zu verlassen und etwas Neues zu wagen. Ihr Protokoll:

„An meinen beiden Töchtern habe ich gemerkt, wie viel Spaß es mir macht, Kinder durch ihren Alltag zu begleiten. Ursprünglich wollte ich nach meinem Germanistikstudium als freie Lektorin arbeiten. Doch ich habe einfach keine Stelle gefunden. Nach meiner längeren Erziehungspause hatte ich auf den Beruf auch keine Lust mehr. Ich habe dann zuerst als Tagesmutter gearbeitet und schließlich eine Ausbildung zur Erzieherin gemacht – und wurde übernommen.

Ich verstehe, dass manche Eltern bei Quereinsteigern zuerst skeptisch reagieren. Wenn aber wegen des Personalmangels Gruppen geschlossen oder Betreuungszeiten verkürzt werden müssen, ist den Eltern damit ja auch nicht geholfen. Durch die Erziehung meiner eigenen Kinder und meiner Arbeit als Tagesmutter habe ich schon Basiserfahrung mitgebracht.

„Es ist schön, die Kinder beim Großwerden zu begleiten“

Außerdem haben Quereinstiege auch Vorteile: Durch meine Lebenserfahrung ist es mir nach der Ausbildung nicht schwergefallen, den Alltag in meiner Gruppe zu strukturieren. Für eine 20-Jährige wäre es sicher aufregender, nach der Ausbildung direkt ins kalte Wasser geworfen zu werden. In bestimmten Bereichen bin ich gelassener. Es ist gut, wenn ein Team aus jungen Menschen, älteren, erfahrenen Kolleginnen und Quereinsteigerinnen besteht, die einen Blick von außen mitbringen.

Bei der Ausbildung muss der schulische Teil flexibler werden, denn jeder Seiteneinsteiger kommt aus einer anderen Ausgangslage. Für mich als Germanistin war der Deutschunterricht zum Beispiel Zeitverschwendung. Außerdem wünsche ich mir eine bessere Bezahlung für Erzieherinnen und Erzieher.

Durch den Personalmangel ist mein Alltag in der Kita oft stressig. Sobald jemand im Urlaub ist, darf niemand mehr krank sein. Sonst bleibt mir keine Zeit, mit den Kindern ein Buch zu lesen oder sie in ihrer Entwicklung zu beobachten. Diese Tage sind unbefriedigend. Trotzdem würde ich mich immer wieder für diesen Beruf entscheiden. Es ist schön zu erfahren, wie die Kinder mir vertrauen und dass ich sie beim Großwerden begleiten darf.“

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