Aus den Niederlanden. Nach den gewaltsamen Ausschreitungen räumen Freiwillige auf, während Politik und Polizei nach Antworten suchen. Wer steckt hinter den Krawallen?
Am Tag nach dem großen Schrecken wird gemeinsam aufgeräumt. Freiwillige kommen zusammen, um aufzufegen, was Sonntagnacht bei landesweiten Ausschreitungen anlässlich der neu eingeführten Ausgangssperre in den Niederlanden zerstört wurde.
Der Anblick in einigen Städten ist erschreckend: Abgebrannte Autowracks stehen auf den Straßen, Glasscherben liegen vor eingeschlagenen Schaufenstern.
Corona-Ausschreitungen: Unerwartetes Ausmaß
Das unerwartete Ausmaß an Aggression und Gewalt bei den Protesten gegen die Coronamaßnahmen in Amsterdam, Eindhoven und mehreren anderen Städten hat die Niederlande erschüttert. Polizisten wurden mit Feuerwerkskörpern und Steinen angegriffen, Autos und ein Corona-Testzentrum in Brand gesteckt, Geschäfte geplündert.
Ministerpräsident Mark Rutte meldete sich am Montag im niederländischen Fernsehen zu Wort. Die Ausschreitungen am Samstag und Sonntag hätten nichts mit einer "Freiheitsbewegung" zu tun, wie Demonstranten für sich beanspruchen. "Der einzige Kampf, den wir führen müssen, um unsere Freiheit wieder zu bekommen, ist, das Virus zu besiegen."
Niederlande: Maßnahmen gegen Ausschreitungen
Doch es bleibt nicht nur bei Appellen, in verschiedenen Städten bereitet sich die Polizei auf weitere Ausschreitungen vor. Behörden wiesen darauf hin, dass in den sozialen Medien auch für Montagabend zur neuen Protesten aufgerufen werde. Die niederländische Polizeigewerkschaft befürchtet, dass die Unruhen noch "Tage oder Wochen" andauern könnten.
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Venlos Bürgermeister Antoin Scholten griff bereits am Montagmorgen durch: Medienberichten zufolge hat er eine Notverordnung erlassen, die der Polizei die Möglichkeit gibt, auch ohne begründeten Verdacht präventiv Durchsuchungen, Identitäts- oder Fahrzeugkontrollen vorzunehmen.
Randale von Corona-Leugnern, Hooligans und Neonazis
Doch woher kamen all die gewaltbereiten Randalierer? Rund 300 Demonstranten wurden laut Polizei am Sonntag festgenommen. "Was ist in diese Menschen gefahren?", fragte Premier Rutte im Fernsehen. Ersten Einschätzungen zufolge handelte es sich bei den gewaltbereiten Demonstranten um Corona-Leugner, Fußball-Hooligans und Neo-Nazis.
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Wie Polizeichef Willem Woelders im niederländischen Radio berichtete, haben sich Hooligan-Gruppen unter die Demonstranten gemischt, die alleine auf Gewalt aus gewesen seien. Das Ausmaß sei nicht vorhersehbar gewesen. "Ich hatte nicht erwartet, dass es so heftig in allen Städten gleichzeitig aufflammen würde."
Ausschreitungen: Aufrufe zu Krawall in sozialen Medien
Eindhovens Bürgermeister John Jorrisma geht davon aus, dass die Randalierer nicht alleine aus Eindhoven kamen, wo die Krawalle besonders schwer waren. "Die Hooligans kamen aus allen Ecken des Landes, sie hatten sich in den Sozialen Medien abgesprochen."
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Auch Nimwegens Bürgermeister Hubert Bruls sagte: "Es kommen auch Gruppen, die aus welchen Gründen auch immer randalieren wollen. Ich fasse sie unter dem Begriff Coronahooligans zusammen. Das ist eine sehr gemischte Gruppe." Vor allem die friedlichen Demonstranten sollten sich fragen, ob sich andere Protestmethoden finden ließen. "Denn das kann so nicht weitergehen."
Jugendliche an Corona-Krawallen beteiligt
Gert-Jan Segers, Vorsitzender der niederländischen Christdemokraten, machte auf Twitter Thierry Baudet von der rechtpopulistischen Partei Forum voor Democratie mitverantwortlich für die Ausschreitungen. Baudet hatte auf Twitter geschrieben, immer mehr Menschen würden sich gegen die Ausgangssperre wehren. "Allein zusammen kriegen wir unsere Freiheit zurück." Erst später kommentierte er, dass Gewalt bei Protesten abzulehnen sei.
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An den Ausschreitungen in mehreren Städten waren auch Jugendliche beteiligt. Die Polizei Limburg sucht deshalb das Gespräch mit Eltern minderjähriger Beteiligter auf, wie der öffentlich-rechtliche Sender Omroep L1 berichtete. "Wo sind die Eltern der Jugendlichen?", fragte Polizeichefin Inge Godthelp. "Sie wissen auch, dass eine Ausgangssperre gilt."